Mittwoch, 30. Januar 2013

Baufreigabe auf dem Menhirfeld von Carnac... UNESCO-Welterbe wurde einfach übersehen.

Planierungsarbeiten haben begonnen.

Ausgetrickst - Timbuktu Manuskripte wurden rechtzeitig versteckt.



http://news.sky.com/story/1044015/mali-french-troops-advance-in-timbuktu - erste Bilder aus Timbuktu zeigen verwüstete leere Archivschachteln und die Reste von Feuern mit angebrannten Manuskriptresten Die Mehrzahl der Manuskripte hat aber nach verschiedenen Aussagen in privaten Bibliotheken überlebt. Die Bibliothek des Ahmed-Baba-Zentrums war rechtzeitig weitgehend evakuiert und in Privathaushalten versteckt worden.

Archaeology (29.1.2013): Locals Rescue Timbuktu's Medieval Manuscripts

Zeit online (29.1.2013): Malische Bibliotheksschätze in Geheimaktion gerettet

eNewsChannel Africa (29.1.2013): Timbuktu Manuscripts May Not Be Destroyed

TF1 (30.1.2013): Mali: que reste-t-il du patrimoine de Tombouctou ? 
AFP (30.1.2013): A Tombouctou, les "bandits" ont détruit mausolées et manuscrits inestimables 
 

Bemerkenswert - Die Moral von der Geschichte, formuliert von Simon Tanner:

S. Tanner, African Manuscripts - a treasure in danger? When the Data hits the Fan! The blog of Simon Tanner (28.1.2013)
"War and conflict bring dangers to such collections and the human tragedy that surrounds this cultural tragedy must not be forgotten. In some ways this cultural tragedy may help those of us in the Northern Hemisphere, who live nicely homeostatically balanced lives of safety and relative security, to appreciate the fragility of culture and heritage and of human life. They all only survive because humans care for and value them. Without our attention, our care or our passion then they will die or wither away. Timbuktu teaches this stark lesson in both human and heritage terms."


interner Link
http://archaeologik.blogspot.de/2013/01/terroristen-milizen-und.html

Dienstag, 29. Januar 2013

Archäologen und mißrathene Genies - Tips für die archäologische Kartierung

Zu seinem 210. Geburtstag: Eduard Paulus d.Ä. (geb. 29.1.1803) über die Methoden der Römerstraßenforschung: 
E. Paulus, d.Ä., Die Römerstrassen: mit besonderer Rücksicht auf das römische Zehentland, nebst einer Anleitung zur Erforschung der alten Römerwege (Stuttgart 1857). [lückenhaftes Digitalisat bei GoogleBooks]


 

Montag, 28. Januar 2013

Terroristen, Milizen und Glaubensfanatiker - Instrumentalisierung des Kulturerbes in Mali

Vor der Einnahme Timbuktus durch französische und malische Truppen haben die Milizen vor ihrem Abzug noch einmal einen Schlag gegen das Kulturerbe der Region geführt und eine Bibliothek mit 30000 Bänden seit dem 13. Jahrhundert verbrannt.  
Hof der Djingareiber-Moschee in Timbuktu
(Foto: KaTeznik [CC BY-SA 2.0 FR]
via WikiMedia Commons)

Über das Ausmaß der Zerstörungen wird man in Kürze sicher mehr erfahren. Hier seien einige Links zusammengestellt, die die Vorgänge dokumentieren. Auffallenderweise fanden die Zerstörungen von Kulturgut in Mali weit weniger Resonanz im Netz als die Situation in Syrien, Ägypten oder während des Bürgerkriegs in Libyen, obwohl die ideologische und politische Komponente der Zerstörungen hier wesentlich ausgeprägter ist.

