Im Bergland der Krim nahe dem modernen Sevastopol befinden sich die wildromantischen Höh(l)ensiedlungen Eski kermen und Mangup. Sie standen im Mittelpunkt eines Forschungsprojektes des RGZM, in dessen Rahmen in den Jahren 2006 bis 2008 archäologische Surveys und geoarchäologische Untersuchungen durchgeführt werden konnten. Sie zeigen Aufstieg und Niedergang einer heute weitgehend siedlungsleeren Landschaft, die die Forschung als Siedlungsland der „Krimgoten“ identifiziert hat.
2006 bis 2008 war das RGZM gemeinsam mit ukrainischen Partnern mit Surveys im Umfeld der völkerwanderungszeitlichen und mittelalterlichen Höh(l)en-städte Eski Kermen und Mangup im Südwesten der Krim befasst. Inzwischen sind einige vorläufige Auswertungen erfolgt, die abschließende Publikation zur Landschafts- und Umweltgeschichte ist in Vorbereitung.
Deutlich wurde, dass die heute dünn besiedelte Landschaft einst florierte. Prokops Beschreibung der Landschaft im 6. Jahrhundert als "weder rau noch steinig" stimmt nicht mit der Realität überein. Ob er falsche Informationen hatte, oder ob sich die Landschaft seitdem verändert hat, war eine der Fragen, denen das Projekt nachging.
Neben archäologischen Surveys 2007-2008 und kleineren Sondagen auf verschiedenen Fundstellen im Umfeld der Höhensiedlung von Mangup wurden deshalb geoarchäologische Untersuchungen durchgeführt. Diese Arbeiten wurden von der Fritz-Thyssen-Stiftung finanziert.
Geoarchäologischer Schnitt unterhalb des Mangup (RGZM, Foto R.Schreg) |
Die geoarchäologischen Untersuchungen zeigen, dass es im 5./6. Jahrhundert, als die beigabenführenden "krimgotischen" Gräberfelder belegt wurden und die Höhensiedlungen auf dem Mangup und dem Eski Kermen angelegt wurden, zu einer intensiven Landnutzung kam, die zu mächtigen Sedimenteinträgen in den Tälern rund um den Mangup führte.
Nördlich des Mangup wurden bei den Surveys in einem Waldgebiet ausgedehnte Altfurrelikte festgestellt. Lesesteinriegel, riesige Lesesteinhaufen sowie Terrassen, Steinsetzungen und Gruben sind in einem fast undurchdringlichen Niederwald konserviert. Eine flächige Dokumentation der Altflurrelikte war uns deshalb nicht möglich. Die Forschungen konzentrierten sich auf einen kleinen Ausschnitt, wo mit kleinen Sondagen die Genese dieser Flur untersucht wurde. Wie in anderen Fällen auch, zeigte sich eine langandauernde Flurentwicklung, die im konkreten Fall in die Bronzezeit (Radiocarbondaten) oder gar ins Neolithikum zurückreicht (Silexartefakt). Mit Befunden belegt ist auch eine eisenzeitliche Siedlung wenige Meter von den Altfluren entfernt: Auf einer kleinen Lichtung hatten wir ergänzend geomagnetische Prospektionen durchgeführt, um einen möglichen Siedlungsplatz zu den Fluren zu identifizieren.
Wie bei kleinen bäuerlichen Gehöften und Grabungsschnitten inmitten alter Felder kaum anders zu erwarten, ergaben die Grabungen kaum nennenswerte Funde - auch systematische Begehungen mit dem Metalldetektor (und Einzelfundeinmessung) erbrachten kaum etwas. Die wenigen Funde erlauben aber zusammen mit einer Serie von Radiocarbondaten und stratigraphischen Beobachtungen eine Rekonstruktion der Flurgeschichte.
Wie bei kleinen bäuerlichen Gehöften und Grabungsschnitten inmitten alter Felder kaum anders zu erwarten, ergaben die Grabungen kaum nennenswerte Funde - auch systematische Begehungen mit dem Metalldetektor (und Einzelfundeinmessung) erbrachten kaum etwas. Die wenigen Funde erlauben aber zusammen mit einer Serie von Radiocarbondaten und stratigraphischen Beobachtungen eine Rekonstruktion der Flurgeschichte.
So stammen aus einem Grabungsschnitt durch einen Lesesteinhaufen einige Scherben frühmittelalterlicher Keramik, die etwa dem genannten Horizont des 5./6. Jahrhunderts entsprechen dürfte. Damals bestanden die Lesesteinriegel wahrscheinlich noch nicht. Sie überlagern Schwemmschichten mit 14C-Daten des Spätmittelalters. Die Reste zweier Gebäude konnten mangels Funden leider nicht datiert werden. Keramikfunde aus einer Grube sowie weitere Radiocarbondaten belegen jedoch eine spätmittelalterliche Siedlungstätigkeit im näheren Umfeld.
Schriftliche Quellen belegen eine nachlassende Siedlungsdichte nach der osmanischen Eroberung der Landschaft Ende des 15. Jahrhunderts. Möglicherweise wurden die Felder damals verlassen.
Einschneidende Veränderungen erbrachte indes auch das 20. Jahrhundert, als zahlreiche Siedlungen infolge des Zweiten Weltkriegs und der Stalin'schen Deportationen aufgelassen wurden. Forstliche Terrassierungen an den Hängen sowie mehrere Staudammprojekte repräsentieren weitere Landschaftseingriffe der Moderne, die in vielen Bereichen die archäologischen Strukturen zerstört haben. Die heute dünn besiedelte Landschaft steckt voller sich überlagernder Relikte einer intensiven Landnutzung - aber auch zahlreicher kriegerischer Auseinandersetzungen.
Literaturhinweise
- M. Herdick/R. Schreg, Das Bergland der Krim im Frühmittelalter - Eski Kermen, Mangup und ihr Umfeld. In: F. Biermann/T. Kersting/A. Klammt (Hrsg.), Siedlungsstrukturen und Burgen im westslawischen Raum. Beiträge der Sektion zur slawischen Frühgeschichte der 17. Jahrestagung des Mittel- und Ostdeutschen Verbandes für Altertumsforschung in Halle an der Saale, 19. bis 21. März 2007. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 52 (Langenweißbach 2009) 295–315.
- R. Schreg, Das Umfeld der Höhlenstädte Mangup und Eski Kermen auf der südwestlichen Krim – eine Siedlungslandschaft in der Peripherie des byzantinischen Reiches. Siedlungsforsch. 26, 2008, 267–286.
- R. Schreg, Zentren in der Peripherie: Landschaftsarchäologische Forschungen zu den Höhensiedlungen der südwestlichen Krim und ihrem Umland. In: F. Daim/J. Drauschke (Hrsg.), Byzanz – Das Römerreich im Mittelalter. Teil 3 Peripherie und Nachbarschaft. Monographien des Römisch-Germanisches Zentralmuseums 84/3 (Mainz 2010) 95–109.
3 Kommentare:
Kompliment, so sieht ein richtig guter wissenschaftlicher Blogbeitrag aus. Nicht zu lang nicht zu kurz, kurze Zusammenfassung am Anfang und ein schöner Abschlußsatz. Beste Grüße, Maxi Platz
Nach dem interessanten Vortrag vom 07. Februar im RGZM finde ich es sehr schön, es hier nochmals alles nachlesen zu können!
Immer wieder schön hier reinzuschauen!
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