Donnerstag, 26. Oktober 2017

Klimawandel als denkmalpflegerisches Problem

Parks Canada plant Maßnahmen gegen den steigenden Meeresspiegel, der Fort Louisbourg, einen für die Geschichte der französischen Präsenz in Kanada bedeutenden Platz, bedroht. Die Kosten werden mit 9.2 Millionen $ kalkuliert. 
Der - unbestreitbare - Klimawandel hat Folgekosten auch in der Denkmalpflege.

Fortress of Louisbourg National Historic Site
(Foto: James Sherar [CC BYSA  3.0] via WikimediaCommons)

Mittwoch, 18. Oktober 2017

Der Aquaedukt auf der Betonbrücke

Für die archäologische Denkmalpflege in Mainz ist die römische Wasserleitung seit langem ein Schwerpunkt. Von Westen kommend quert die im 1. Jahrhundert angelegte Wasserleitung auf Pfeilern (sog. Römersteine) das Zahlbachtal und erreicht dann das Kästrich-Plateau, auf dem das Legionslager lag. Dort wurden bereits 1928 bei der Erweiterung des Klinikums die Pfeiler freigelegt, aber schließlich im Boden belassen. Jetzt, beim Neubau der Zahnklinik wurden sie wieder freigelegt und sollen wiederum erhalten bleiben - allerdings ist dieses Mal ein Untergeschoß vorgesehen.

Dafür wurde nun für 3,5 Mio € ein Betonkasten gebaut, der die konservierten Pfeilerreste in ihrer Originalposition hält.

Die Einhausung des römischen Aquaedukts nach Mainz in der Oberen Zahlbacher Straße
In einem eng begrenzten Betonkasten werden die Pfeiler des Aquaedukts in originaler Lage erhalten.
(Foto: R. Schreg, 2017)

Die Frage, inwiefern das eine sinnvolle Maßnahme ist, drängt sich auf. Der Standpunkt der Denkmalpflege, dass die Wasserleitung als Gesamtdenkmal gesehen werden muss, die man so lange anknabbern kann, bis nur noch einzelne Belegpfeiler übrig sind, ist sicher richtig. Denn die Linienführung der Wasserleitung ist ein ganz wichtiges Kriterium, um diese insgesamt zu verstehen.

„Das Aquädukt ist in seinem gesamten Verlauf ein Kulturdenkmal. ... Der Erhalt von historischer Substanz ist sinnvoll, da sonst ein Denkmal immer stärker reduziert werden könnte - bis zum Schluss quasi nur noch ein 'Belegpfeiler' übrig bleibt. Es käme ja auch keiner auf die Idee zu sagen: Der Dom kann abgerissen werden, zwei Türme oder eine Wand genügen, um zu wissen, wie er gebaut ist.“ erklärte Dr. Marion Witteyer, Leiterin der Mainzer Dienststelle der Direktion Landesarchäologie der GDKE (Generaldirektion Kulturelles Erbe) Rheinland-Pfalz. Tatsächlich wurde die Wasserleitung in den letzten Jahren an verschiedenen Stellen bei Baumaßnahmen aufgedeckt, aber wohl in situ belassen.


 

freigelegter Abschnitt des Aquaedukts in einem Abschnitt weiter westlich
(Google Maps)


 

Römersteine in Zahlbach
(Foto: R. Schreg, 2009)


Allerdings argumentiert Witteyer weiter: „Künftige Generationen machen vielleicht etwas aus der Gesamtleitung. Wenn wir sie vorher teilweise zerstören, zerstören wir auch die Möglichkeit, etwas zu tun.“ - Das ist durchaus richtig, doch stellt sich die Frage, ob der Betonsarg genügend übrig lässt, um diese Möglichkeiten zu erhalten. Entscheidend ist, welche künftige Möglichkeiten das sein sollen, solche der bloßen Visualisierung oder auch solche der Forschung?