Echo im Web und Kommentare


Zur Chronologie der Ereignisse

Konzepte der Quellenkritik in der Forschungsgeschichte (Archäologische Quellenkritik III)


Rainer Schreg

Die Blogposts der kleinen Serie 'Archäologische Quellenkritik' gehen auf ein Manuskript zurück, das 1998 für ein Oberseminar am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters in Tübingen entstanden ist, das ich gemeinsam mit Frau Prof. Scholkmann angeboten hatte. Eine immer wieder angedachte Publikation ist aufgrund anderer Projekte nie zustande gekommen. Ich stelle sie hier als Blogposts ein, wobei nur minimale Bearbeitungen und Aktualisierungen erfolgen.


Wenn die "Pompeji-Prämisse" auch bei vielen archäologischen Interpretationen durchschimmert, die Notwendigkeit einer archäologischen Quellenkritik hat grundsätzlich schon die ältere Forschung erkannt. Sie beschränkte sich aber auf wenige, eher vordergründige Aspekte (z.B. Pescheck 1950, 97ff.). Jacob-Friesen etwa teilte 1928 die archäologischen Funde ganz einfach in drei Klassen ein: sicher, unsicher und gefälscht. Als sicher wurde ein Fund bestimmt, “wenn sich sein Fundort bestimmen läßt und sich sein Finder mit allen seinen Anga­ben als einwandfrei nachweisen läßt” (Jacob-Friesen 1928, 98f.).

Im 19. und 20. Jahrhundert gab es einige archäologische Affären, die Fundfälschungen zum Gegenstand hatten. So waren 1867 Fälschungen eiszeitlicher Kunst aus dem Kesslerloch bei Thayngen (Abb. 3.1) aufgeflogen, die die Diskussion um die Existenz der Eiszeitkunst neu anheizten (Lindenschmit 1876; Justus 2009). Im Falle des 1912 gefundenen Piltdown-Menschen gelang die Identifizierung als Fälschung erst mit neuen Methoden 50 Jahre später. So lange einzelne Objekte und deren stilistische und typologische Einordnung im Mittelpunkt stand, wie insbesondere auch bei primär als Kunst erachteten klassisch archäologischen Funde, galt das Hauptinteresse der Frage "echt oder gefälscht?"

Abb. 3.1 Die Fälschungen eiszeitlicher Kunst aus dem Kesslerloch
bei Thayngen und ihre Vorlagen aus Kinderbüchern
(nach Lindenschmit 1876 [public domain])

Die Einteilung von Funden nach Materialklassen wie Metall, Stein, Keramik oder Holz und nach Fundumständen bildeten die Anfänge einer weiterführende. Quellenkritik. Diese Einteilungen entstanden allerdings keineswegs aus kritischen Überlegungen und waren zunächst nicht mehr als ein Mittel musealer Präsentation und Inventarisation (Eggers 1986, 264).

Donnerstag, 24. Januar 2013

Indianerspitzen von der Schwäbischen Alb

Das Problem verschleppter Artefakte und von Abfällen moderner "experimenteller" Archäologie ist im Prinzip erkannt (vergl. Archaeologik). Es ist kein neues Problem. Hier seien einige Beispiele extremer Fundverschleppungen aus dem Württembergischen gezeigt, die aber gleichwohl von kulturhistorischer Bedeutung sind - wenn auch nicht für die Steinzeit, sondern für die Geschichte des 19. Jahrhunderts.

1.) Im Heimatmuseums Geislingen liegen 8, teilweise fragmentierte Geschossköpfe. Sie sind in dem von Georg Burkhardt in den 1920er und 30er Jahren angelegten Inventarbuch unter der Nummer 624 verzeichnet.
Abb. 1. Heimatmuseum Geislingen Inv. 624:
indianische Pfeilspitzen
(Foto R. Schreg, 1993)

Montag, 21. Januar 2013

Die Beute des Ben Ali

Tuniscope berichtet über die Eröffnung einer Ausstellung im Museum von Karthago. Sie zeigt Antiken, die die Familie des im arabischen Frühling gestürzten tunesischen Präsidenten Ben Ali zusammengerafft hatte:

Interner Link

Samstag, 19. Januar 2013

Bodenerosion 1342 - ein Rechtsstreit in Esslingen

Schriftliche Quellen, archäologische und geoarchäologische Befunde erweisen den Sommer 1342 als das Jahr des Jahrtausendhochwassers. Der Wasserabfluß war 10 bis 100 mal stärker als seitdem einmal. Neben Überschwemmungen lässt sich vor allem eine enorme Bodenerosion ausmachen, die mancherorts zu tiefem Schluchtenreissen geführt hat (Bork u.a. 2011).
Die Quellen beziehen sich vorrangig auf Main und Rhein sowie auf den Nordrand der Mittelgebirge entlang der Weser. Auch die Donau bei Regensburg und Wien war betroffen.
Über die Auswirkungen in Südwestdeutschland und insbesondere am mittleren und oberen Neckar ist bislang wenig bekannt.

Eine Urkunde aus Esslingen, ausgestellt am 9. September 1342 (EUB 368f. [Nr. 729]) hält die Entscheidung einer Klage des Esslinger Augustinerpriors Dymes von Gomaringen gegen Abt Ulrich von Kaisheim fest. Anlaß des Streits war, dass Erde von einem Kaisheimer Weinberg in das Areal des Augustinerklosters geschwemmt worden war. Abt Ulrich behauptete nun, die Augustiner hätten zu nahe an seinem Weinberg gegraben.
Die Richter ordneten eine Vermessung des Platzes an und bestimmten schließlich, das Kloster Kaisheim müsse früher vorhandene Mauern wieder aufführen und den Weinberg mit Zäunen und Hecken vermachen sowie Erde, die auf Augustinergrundstück falle, auf eigene Kosten wegführen. Das Wasser solle seinen früheren Abfluss behalten.

Die Stadt Esslingen in der Ansicht des Andreas Kieser.
Das fragliche Grundstück ist der Hang unterhalb der Burg, im Bereich der
dargestellten Schenkelmauer zwischen Stadt und Burg
(HStA Stuttgart H 107/15 Bd 7 Bl. 22,
via Wikimedia Commons)

Der Ort des Geschehens lässt sich unschwer am Nordrand der Stadt ausmachen, wo das Augustinerkloster im Zwickel zwischen Stadtmauer und Verbindungsmauer zur Burg direkt an die Weinberge im Hang angrenzt (Scholkmann 1992). Die aus dem 17. Jahrhundert stammende Stadtansicht aus dem Forstlagerbuch des Andreas Kieser zeigt die Situation genauer. Während die Weinberge westlich der Stadt (links) mit Stützmauern dargestellt sind, fehlen diese am Hang zwischen Stadt und Burg wie auch in den kleinparzellierten Rebflächen östlich der Stadt. Die Schenkelmauer zur Burg grenzt den Weinberg am Hang - hier muss der Kaisheimer Besitz liegen -  gegen einen leichten Taleinschnitt weiter östlich ab. Wann die Schenkelmauer erichtet wurde, ist unklar. Man hat vermutet, dass sie zusammen mit der Ummauerung der nördlichen Vorstadt Beutau errichtet worden sein könnte - deren Ersterwähnung fällt in den Februar 1343. Ob sie ins 13. Jahrhundert zurückreicht oder doch erst nach 1351 entstanden ist, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt (Holzwart-Schäfer 2001, 36; Bräuning u.a., 1998, 45).
Auch wenn die Schenkelmauer das potentielle Einzugsgebiet der Erosion 1342 noch nicht beschnitten hat: Die Bodenerosion ist hier am Hang auf lokale Niederschläge zurückzuführen. In der Urkunde - genauer gesagt in deren Regest - heisst es, dass "stets" Erde vom Weinberg in das Kloster falle, es ist also nicht von einem einzelnen herausragenden Unwetter die Rede. Dennoch fällt es schwer zu glauben, dass eine der ganz wenigen schriftlichen Quellen zu Bodenerosion im Mittelalter nur rein zufällig wenige Wochen nach der Extremwetterlage im Sommer 1342 entstanden ist.
Als Arbeitshypothese wird man vermuten dürfen, dass auch das mittlere Neckarland im Sommer 1342 heftige Regen gesehen hat, die Wassermassen aber erst weiter unterhalb zu den verheerenden Hochwässern geführt haben.


Größere Kartenansicht - Die Situation im modernen Luftbild. Das Areal des 1668 zerstörten
Augustinerklosters liegt unmittelbar unterhalb der auch heute noch bebauten, das Esslinger
Stadtbild prominent bestimmenden Weinberge zwischen Stadtmauer (etwa markiert durch den
modernen Straßenverlauf) und ehemaliger Burg. Der sanfte Taleinschnitt erschließt heute eine
lockere Wohnbebauung.




Literaturverweise

Freitag, 18. Januar 2013

Köln: Archäologie und Kommunalpolitik

Die Grabungszone - Archäologische Zone Köln
Archäologische Zone in Köln
(Foto: 1971markus [CC-BY-SA-3.0-de],
via Wikimedia Commons)
Über die Auseinandersetzungen um das Jüdische Museum in Köln berichtet W. Rügemer, Sturm gegen das Jüdische Museum. Neue Rheinische Zeitung (16.1.2013) und wirft ein Licht auf die Akzeptanzprobleme, die eine Archäologie des Mittelalters zum Teil noch immer hat.

Donnerstag, 17. Januar 2013

Die Pompeji-Prämisse (Archäologische Quellenkritik II)

Rainer Schreg


Die Blogposts der kleinen Serie 'Archäologische Quellenkritik' gehen auf ein Manuskript zurück, das 1998 für ein Oberseminar am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters in Tübingen entstanden ist, das ich gemeinsam mit Frau Prof. Scholkmann angeboten hatte. Eine immer wieder angedachte Publikation ist aufgrund anderer Projekte nie zustande gekommen. Ich stelle sie hier als Blogposts ein, wobei nur minimale Bearbeitungen und Aktualisierungen erfolgen.


Abb. 2.1 Pompeji: Gipsabguß
eines Körpers
(Foto R. Schreg, 1987)
Mittelitalien, 24. August 79 n.Chr., etwa 10 Uhr morgens: Für die Bewohner des antiken Pompeji beginnt eine Katastrophe, 3 Stunden später ist jedes Leben in der Stadt erloschen, die Gebäude und ihre Bewohner sind unter der Asche des Vesuv begraben. Was mehreren tausend Menschen das Leben kostete, ist für die Archäologie ein Glücksfall, da die Katastrophe einen letzten Augenblick der antiken Stadt konserviert hat. Man betritt heute das Atrium eines Hauses und sieht es fast so, wie es auch sein Hausherr vor 1920 Jahren gesehen hat. Die Stadt und ihre Bewohner wurden abrupt aus dem Leben gerissen. Die Erhaltungsbedingungen sind in Pompeji außerordentlich gut. Die Asche hat die Häuser zwar zusammengedrückt, aber vollständig bedeckt und versiegelt. Jüngere Störungen sind kaum vorhanden und alle Gegen­stände liegen prinzipiell in originalem Kontext (auch wenn das die frühen Grabungen leider oft ungenügend dokumentiert haben). Organische Materialien haben sich zumindest als Hohlräume erhalten, die als Gipsausgüsse wiedergewonnen werden können. Dadurch sind nicht nur Holzgegenstände, sondern auch die Spuren der Vegetation - und auch die Leichen der Bewohner - archäologisch erfaßbar geblieben. Erstarrt im Moment der Katastrophe.


Montag, 14. Januar 2013

Pakistan: Schatzjäger mit Detektoren und Traktoren

Stupa des buddhistischen Klosters Mohra Muradu
(Foto:
Dawoodmajoka [gemeinfrei], via WikimediaCommons)
"Eine Bande einflußreicher Schatzjäger" plünderte archäologische Befunde bei dem aus dem 2.-5 Jahrhundert n.Chr. stammenden, seit 1980 als Teil der UNESCO-Weltkulturerbe Taxila eingetragenen buddhistischen Klosters Mohra Muradu. Um ihre Zerstörungen zu verbergen, planierten sie anschließend das Gelände mit Traktoreneinsatz. Anwohner alarmierten Polizei und Denkmalbehörde.
Archäologen fordern nun eine Verschärfung des seit den 70er Jahren gültigen Denkmalschutzgesetzes.

Links


Samstag, 12. Januar 2013

Von der vergangenen Realität zur rekonstruierten Realität (Archäologische Quellenkritik I)

Rainer Schreg

Die Blogposts der kleinen Serie 'Archäologische Quellenkritik' gehen auf ein Manuskript zurück, das 1998 für ein Oberseminar am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters in Tübingen entstanden ist, das ich gemeinsam mit Frau Prof. Scholkmann angeboten hatte. Eine immer wieder angedachte Publikation ist aufgrund anderer Projekte nie zustande gekommen. Ich stelle sie hier als Blogposts ein, wobei nur minimale Bearbeitungen und Aktualisierungen erfolgen.

Die Archäologie - gleich welcher Fachrichtung oder theoretischer Ausrichtung - bemüht sich um die Rekonstruktion einer vergangenen Realität. Quellen unserer Kenntnis und gleichzeitig unsere archäologische Datenbasis sind materielle Überreste - Funde und Befunde. Sie sind einerseits direkt von der vergangenen Realität abhängig und andererseits grundlegend für unsere Rekonstruktion der Vergangenheit (Abb. 1). Da der Archäologe durch seine Geländetätigkeit aktiv an der Erweiterung der Datenbasis arbeitet, ist seine Datenbasis nicht nur den Formationsprozessen der Überlieferung ausgesetzt, sondern kann auch durch moderne Faktoren beeinflußt werden. Aussagen anderer Quellen, moderne Forschungsergebnisse, aber auch unser eigenes gesellschaftliche Umfeld wirken auf die Datenbasis zurück.

Abb. 1.1 Vergangene Realität und rekonstruierte Realität
(Graphik R. Schreg)

Solche Probleme wurden bislang vor allem in der angelsächsischen Theoriediskussion aufgegriffen, haben in Deutschland aber nur geringe Resonanz gefunden. Diese allgemein zu konstatierende ablehnende Haltung gegenüber theoretischen Reflektionen innerhalb der deutschen Archäologie ist in der Archäologie des Mittelalters noch viel stärker ausgeprägt. Das ist bis zu einem gewissen Grad sicher forschungsgeschichtlich bedingt. Die deutsche Archäologie des Mittelalters ist aus der Praxis entstanden. Da das Fach zudem immer wieder als eine historische Disziplin aufgefaßt wurde, sah man keinen Anlaß, sich etwa mit der "ahistorischen" New Archaeology zu befassen (Fehring 2000, 194f.). Letzteres dürfte Grund sein, daß sogar in Großbritannien die Medieval Archaeology nur auffallend selten theoretische Themen aufgreift.

Tatsächlich hat die Archäologie des Mittelalters aber einen ganz erheblichen Bedarf an Theoriebildung. Der Diskussion kulturanthropologisch-soziologischer Konzepte kann die Archäologie des Mittelalters nicht dadurch aus dem Weg gehen, indem sie sich auf die Geschichtswissenschaften beruft, wurde und wird dort doch bis heute selbst eine Diskussion um "Geschichte als historische Sozialwissenschaft" geführt.

Archäologische Quellenkritik

Die Blogposts der in den nächsten Wochen geposteten kleinen Serie 'Archäologische Quellenkritik' gehen auf ein Manuskript zurück, das 1998 für ein Oberseminar am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters in Tübingen entstanden ist, das ich gemeinsam mit Frau Prof. Scholkmann angeboten hatte. Eine immer wieder angedachte Publikation ist aufgrund anderer Projekte nie zustande gekommen. Ich stelle sie hier als Blogposts ein, wobei nur minimale Bearbeitungen und Aktualisierungen erfolgen. Manche Beispiele und manche Aussagen zur Forschungslage sind nicht mehr ganz aktuell!


