In den Richtlinien des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe hießes , in konsequenter Fortführung früherer Praxis noch im Mai 2021: "Bei allen auf vorliegender Genehmigung nach § 13 DSchG NRW beruhenden
Ausgrabungen ... sind alle sich hieran anschließenden
Veröffentlichungen des Genehmigungsinhabers (sei es in Wort, Bild oder
Schrift, in gedruckter Form oder elektronisch) zuvor mit der LWL-AfW
einvernehmlich abzustimmen; das Urheberrecht bleibt davon unberührt."
Da damit alle nicht-amtlichen Archäologen unter eine Vormundschaft der Amtsarchäologie gestellt wurden, übten die DGUF und Ihre Mitglieder auf eine Depublikation dieser Richtlinien und ihre Überarbeitung hin.
Am 13.1.2022 erschien eine Neufassung der Richtlinien, die diese mehr als fragwürdige Praxis in Westfalen-Lippe nun beendet. Ähnliche Ansprüche der Ämter sind anderswo anscheinand aber durchaus noch anzutreffen, wenn auch nicht immer schriftlich fixiert.
Offen bleibt natürlich die Frage, wie Grabungsergebnisse aus der kommerziellen Archäologie zuverlässig der Wissenschaft und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dass die Richtlinien für das Amt ein "Recht zur Nutzung für sämtliche analoge und digitale Daten der Maßnahme,
soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist" vorsehen erscheint angemessen und verhältnismäßig. Wie aber kann sichergestellt werden, dass darüber hinaus die Daten der Wissenschaft und auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Dass sie dies letztlich müssen, steht m.E. außer Frage, denn die Sinnhaftigkeit und Rechtfertigung einer Notgrabungsmaßnahme und deren Finanzierung mit Steuermitteln oder aus dem Verursacherprinzip heruaus ergibt sich ja daraus, dass der originale Befund für die Gesellschaft nicht verloren ist, die Grabungsdaten (wie auch die Funde) also nicht irgendwo, kaum auffindbar und nicht nachhaltig gesichert im Privatbesitz dümpeln.
Wie man das in Zukunft erreichen kann, ist freilich eine offene Frage. M.E. müssten die Grabungsrohdaten in einem Repositorium lizensiert bereit stehen, eventuell mit gestaffelten Rechten zur Wahrung möglicher anderer Schutzrechte und -interessen, vielleicht auch mit einer mehrjährigen Wartefrist, die den Ausgräbern eine Chance einräumt, selbst eine weitergehende Auswertung vorzunehmen.
Das aber ist nichts, was in Amtsrichtlinien geregelt werden kann, sondern etwas, das eine gesetzliche Regelung im Denkmalschutzgesetz erfordert - und eine übersichtliche Dateninfrastruktur.
Deshalb ist es wichtig, hier auf eine für Juni geplante Gemeinsame Tagung von DGUF & NFDI4Objects in Frankfurt hinzuweisen, die sich eben dieser Thematik annehmen möchte.
Deutschland hat hier erheblichen Nachholbedarf nachdem anderswo solche Repositorien seit langem bestehen oder doch wenigstens im Aufbau sind.
Problematisch ist hier übrigens auch, dass die Kosten für Auswertungen nirgendwo
im normalen denkmalpflegerischen Ablauf von Notgrabungen angemessen mit berücksichtigt werden. Die Auswertung ist nicht Teil der Kosten, für die der Verursacher aufzukommen hat. Auswertungen werden daher gerne als Abschlußarbeiten an die
Universitäten delegiert, was definitiv keine Lösung sein kann Abgesehen davon, dass natürlich an der Universität ein Interesse daran besteht, dass Studierende praktische Erfahrungen in der Grabungsauswertung sammeln können, sind es einfach zu wenige
Studierende um die neu anfallenden (und schon vorliegenden) Daten abzuarbeiten. Letztlich werden die Studierenden hier auch nur als günstige Arbeitskräfte gesehen. Die Auswertung und Interpretation von Grabungen ist jedoch auch eine der anspruchsvollste Arbeiten in der Archäologie, die hier strukturell
immer in den Händen von Anfänger*innen bleibt. Viele meistern das, aber viele Abschlussarbeiten (v.a. BA und MA-Niveau) sind eben auch nicht so ohne weiteres publizierbar.
Man wird differenzieren müssen zwischen einer (digital zugänglichen) Materialvorlage, die Teil der Grabung und der Verursacherfinanzierung sein muss und einer tieferen wissenschaftlichen Auswertung, die fragestellungsorientiert die Datenrepositorien und Grabungsfunde (und -proben) einer Detailuntersuchung zuführt und auswertet. Letztlich wäre das nicht unähnlich der seit langem bestehenden Kooperation/Aufgabenteilung von Archivar*innen und Historiker*innen.
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