Die Hoffung auf künftige neue Möglichkeiten ist in der Archäologie nicht unrealistisch, wie die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnten gezeigt hat. Wir verfügen nun über früher ungeahnte neue Methoden der Erfassung und Dokumentation, etwa in der Geophysik, der digitalen 3D-Dokumentation oder auch in der Geoarchäologie, die uns wesentliche Informationen über vergangene Landschaftszustände vermittelt. Immer war es dabei jedoch Voraussetzung, dass möglichst viel von der Originalsubstanz erhalten war. Restaurierte Pfeiler von ihrem Kontext isoliert in einem Betonkasten sind nicht gerade vielversprechend, dass damit künftig viel Wissenschaft zu betreiben ist. Georeferenzierte 3D-Modelle sind hoffentlich bereits jetzt angefertigt worden.
Nun ist es allerdings so, dass es durchaus einige Fragen gibt, die man an die Wasserleitung  herantragen könnte und müsste. So wäre es nicht uninteressant, näheres über die Mikrotopographie des Aquaeduktes zu wissen.  Über was für ein Land führte die Wasserleitung hinweg? Ackerland oder Brachland? Gab es eine Nutzung unter den Brückenbögen des römischen Aquaedukts? Gab es eine begleitende Straße? Wo kreuzten Wege die Wasserleitungstrasse? Vielleicht könnte man sogar feststellen, ob das Aquaedukt dicht war, oder ob sich im Boden Feuchtigkeitsmarker oder Kalkanreicherungen lange nicht behobener Schäden finden.
Es bestehen hier tatsächlich realistische Chancen, dass man in wenigen Jahren diese Fragen mit geoarchäologisch-bodenkundlichen Fragen wird angehen können - allerdings nicht innerhalb eines kleinen Betonkastens. Vielleicht wäre es daher sinnvoller gewesen, das Geld in entsprechende Forschungen zu stecken, als in eine Einhausung, die eben diese Chancen (wenn nicht bereits die Freilegungen von 1928 die relevanten oberen Bodenschichten abgetragen haben) verbaut. Geoarchäologiche Untersuchungen könnten schon heute mit der Analyse von Bodencheme und Biomarkern  erste Erkenntnisse zu den genannten Fragen liefern und ggf. gezielt an der Methodenentwicklung arbeiten, um wenigstens nach bestem Wissen entsprechende Beprobungen vorzunehmen, die ggf. erst einmal eingelagert werden müssen, ehe sie später untersucht werden können. Untersuchungen wären hier in einem Streifen beidseits des Aquaedukts notwendig, in eben jenem Bereich, der nun durch die Baugrube zerstört ist. 

Es sscheint immer wieder ein Problem, dass wir Bodendenkmale (vielleicht aufgrund des Begriffs) als Monumente und Objekte misverstehen und dabei iihren Charakter als historische Quellen aus den Augen verlieren. Dieser Quellenwert wird maßgeblich durch den Kontext und die möglichst unberührte Originalsubstanz bestimmt.

Links

Bearbeitungsvermerk 23.1.2023: Luftbild ausgetauscht, da Einbindung von GoogleMaps veraltet, Bild der Wasserleitung am Ende zugefügt

Montag, 16. Oktober 2017

Abriss-Versehen in Bayern

Zwei aktuelle Fälle des Denkmalverlustes, die angeblich niemand wollte, die im Sommer 2017 aber dennoch passiert sind.

München-Giesing: Abriss als Unfall?

In Giesing, einem ehemaligen Bauerndorf, das sich schon früh zur Arbeitersiedlung wandelte und 1854 nach München eingemeindet wurde, wurde am 30.8./1.9. das Gebäude Obere Grasstrasse 1 abgerissen, das in der bayerischen Denkmalliste unter der Nummer D-1-62-000-4866 als "Ehem. Handwerkerhaus, zusammengesetzte Baugruppe bestehend aus einem erdgeschossigen, verputzten Massivbau mit Satteldach im Norden und einem zweigeschossigen, verputzten Massivbau mit Satteldach und großer Schleppgaube, im Kern um 1840/45, nach Kriegszerstörung 1944 wiederaufgebaut." gelistet war (BLfD Baudenkmäler München). Das Haus war Teil der sog. Feldmüller-Siedlung, die schon 1840 als Arbeiterwohnquartier entstand und ein wichtiges Zeugnis des sozialen Wandels in der frühen Industrialisierung darstellte. Die 1840 bis 1845 angelegte Feldmüllersiedlung war eine Kleinhaussiedlung, die abseits des bäuerlich geprägten alten Ortskerns entstand . In den 1980er und 200er Jahren flossen viele Gelder in eine Sanierung des Viertels. 

München-Giesing, Obere Grasstrasse1
(Foto. Rufus46 [CC BY SA 3.0] via WikimediaCommons)
Angeblich versehentlich hat nun eine Baufirma das Gebäude abgerissen. Allerdings war am 30.8. ein erster Abrissversuch durch Anwohner und Polizei noch gestoppt worden, wonach die Bauarbeiter abends  aber zurückkamen und das Handwerkerhaus platt machten. Am 2.8. waren die Nachbarn darüber informiert worden, dass das Gebäude Obere Grasstrasse 1 demnächst saniert werden, aus Gründen des Denkmalschutzes aber "nach außen wie vorhanden erhalten bleiben" solle.
Die Nachbarn gehen - offenbar mit guten Gründen - von einer bewussten  Zerstörung aus und demonstrieren auf vielfältige Weise gegen den Vorfall. Am 5.9. demonstrierten rund 200 Personen mit Fackeln gegen die Zerstörung des Denkmals, an dem eine Mahntafel angebracht wurde. Außerdem wurde ein Wikipedia-Eintrag zu dem zerstörten Baudenkmal angelegt (Wikipedia). Liedermacher Konstantin Wecker stellt den fall in den Kontext der Münchner Wohnungssituation und fordert die Bürger auf, sich zusammenzuschließen.

Die Stadt will nun eine Verfügung erlassen, dass das Uhrmacherhäusl an der Oberen Grasstraße vollständig wiederherzustellen ist.  es soll verhindert werden, dass der illegale Abriss durch den Bau eines größeren Hauses dem Eigentümer Gewinn einbringt.

Links


Obermainshof 1: Alle wollen erhalten - Abbruchgenehmigung als Unfall?

In Neukirchen bei Sulzbach-Rosenberg in der Oberpfalz ist ein Bauernhaus legal abgerissen worden - nachdem überraschend die Genehmigung  erteilt worden war, noch ehe alle Optionen für eine Erhaltung ausgeschöpft waren.
Der Obermainshof 1 in Neukirchen b.Sulzbach-Rosenbg ist im Verzeichnis der Baudenkmäler unter der Nummer D-3-71-141-22 als "Bauernhaus, ehem. Wohnstallhaus, eingeschossiger Bruchsteinbau mit Satteldach und Fachwerkgiebeln, 1533/34 (dendro.dat.)." (BLfD Baudenkmäler Neukirchen b.Sulzbach-Rosenbg.) verzeichnet.
Bis 1977 wurde das Haus genutzt, danach wurde ein Neubau daneben gesettzt und das Gebäude verfiel.  2015 wurde erstmals der Abbruch beantragt Das Landesamt für Denkmalpflege und das Landratsamt als Untere Denkmalschutzbehörde bemühten sich daraufhin, eine Lösung zum Erhalt des Gebäudes zu finden. Dabei wurden Mittel für eine Notsicherung bewilligt, der Eigentümer hätte lediglich 4000 € beisteuern müssen; 90% wären als Zuschuss bewilligt worden.
Die Eigentümerin lehnte dies ab, da das Probelm der auf ca. 2 Mio € angesetzten Sanierung damit nur aufgeschoben sei. 
Ein Bericht bei ONetz/Oberpfalzmedien deutet an, dass das Haus keineswegs baufällig gewesen sei und der Abbruch nach erteilter Genehmigung überraschend schnell erfolgt sei.
Dass praktisch über Nacht das Landratsamt die Abrissgenehmigung erteilt habe - und die Bagger praktisch schon in den Startlöchern standen, damit der Abbruch nicht mehr aufgehalten werden konnte. Ohne Not und Eile zu haben. Sie habe lange genug gewartet, wehrt sich die Eigentümerin. "Mir hat das auch leid getan", so beteuert sie. "Aber was blieb uns denn übrig?"
Sie fühlt sich alleine gelassen von den professionellen Denkmalschützern mit ihrem Problemhaus: "Wenn es wirklich historisch so wertvoll war, dann finde ich doch eine Möglichkeit, um es zu erhalten", sagt sie in Richtung der Münchner Behörden. 
In einer Stellungnahme konstatiert das BLfD "Zweifellos waren noch nicht alle Möglichkeiten zur Erhaltung des Bauernhauses Obermainshof 1 ausgelotet." und nicht ganz konsequent weiter: „Insofern wurde – wie gesagt nach gründlicher Abwägung der konkreten Umstände in dieser Angelegenheit und unter Einbeziehung der Stellungnahmen von Gemeinde und Kreisheimatpfleger – vom Landratsamt Amberg-Sulzbach die Abbrucherlaubnis für das Baudenkmal Obermainshof 1 erteilt.“

Von einer bauhistorischen Dokumentation des Bauernhauses, das wenigstens die historische Quelle, die das Haus einmal mit all seinen anzunehmenden Umbauphasen dargestellt hat, gesichert hätte, ist übrigens keine Rede. Das Gebäude war das älteste bekannte der nördlichen Oberpfalz, seine wissenschaftliche Dokumentation und Erforschung hätte erheblich zur Kenntnis des Wandels bäuerlicher Lebensverältnisse beitragen können  - hätte!

