Mittwoch, 30. Oktober 2013

Die Atomindustrie, das Gespür für die Zeit und die Rolle der Archäologie

Es ist eines der großen Kapitale der Archäologie, ein Gespür für die Zeit zu vermitteln - fehlt es doch unserer Gegenwart und unserer Technik ganz entscheidend gerade daran. Eine Ausstellung im Allerheiligen-Museum in Schaffhausen greift dies mal explizit auf:

Neandertaler im Zeittunnel von 1 Mio Jahren
Modell von Marcel Nyffenegger
(Foto: Museum zu Allerheiligen Schaffhausen)

Langzeit und Endlager: Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen, 24. Oktober 2013 - 23. März 2014

Interner Link

Änderungsvermerk:
19.9.2018 Bildlink aktualisiert

Dienstag, 29. Oktober 2013

Denk mal! - der Böckumer Leitgraben und die Lokalpolitiker

Der Böckumer Leitgraben im Süden von Duisburg, angelegt, um dem in Folge des Mühlenbaus steigenden Grundwasser Herr zu werden, ist ein schönes kleines Stück Umweltgeschichte: Ein Zeugnis, wie ungewollte negative Folgen von Eingriffen in die Landschaft auch schon in der Mitte des 15. Jahrhunderts teure Investitionen erforderlich machten. 
Politiker, die über den Denkmalcharakter eines solchen "dreckigen Grabens" Witze reißen, zeigen, dass sie sich mit der Sache nicht befasst haben, nicht verstanden haben, was ein Denkmal ist - und vor allem, dass sie die Verantwortung nicht erkannt haben, die sie selbst für die Zukunft tragen.

Montag, 28. Oktober 2013

Mittelalterliche Agrartechniken - 10. Ruralia Konferenz

Ein Gastbeitrag von Iris Nießen


Welche Formen landwirtschaftlicher Produktion sind im mittelalterlichen Europa bekannt? Welche Quellen stehen zur Verfügung? Wo sind regionale Unterschiede und Gemeinsamkeiten feststellbar? Was sind die Gründe für Stabilität und Veränderungen in agrarischen Landschaften? Welche Bedeutung haben Feldstrukturen? Warum entstehen offene Feldlandschaften? Welchen Einfluss haben neue Technologien auf die Siedlungsformen? Wie wurde agrarische Technologie verbreitet? Wie sind einzelne Produktionsprozesse nachzuvollziehen? Welche Bedeutung hat die experimentelle Archäologie?

Diese und viele weitere Fragen standen im Zentrum der 10. internationalen RURALIA-Tagung vom 9.-15. September 2013 zum Thema: Agrarian Technology in the Medieval Landscape. Gastgeberland in diesem Jahr war die Slowakei - Kulisse die Burg Smolenice, nahe Bratislava.

RURALIA ist ein internationaler Verband, der zu archäologischen Themen des ländlichen Mittelalters forscht. Benannt nach ihrem ersten Präsidenten Jean-Marie Pesez, fand die erste Konferenz 1995 in Prag statt. 37 internationale Beiträge beleuchteten das Thema Agrarian Technology in the Medieval Landscape aus unterschiedlichen Perspektiven. Viele Regionalstudien machten Unterschiede in ländlichen Landschaften deutlich. Wiederkehrende Punkte waren beispielsweise die Feld- und Flurform, das in- und outfield-system sowie Veränderungen in Technologie und Landschaft.

Das Freilichtmuseum von Modrá in Tschechien mit Rekonstruktionen des großmährischen Zentralortes rund um Staré Město (Foto I. Nießen)

Sonntag, 27. Oktober 2013

Open access in der Archäologie


Open Access gewinnt an Bedeutung und wurde hier auch schon gelegentlich angesprochen. Heute endet die Internationale Open Access Week (23.-27.10.2013), mit der über OA informiert werden soll und entsprechende Publikationen beworben werden sollen.
Anlaß für eine knappe, wenngleich sicher unvollständige Zusammenstellung deutschsprachiger OA-Publikationen aus der Archäologie:


Zeitschriften
Einige Zeitschriften stellen ältere Jahrgänge in OA bereit:

Deutschsprachige Blogs sind gesammelt unter
Es fällt auf, dass gerade die Denkmalpflege, deren Akzeptanz ganz besonders von einer Information der Öffentlichkeit abhängt, bisher kaum auf OA-Publikationen setzt. Besonders hervorgehoben seien daher:
Bislang ist es im Fach nicht möglich, ausschließlich OA zu publizieren (selbst wenn man nicht nach den in der deutschen Archäologie glücklicherweise auch nicht üblichen Rankings schielt), auch green OA wird selten erlaubt und erfordert im Einzelfall erheblichen Aufwand, das durchzusetzen. Es fehlt weitgehend an einem Problembewusstsein...