I    Von der vergangenen Realität zur rekonstruierten Realität
II   Die Pompeji-Prämisse
III  Konzepte der Quellenkritik in der Forschungsgeschichte
IV  Formationsprozesse und ihre Faktoren
V   Die Identifikation von Formationsprozessen
VI  Formationsprozesse in der historischen Archäologie


Weitere Beispiele aus früheren Blogposts:



Freitag, 11. Januar 2013

USA - Plünderung auf öffentlichem Land


Archäologische Funde gehören keinem Einzelnem! In den USA macht es indes einen wesentlichen Unterschied ob eine Fundstelle auf Privatland oder "public land"  liegt. Der Denkmalschutz greift fast nur auf letzterem. Aber grade hier nehmen Plünderungen überhand.

Ein Kommentar zu den Plünderungen indianischer Fundstellen in den USA:
Sinkende Wasserspiegel durch die Trockenheit der vergangenen Jahre hat archäologische Fundstellen freigegeben, die nun geplündert werden. Eine Bestandsaufnahme hat 2012 in Texas gezeigt, dass dort 98% der Fundstellen Plünderungsspuren aufweisen.


Hanson wendet sich gegen das Verständnis archäologischer Funde als Schätze (vergl.

Mittwoch, 9. Januar 2013

apud Giselingen

Ansichtskarte Geislingen, gelaufen 1906
(PD)
Es sei an dieser Stelle auf das Blog apud giselingen hingewiesen, das sich als Informations- und Diskussionsforum zur Stadtgeschichte von Geislingen an der Steige versteht. Hier finden sich Beiträge zu archäologischen Funden und Befunden, zu stadtgeschichtlichen Ereignissen und Begebenheiten, zur örtlichen Familien- und Personengeschichte, sowie zu aktuellen Themen der Stadterhaltung und des örtlichen Denkmalschutzes.

Betrieben wird das Blog durch Stadtarchivar Hartmut Gruber. Ich versuche Erfahrungen aus meinen eigenen eher tastenden Blog-Gehversuchen einzubringen und steuere gelegentlich Beiträge bei, die aus dem alten Fundus meiner Geislinger Forschungen zu Beginn der 1990er Jahre oder aus den andauernden Arbeiten mit der Sammlung Kley bzw. dem Projekt zur mittelalterlichen Siedlungslandschaft auf der Stubersheimer Alb schöpfen.

Archäologische Beiträge, die von mehr als lokalem Interesse sein könnten, werde ich auf Archaeologik verlinken (wenn nicht gleich andersherum Beiträge aus Archaeologik bei apud giselingen unterschlupfen).
Bislang:

Dienstag, 8. Januar 2013

Baubarbaren in Passau

Die Frage,  "welch archäologisch bedeutende Schätze eventuell unter dem Beton der Studentenwohnanlage auf ewig begraben liegen", stellt sich wahrscheinlich gar nicht mehr. Sie sind abgebaggert und endgültig zerstört:

wochenblatt.de (8.1.2013): Dran, drauf, drüber übers Römererbe


via Tribur.de

Update (13.1.2013):

Das Urheberrecht der Eiszeitmenschen

Lascaux
(Foto: Peter80
unter einer CC BY SA 3.0
bei WikiMediaCommons eingestellt!)
Welche Rechte auch immer das Département Dordogne an der Eiszeitkunst der Lascaux-Höhlen in Anspruch nimmt - das Urheberrecht kann es wohl kaum sein. Das erlischt nämlich 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Darum geht der  "Preis des schlimmsten Copyfrauds 2012" an das Département Dordogne: Numerama (31.12.2012): Le pire du droit d'auteur en 2012 (Worst of CopyrightMadness)

Freilich: hier geht es nicht um einfache Fotos der Höhlenbilder, sondern um 3D-Faksimiles, die über fotogrammetrische Fotos von Hand auf, mittels Laserscans hergestellte Modelle der Höhlenwände übertragen wurden. Nachdem die vom Département beauftragte Produktionsfirma Konkurs angemeldet hat, wurden in dem nun laufenden Rechtsstreit Urheberrechte geltend gemacht.

sudouest (11.10.2012): Lascaux, Sanson et la vache espagnole mit franz. Video zur Entstehung der Nachbildung Lascaux III

via Archivalia (5.1.2013): Urheber, die 17.000 Jahre tot sind;
Mareike König auf Google+

Freitag, 4. Januar 2013

Notgrabungen in einer chinesischen Münzstätte - und die Ignoranz des Münzsammlers

Eine Münzstätte des 1. Jahrhunderts v.Chr. wurde in Huoluochaideng, in der innermonglischen Region Xinhua entdeckt und in einer Notgrabung geborgen. Geborgen wurden 3500 kg gegossene Kupfermünzen, aber auch über 100 Gußformen. Die Funde stammen aus drei Gruben auf dem Areal der Werkstatt. Die Lokalisierung einer Münzstätte wie auch die Grubenbefunde und die unscheinbaren Produktionsreste bieten wichtige Informationen zur Wirtschaftsgeschichte und Numismatik. - Grabungen in einer Münzstätte sind ein Glücksgriff, bieten sie doch durch die Verknüpfung mit einer konkreten Lokalität und ihrem handwerklichen Kontext einen wichtigen Schlüssel für ein historisches Verständnis des Münzumlauf als auch der einzelnen Münzen.
Ich verlinke auf Archaeologik eigentlich keine Fundmeldungen. Was diese indes interessant macht, ist die Tatsache, dass sie fast Opfer von Raubgräbern geworden wäre.
Die Grabung wurde als Notgrabung durchgeführt, nachdem polizeiliche Ermittlung in drei Fällen des Diebstahls ("theft cases") zu Verhaftungen und zu Hinweisen auf die Fundstelle geführt haben. Hätte die Polizei die Plünderer nicht rechtzeitig gestoppt, wäre eine große Zahl provenienzloser Münzen auf den Markt gekommen.
Paul Barford hat in seinem Blog Portable Antiquity Collecting and Heritage Issues die Meldung aufgegriffen. Erschreckend ist der Ko mmentar von Peter Tompa (Vorsitzender der amerikanischen Ancient Coin Collector Guild und Betreiber des Sammler- und Händler-Interessen verfolgenden Blogs Cultural Property Observer): "Kann diese große Zahl an Münzen überhaupt ausgewertet werden? Was passiert danach mit ihnen?" Viel besser hätte er die Ignoranz für die wissenschaftlichen Aspekte der Numismatik nicht audrücken können. Barfords Antwort ist nichts hinzuzufügen.

Dienstag, 1. Januar 2013

Meldungen aus Syrien (Dezember 2012)

Auch im Dezember gibt es wieder Meldungen in verschiedenen Nachrichtenquellen, die über Zerstörungen und Plünderungen in Syrien berichten.