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Übrigens: Archäologische Ausgrabungen könnten in beiden Fällen wengstens noch interessante Quellen zu einer möglichen Vorgängerbebauung oder den lebensverhältnissen früherer Bewohner liefern.

Samstag, 14. Oktober 2017

Nachbarn und heimliche Experten

Die jordanische Tageszeitung Jordan Times berichtet in ihrer englischen online-Ausgabe über das Dissertationsprojekt der amerikanischen  Anthropologin Allison Mickel. Sie hat die Auswirkungen archäologischer Langfristgrabungsprojekte auf deren Nachbarn untersucht, die oft als Grabungsarbeiter ihr Geld verdienen. Als Beispiele dienten ihr die Grabungen in  Çatalhöyük in der Türkei und in Petra in Jordanien. Gerade letzteres scheint spannend, denn hier wurden, wie anderswo auch, die Einheimischen aus ihren Dörfern vertrieben (vergl. Archaeologik 28.12.2015). Der kurze Artikel sagt darüber leider nichts, sondern verweist auf die Bedeutung der Grabungen für die Identität der Gruppen, zeigt aber auch die sozialen Beiehungen und Machtverhältnisse auf.
Mickel befasst sich umfassender mit der Frage von Archäologie und Gesellschaft. Einige Artikel stehen online:

Donnerstag, 12. Oktober 2017

Trump-Administration streicht den Schutz archäologischer Denkmäler

Wie  befürchtet hat das US-Innenministerium nach einem Dekret des POTUS D. Trump den Schutz einiger archäologischer Fundstellen aufgehoben, da sie wirtschaftliche Interessen schädigten.

Anasazi-Fundstelle "House on Fire Ruin" im upper Mule Canyon,
Teil des neuen Bears Ears Nationaldenkmals
(Foto:  snowpeak   [CC BY 2.0] via  Wikimedia Commons)


Betroffen sind vor allem der Bears Ears National Parc, in dem sich zehntausende Fundstellen der Anasazi-Kultur befinden.  Sie sind ein besonders interessantes Beispiel für die langfrstige Anpassung menschlicher Gesellschaften an einen Klimawandel (was für die klimaskeptische Trumpadministration aber vielleicht keine Rolle spielte), das schon verschiedentlich die wissenschaftliche Diskussion angeregt hat.

Der Antiquities Act soll nun neu gefasst werden, so dass die Streichungen - was sie bisher wohl nicht sind - auch legal werden.

Interne Links

Dienstag, 10. Oktober 2017

Die Gewalt der Authentizität

2009 habe ich mir einen Zeitungsartikel aus der Berliner Morgenpost ausgedruckt, der mir v.a. wegen seines Panama-Bezugs interessant schien. Er scheint mir nun aber aus einem anderen Grund wert, ihn hier doch noch zu posten: Er präsentiert ein drastisches Beispiel für die Frage der Authentizität und die Wirkung von Original und Kopie auf das Publikum.

Atalaya in der Provinz Veraguas in Panama ist das bedeutendste Pilgerzentrum des Landes. Seit mindestens 1730 finden Wallfahrten zum Bild des Jesús Nazareno de Atalaya statt, dem Wunderkräfte nachgesagt werden, heute etwa 300000 Pilger jährlich. Die heutige Statue wurde allerdings erst Anfang des 20. Jahrhnderts geschaffen (lokale Internetseiten betonen jedoch, es stünde schon seit Jahrhunderten hier), sollte nun aber restauriert werden. Der Priester vor Ort hatte die Statue dazu im November 2008 gegen eine Kopie ausgetauscht. "Die Volksseele war übergekocht, als sich das Gerücht verbreitete, bei der restaurierten Figur handele es sich um eine Kopie. Bürger begannen darauf mit einer Mahnwache vor dem Gotteshaus, und ein Komitee für die Rettung von Jesus begann mit der Suche nach dem Original." Die Frage, weshalb eine Kopie schon vor der Restaurierung vorhanden war, wird in den Artikeln nicht geklärt, gleichwohl wurde der Verdacht geäußert, dass das Original verhökert werden sollte.
Jesús Nazareno de Atalaya
(Foto: Suarex [CC BY SA 4.0] viw WikimediaCommons)
Als der damalige Bischof von Santiago de Veraguas Oscar Mario Brown Jiménez schließlich die originale Statue am 12.1.2009 zurück brachte, blockierten laut Berliner Morgenpost tausende Menschen das Fahrzeug mit dem Geistlichen. Polizisten konnten Brown nur mit knapper Not in das Innere der Kirche in Sicherheit bringen. Der Bericht der panamaischen Zeitung La Prensa liest sich zwar weniger gewaltvoll,  doch macht er die Komplexität der Motive deutlicher als die deutsche Meldung. Bei der Statue geht es nicht schlicht um ein historisches Objekt, sondern eben um ein Kultbild, dem gar Wunderkraft zugeschrieben wird. Die Statue ist zudem kulturelles identitätsstiftendes Gut der Gemeinde, das jährlich Tausende von Pilgern anzieht und somit auch einen Wirtschaftsfaktor darstellt. Dass die Wundertätigkeit dabei einer Statue zugeschrieben wird, die selbst erst deutlich nach dem Beginn der Wallfahrt geschaffen wurde, scheint dabei keine Rolle zu spielen.

Links

 

Mittwoch, 4. Oktober 2017

Verbandsklagerecht in der Denkmalpflege

Der Jurist und Archäologe Till Kemper sieht entscheidende Vorteile in der Einführung eines Verbandsklagerechts in der Denkmalpflege, ähnlich, wie es schon im Umweltschutz üblich ist. Dies würde es ermöglichen, dass nicht nur die Staatsanwaltschaft oder die persönliche Betroffene, sondern auch die organisierte Öffentlichkeit klagen könnte. Damit wäre eine größere Bürgerbeteiligung erreicht und auch europäischen Konventionen Rechnung getragen.

In jedem Fall liegt ein positiver Effekt auf der Hand: Sollte die Öffentlichkeit durch das Verbandsklagerecht aktiv den Denkmalschutz und die Denkmalpflege stützen können, wüchse in der Öffentlichkeit sicherlich auch die Bereitschaft, Aufwendungen für den Denkmalschutz mitzutragen.


Montag, 2. Oktober 2017

Kulturgut in Syrien und Irak (September 2017)

Die Aufmerksamkeit für die Situation in Syrien und Irak lässt deutlich nach. Mit dem weitgehenden Zurückdrängen des Daesh und einer Stabilisierung des Assad-Regimes hat sich das mediale Interesse anderen Brennpunkten des Wahnsinns zugewandt.
Gleichwohl scheint nun eine wichtige Phase der Schadensbegrenzung. Obgleich keineswegs Frieden herrscht, beginnt vielerorts der Wiederaufbau und die Bestandsaufnahme.

Syrien


Berichte aus einzelnen Orten

Aleppo

Palmyra

Im deutschen Fernsehen gleich zwei Dokumentationen auf zdf und arte, die freilich auf gemeinsamem Material aufbauen. Vorgestellt werden das Projekt ILLICID; bemerkenswert auch die Hinweise auf Raubgrabungslöcher im Bereich der von Daesh zerstörten Tempel.


Idlib

Das Museum in Idlib macht Bestandsaufnahme des geplünderten Kulturguts, um künftig Rückgabeforderungen gerichtlich durchzusetzen:

Raqqa

kurze Notiz mit Bildern zum Museum

Hama

Bulldozer-Zerstörungen nicht durch IS, sondern durch die Turkistan Islamic Party in Syria (TIP).
Tell Quarqur: Blick von dem überplanierten kleineren Nordhügel
auff den größeren  südlichen Hügel
(Foto: User:PongoPygmaeus 2007 [PD]
via WikimediaCommons)

Tell Quarqur / Karkar besteht aus zwei Tells mit Besiedlungsresten aus verschiedenen Perioden, Vor 2010 fanden hier Forschungen der American School of Oriental Research statt (dt. wikipedia; engl. wikipedia). Nach den Bildern wurde quer über den kleineren nördlichen Hügel ein Weg planiert. 

Nimrud

Maßnahmen gegen Kulturgutverlust

British Army stellt eine Einheit Monuments Men auf:

Daesh-Kulturzerstörer sollen zu Verantwortung gezogen werden.

UN-Sicherheitsrat Resolution 2379/2017zeilt darauf ab, die Verbrechen des Daesh zu verfolgen, darunter auch die Zerstörungen von Kulturgut. Eine Ermittlergruppe der UN wurde eingesetzt.

als sei alles ganz normal in Syrien...

Ungarisches Projekt am Krak des Chevaliers
DGAM bei Blue Shield-Konferenz in Wien



Links

frühere Posts zum Bürgerkrieg in Syrien auf Archaeologik (u.a. monatliche Reports, insbesondere Medienbeobachtung seit Mai 2012), inzwischen auch jeweils zur Situation im Irak

Dank an diverse Kollegen für Hinweise.