Die englische Seite OpenAccessArchaeology versucht international OA-Publikationen aus der Archäologie zu erschließen (vergl. Archaeologik). Hier sind auch weitgehend die hier verzeichneten Publikationen erfasst, jeweils noch mit Angaben zu peer review und akzeptierten Sprachen.

An Einzelpublikationen seien nur exemplarisch genannt

Zur Open Access Week

laufende Ergänzungen und Aktualisierungen - Hinweise sind willkommen!

Freitag, 25. Oktober 2013

Der unverkäufliche Becher König Ebarats

In einer Auktion bei Christie's angesetzt für den 24.10.2013 ist ein elamitischer Tempelbecher aufgetaucht, der bereits 2007 in einem Münchner Auktionshaus als Plünderungsgut aus dem Iran identifiziert und auch sichergestellt worden war. Ein deutsches Gericht hat den Becher jedoch dem Auktionshaus zugesprochen, nachdem der Iran nicht fristgerecht seine Ansprüche geltend gemacht hatte.
Auf Einspruch von Colin Renfrew hat Christie's den Becher aus der Auktion zurückgezogen, in der allerdings weitere Stücke angeboten werden, die möglicherweise zum selben Fundkomplex gehören. Der Becher ist aus Silber, 15 cm hoch. Eine Inschrift auf dem Becher weist diesen als Teil eines Tempelschatzes des frühen 2. Jahrtausends v.Chr. aus, der wohl in einem Tempel in Anschan (heute Tal-i Malyan) deponiert war.

Ein zweiter, figural verzierter Silberbecher, der möglicherweise aus dem selben Kontext stammt, ging für rund 56.000 £ weg.
 
Seit den 1930er Jahren ist in Persien / Iran die Ausfuhr von Antiken verboten. Die im übrigen nicht belegte Provenienzangabe, wonach sich Ebarats Becher bereits seit den 1970er (oder bei Christie's jetzt 1940/50er) Jahren in einer britischen Privatsammlung befände, taugt also nicht, die Legalität des Verkaufs zu belegen.
 

Links

Mittwoch, 23. Oktober 2013

JungsteinSite - jetzt Journal of Neolithic Archaeology

Die Internetplattform Jungsteinsite, vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Kiel getragen, hat seit 1999 kleinere Forschungsarbeiten zum Neolithikum als pdf publiziert.

Mit dem Jahrgang 2013 gibt es eine wichtige Änderung: JungsteinSite heißt jetzt Journal of Neolithic Archaeology (ISSN 2197-649X). Die Artikel sind peer-reviewed, mit doi versehen und vor allem open access!

Freitag, 18. Oktober 2013

Ägypten - Postliste

Die Unruhen und Plünderungen archäologischer Fundstellen in Ägypten waren schon häufig Thema hier im Blog. Um den Überblick zu bewahren, hier eine Liste der Beiträge  speziell zu den Vorgängen im arabischen Frühling und den nachfolgenden Unruhen in Ägypten:

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Archäologische Informationen im Open Access

Als eine der ersten Fachzeitschriften haben die Archäologischen Informationen nun die Umstellung auf open access vollzogen. Sie haben dabei eine wichtige Vorreiterrolle, denn angesichts schrumpfender Bibliotheksetats (und steigender Preise für Zeitschriftenabos) koppelt die Archäologie bei einem Festhalten an ausschließlicher Printpublikation (z.B. Germania) oder einem Bezahlmodell (wie bei der Praehistorischen Zeitschrift) die Mehrzahl der im Fach tätigen Wissenschaftler von Neuerscheinungen ab. Außerhalb der Universitäten sind online-Angebote von Verlagen nur gegen häufig horrende Preise zugänglich, die sich eine Denkmalpflege angesichts andauernder Kürzungen kaum leisten kann.
Die AI haben außerdem auf ein peer-review Verfahren umgestellt, das internationalen und politisch eingeforderten Standards entspricht. Open access und Qualitätssicherung sind kein Widerspruch, da auch Verlage, die ihre Produkte teuer verkaufen, die Leistungen der Herausgeber und Reviewer nicht honorieren.
Bezüglich der Lizenzierung der Aufsätze in den AI wurde die Regelung getroffen, dass sie  – gedruckt wie online – unter dem üblichen Copyright erscheinen. Autoren können jedoch für eine CC-Linzensierung optieren und müssen dies vor der Publikation den Herausgebern schriftlich mitteilen.

