Dienstag, 30. April 2024

Gut, dass das nach 70 Jahren mal auffällt: Deutschland erfüllt Haager Konvention nicht

Entgegen der Verpflichtungen aus der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten der UNESCO von 1954, den die Bundesrepublik Deutschland 1967 in nationales Recht überführt hat, indem im Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz - ZSKG), § 25 Kulturgutschutz steht: "Die Maßnahmen zum Schutz von Kulturgut richten sich nach dem Gesetz zu der Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (BGBl. 1967 II S. 1233), geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. August 1971 (BGBl. II S. 1025)." Die Umsetzung fällt aber unter die Kulturhoheit der Länder. 

Wie sieht das praktisch aus?

Bamberg unter dem Schutz der Haager Konvention
(Foto R. Schreg)


Das offizielle Symbol der Haager Konvention ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich verbreitet, die Bundeswehr, die nach der Haager Konvention verpflichtet ist, "bereits in Friedenszeiten Dienststellen oder Fachpersonal bei ihren Streitkräften vorzusehen oder bereitzustellen, deren Aufgabe darin besteht, über die Respektierung des Kulturguts zu wachen und mit den für seine Sicherung verantwortlichen zivilen Behörden zusammenzuarbeiten“ verfügt indes über keinen Plan, was im Notfall tatsächlich zu schützen und zu tun wäre.

Drei Bundeswehroffiziere haben darum eine "Initiative zur Stärkung des Militärischen Kulturgutschutzes in der Bundeswehr" auf den Weg gebracht. Die betreffende Publikation steht online:

Das Urteil:

"Es lässt sich aufgrund dieser Erfahrungen und im Austausch mit Kulturgutschutzeinheiten anderer Nationen feststellen, dass die Bundesrepublik Deutschland in diesem Gebiet aktuell weitgehend nicht kooperations- und damit handlungsunfähig ist." (S. 9)

Es fehlt demnach an Fachpersonal und "ausreichenden Strukturen in der Armee, die tatsächlich den Umgang mit Kulturgütern beherrschen und ihre unterschiedlichen konservatorischen Anforderungen einzuschätzen vermögen".

Vorgeschlagen wird daher, dass "sowohl auf strategischer, operativer, taktischer, logistischer, personeller wie auch auf der Ebene des Nachrichtenwesens gerechte Prozesse in die Wege zu leiten [sind], um die Kompetenz der deutschen Streitkräfte in diesem völkerrechtlich verankerten Tätigkeitsbereich zu stärken und sie mit anderen Streitkräften kooperations- und handlungsfähig zumachen. ... Dabei gilt es, ein gesamtheitliches Rahmenkonzept zu entwickeln, welches von der einfachen Handreichung undTaschenkarte bis hin zu umfangreicheren Ergänzungen von Einsatzstrukturenreichen kann. (S. 10)". Die Autoren erhoffen sich durch eine Kooperation mit zivilen Stellen auch eine verbesserte Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft, wie auch positive Effekte für die Vermittlung der Belange von Denkmalpflege und Kultzurgüterschutz.

Diese Konzeption wurde am 10.04.2024 als Vorschlag im Rahmen des Kontinuierlichen Verbesserungsprogramm (KVP) der Bundeswehr dem Bundesministerium der Verteidigung  eingereicht.

 

Wie war das denn zu Zeiten des Kalten Kriegs organisiert?  Gab es da Pläne? Oder ist militärischer Kulturgüterschutz erst ein jüngeres Phänomen (von Monuments Men in WWII mal abgesehen)? Tatsächlich hat die US-Army auch erst vor wenigen Jahren eine Initiative zum Kulturgutschutz unternommen - wohl unter dem Eindruck des eigenen Versagens bei den Vorgängen um die Plünderung des Nationalmuseums in Bagdad. Hatte die Bundeswehr in Afghanstan eigentlich eine Ahnung, wo da schützenswerte Denkmäler stehen?


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