Die Financial Times (27.12.2012): War looters threaten Syria's heritage (Registrierung nötig) weist darauf hin, dass die Rebellen den Antikenschmuggel kontrollieren und damit ihre Waffenlieferungen finanzieren. Der Artikel zitiert Prof. Maamoun Abdul Karim, Leiter der syrischen Behörde für Altertümer und Museen, wonach die Behörde verstärkt auf Kooperation mit den Anwohnern setzt.  Le patrimoine archéologique syrien en danger الآثار السورية في خطر berichtet inzwischen von "zivilgesellschaftlichen" Initiativen unter anderem in Dura Europos. Vor Ort ist allerdings wahrscheinlich wenig zu erreichen, aber es sollte mehr getan werden, um wenigstens die Plünderungen und Raubgrabungen zu stoppen, die auf Absatz im internationalen Antikenmarkt  hoffen. Ein wichtiger Schritt dazu ist sicherlich eine Rote Liste, wie sie ICOM vorbereitet (ICOM (18.10.2012): ICOM to launch a Red List for Syria). Abdul Karim forderte nach dem Bericht der FT aber auch die Nachbarländer zu erhöhter Wachsamkeit gegenüber Raubgut auf.
Bereits im Mai 2012 hat Emma Cunliffe (Durham) eine erste Liste beschädigter Denkmäler und Fundstellen erarbeitet (vergl. Global HeritageNetwork: New Report on Damage to Syria’s Cultural Heritage). Der Artikel von D. Estrin, Why One Researcher is Documenting the Damage to Syria’s Archaeological Sites. The World (11.12.2012) berichtet über ihre fortgesetzte Bemühungen, die Schäden aus der Ferne zu dokumentieren. Auf die Frage nach dem Nutzen der Liste, verweist sie auf die nötigen Restaurierungsarbeiten in einer Nachkriegszeit. Möglicherweise liegt ein weit größerer Nutzen aber auch darin, dass damit eventuell illegal gehandelte Objekte identifiziert werden können. Insofern ist es wünschenswert, dass bald ein Update der Liste veröffentlicht wird.

Problematisch sind je eben nicht nur die Zerstörungen, sondern auch die Plünderungen von Museen, Grabungsdepots und Fundstellen.
Die Grabungshäuser der Grabungen Tell Touqan und Tell el-Kerkh im Bezirk Idlib wurden geplündert. - Le patrimoine archéologique syrien en danger الآثار السورية في خطر
Ein youtube-Video vom August, auf das der Artikel über Emma Cunliffe aufmerksam macht, zeigt Zerstörungen an den Monumenten, aber auch Raubgrabungen in einer der Toten Städte Nordsyriens.




Von Kollegen hört man, dass Funde aus vielen syrischen Museen in arabischen Staaten "in Sicherheit" gebracht werden. Das sind offenbar vielfach private Aktionen, bei denen die Funde kaum registriert werden. In syrischen Museumsdiensten sind  nur relativ wenige Archäologen beschäftigt. Die Grenzen zwischen Sicherung und Plünderung sind für Außenstehende nur schwer zu ziehen. 


weitere Links

      interne Links

        

      Archaeologik 2012

      Nach dem Ablauf von 2012 wiederum eine kurze Zwischenbilanz mit den Top Ten der meist aufgerufenen Posts:
      1. Syrische Truppen zerstören Kreuzfahrerburg
        04.05.2012, 1376 Seitenaufrufe
      2. Mittelalterliche Keramik aus Geislingen
        14.12.2011, 1327 Seitenaufrufe
      3. Rotlicht statt Wissenschaft - übereilter Medienrummel
        23.07.2011, 1084 Seitenaufrufe
      4. Faltblatt Raubgräber
        24.07.2011, 993 Seitenaufrufe
      5. ZDF animiert Raubgräber
        22.01.2012, 884 Seitenaufrufe
      6. TV-Shows plündern archäologische Fundstellen
        01.03.2012, 789 Seitenaufrufe
      7. "Aktion Archäologie": Wolf im Schafspelz?
        21.05.2012, 770 Seitenaufrufe
      8. The Archaeological Heritage is in extreme danger in Hungary
        10.10.2011, 650 Seitenaufrufe
      9. Kein Geld: Oseberg-Fund verrottet
        17.04.2012, 630 Seitenaufrufe
      10. Warum wir hinschauen müssen! - Antisemitismus in pseudowissenschaftlichen Kulturbetrachtungen in Ungarn
        ein Gastbeitrag von László Matthias Simon, 24.05.2012, 585 Seitenaufrufe
      Die Zahl der Seitenaufrufe bezieht sich auf die Aufrufe insgesamt, nicht auf die von 2012.
      Insgesamt sind es jetzt etwas mehr als 65500 Zugriffe.