Seit langem stehen die Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit (DGAMN) per open access online. Im Unterschied zu den AI verfügen sie aber nicht über ein übersichtliches Einstiegsportal und über einen doi. Sie sind lediglich auf der homepage gehostet und über Bibliothekskataloge schwer zu recherchieren - ein Problem, das die AI durch die Kooperation mit der Universitätsbibliothek Heidelberg gelöst haben. Das Archäologische Korrespondenzblatt toleriert inzwischen einen green open access, das heißt eine Selbstarchivierung der Autoren.

Da Zeitschriftenrankings auch innerhalb der Archäologie eine zunehmende Rolle spielen werden, ist open access ein wichtiger Faktor. Bislang sind für die Rankings zwar noch das Renomée der Verlage mitentscheidend, doch dürfte künftig die Zitier-Häufigkeit eine wichtigere Rolle spielen. Open Access ist dazu gerade in kleinen Fächern eine wichtige Voraussetzung.


Homepage der Archäologischen Informationen mit Early View bei der DGUF:
Die Archäologischen Informationen online:
In einem Aufsatz in den AI erläutert F. Siegmund Zielen, Modalitäten und Randbedingungen der Renovierung:
  • F. Siegmund, Schnell, weltweit frei zugänglich und mit zusätzlichen Daten: Die Zeitschrift Archäologische Informationen erscheint im Open Access mit Early Views. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 14. Okt. 2013: http://www.dguf.de/index.php?id=9


Backlinks (Nachtrag 25.10.2013):
http://archiv.twoday.net/stories/528986987/
http://archiv.twoday.net/stories/516216639/

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Abbaustellen und Siedlungen

Ein aktueller Bericht zu den Arbeiten auf der Blaubeurer Alb ist soeben erschienen:

Asch Borgerhau,
neolithische Abbaustelle
Seit dem Frühneolithikum und zunehmend während des Mittel- und Jungneolithikums wurde in Europa ein erheblicher Arbeitsaufwand betrieben, um mit Pingen- und Bergbau Silex für die Geräteproduktion zu gewinnen. Rohmaterial wurde aus lokalen Vorkommen gewonnen, aber auch über weitere Strecken transportiert. Da Silex für alltägliches Gebrauchsgerät, aber auch für exquisite Stücke genutzt wurde, die innerhalb der sozialen Netzwerke eine besondere Bedeutung besaßen, kann eine Analyse der Beziehungen zwischen Siedlungen und Rohmaterialquellen Einblicke in Kommunikationsräume, Arbeitsprozesse und lokalen wie regionalen Handel bieten. Das ist mit der nötigen Präzision bisher nur selten möglich:

Der Artikel berichtet über ein langfristiges Projekt, das in regionalem Rahmen die Silexversorgung und Geräteproduktion auf der Grundlage von Abbaustellen und Siedlungen auf der Schwäbischen Alb in Süddeutschland untersucht.
Die Forschungen kombinieren die Auswertung von Oberflächenfunden aus verschiedenen Privatsammlungen mit eigenen archäologischen und geophysikalischen Surveys sowie gezielten Testgrabungen zur Dokumentation von Siedlungen und Abbaustellen. Konkrekt werden dann mittels eines einheitlichen Aufnahmesystems Silexinventare aus einer Abbaustelle (Asch, Borgerhau) mit Siedlungen in unterschiedlicher Entfernung verglichen. Systematische, zerstörungsfreie petrographische Bestimmungen des Rohmaterials, erlauben es, das Material der zentralen Abbaustelle sowie solches aus anderen Quellen in den Siedlungen zu identifizieren. Diese Datenbasis bietet die Grundlage, chronologische wie räumliche Eigenheiten der Rohmaterialgewinnung und der Geräteproduktion innerhalb einer neolithischen Siedlungslandschaft herauszuarbeiten.
(Übersetzung des abstract)

Dienstag, 15. Oktober 2013

Haushaltsentwurf 2014 in Nordrhein-Westfalen - Kürzungen durch die Hintertür

Der aktuelle Newsletter der DGUF berichtet über die aktuelle Situation in Nordrhein-Westfalen. Nach der Gesetzesänderung wurde nun der Haushaltsentwurf für 2014 vorgelegt. Wie zugesagt, werden die Landeszuschüsse für die Archäologie nicht gekürzt und sind unverändert mit 2,8 Mio € angesetzt. - Und doch erweist sich das womöglich als Lüge, denn 1,7 Mio werden wohl zur Gegenfinanzierung der Kürzungen in der Baudenkmalpflege eingesetzt werden müssen.
verändert nach
Wikimedia Commons
   

2,8 Mio. minus 1,7 Mio. gleich 2,8 Mio.? Ein Zwischenbericht zur Lage in NRW
Am 25.9. legte die NRW-Landesregierung dem Parlament ihren Haushaltsentwurf für 2014 vor, u. a. mit den entscheidenden Zahlen für Archäologie und Baudenkmalpflege. Er wird nun in den Ausschüssen beraten und soll Mitte Dezember verabschiedet werden. Ebenfalls am 25.9. traf sich eine informelle Parlamentarier- und Expertenrunde, an der auch der stellvertretende DGUF-Vorsitzende PD Dr. Frank Siegmund teilnahm.

Montag, 7. Oktober 2013

Mittelstreichungen führen zu Verlust von Expertenwissen - und ungezügeltem Planungswildwuchs

Der British Archaeological Trust warnt vor einem Verlust der Arbeitsfähigkeit der Denkmalpflege durch Mittelkürzungen. Er verweist vor allem auf die sinkende Zahl von Experten, die kompetent zu Planungen aus denkmalpflegerischer Sicht Stellung beziehen können.   

Freitag, 4. Oktober 2013

Gesucht: Pfostenlöcher in der Landschaft!

Die ursprünglich fürs Frühjahr vorgesehene Messkampagne auf der Stubersheimer Alb musste wegen des schlechten Wetters verschoben werden. Seit dieser Woche wird wieder gemessen. Ziel ist eine exemplarische Rekonstruktion der vielfältigen Veränderungen des Siedlungsgefüges seit der Römerzeit und ein besseres Verständnis der dafür verantwortlichen sozialen wie wirtschaftlichen und ökologischen Prozesse.
Dazu ist es beispielsweise wichtig, die im Arbeitsgebiet sehr zahlreichen durch schriftliche Quellen und Flurnamen belegten mittelalterlichen Wüstungen zu lokalisieren. Sie zeichnen sich durch unscheinbare Pfostenbauten ab.
(Foto R. Schreg)



Links

Dienstag, 1. Oktober 2013

Syrien im September 2013

Zerstörungen
Die einschlägigen facebook-Seiten (wie Le patrimoine archéologique syrien en danger oder Protect Syrian Archaeology) verzeichnen für den September auffallend wenige neue Fälle von Kriegszerstörungen. Ob dies eine Folge nachlassender Kämpfe, erschwerter Bedingungen der Arbeit der Kollegen vor Ort ist, bleibt unklar. Protect Syrian Archaeology postete jedoch Bilder aus Aleppo und Idlib-al-Nera, die eine Vorstellung von den Schäden geben.

 

Antikenhehlerei
Dafür fanden Raubgrabungen und Antikenhehlerei im September größeres Interesse: 
Samarkeolog (Sam Hardy) spekuliert auf dem Weblog conflict antiquities über die Schmuggelwege. Aufgrund des Einstellens ziviler Flugverbindungen nach Syrien seit über einem Jahr, verweist er auf eine Reihe von Versorgungsflügen, die nicht zuletzt durch türkisches Militär durchgeführt werden. Handfeste Beweise fehlen allerdings.

in den Medien
Im Zusammenhang mit dem Giftgaseinsatz in Damaskus greifen einige Medien die Geschichte eines möglichen Giftgaseinsatzes bei der Verteidigung der Befestigung von Dura Europos im 3. Jahrhundert n.Chr. auf:
Nachtrag (2.1.2014): 


Monatliche Zusammenstellungen wichtiger Meldungen aus Syrien auf Archaeologik: