Das Baltikums und Russland sind nicht nur Ziel von Raubgrabungen durch Militariasammler, die hier Schlachtfelder des Zweiten Weltkriegs plündern. Auch archäologische Fundstellen werden zerstört und die Funde im Internet mit irreführenden Bestimmungen und Fundortangaben angeboten.
Raubgrabungen in Lettland
Wie Kollegen via facebook berichteten wurden beispielsweise kurz vor Weihnachten 2014 vier eisenzeitliche Gräberfelder in Lettland von Raubgräbern heimgesucht. Es handelt sich um rund 200 Grabhügel, die innerhalb kurzer Zeit, verteilt über ein größeres Waldgebiet ausgeräumt worden sind. Die von Anwohnern alamierte Polizei kam nur wenige Minuten zu spät und konnte die Täter nicht mehr fassen. Den Behörden liegen Hinweise vor, dass die Funde nach Deutschland verbracht worden sein sollen.Über facebook baten die lettischen Kollegen Ende 2014 dazu um sachdienliche Hinweise. Sandra Zirne, die zuständige Denkmalpflegerin in Riga stellte damals fest:
"The recent destruction on the night of December 18 [2014] is among the worst we have seen: approximately 200 Late Iron Age Latgallian mound burials dug up. The looters worked in four grave fields. Local inhabitants noticed and notifed the police. In one instance the police were just just ten or twenty minutes short of having caught the criminals red-handed. The artifacts in the attached photos are analogous to those that may be offered at auction, but these were found during scientific excavations. The looted artifacts are rumored to have been transported to Germany. I have also shared these photos with German inspectors in case they see anything similar in their country. Artifacts such as these now showing up in online auctions may have likely come from these destroyed burial mounds. A criminal investigation has been launched."
Nach dem Vorbild der Roten Listen der UNESCO, jedoch ausführlicher, hat das lettische Nationalmuseum einen Katalog von Funden aus der Region erarbeitet, bei denen genauer geprüft werden muss, ob sie aus Raubgrabungen in Lettland stammen können.
Halsreif der lettischen Eisenzeit (Foto: Lettisches Nationalmusem für Altertumskunde) |
Links:
Ein Angebot eines Händlers aus der Region Düsseldorf im Herbst 2014 auf der Auktionsplattform eGun für Jäger, Schützen und Angler hat beispielsweise einen bronzenen Halsreif im Angebot. Dieser Fund stammt angeblich aus "Staraja Ladoga (1989)". Der Erwerb soll rechtmäßig sein (ein Beleg kann angefordert werden), die Echtheit des Stückes wird garantiert, wobei allerdings der Verkäufer selbst die archäologischen Funde als Experte begutachtet. Angeboten wird ein "Vikinger Halsreif (800-1000 n.Chr.), doch scheint diese Bestimmung nach Auskunft einer lettischen Kollegin falsch. Sie passen viel eher zum eisenzeitlichen Fundgut in Lettland.
Mindestens seit Februar 2015 wurden auch auf ebay wiederholt zahlreiche eisenzeitliche, wikingerzeitliche und mittelalterliche Artefakte eingestellt, die angeblich 1985 bzw. 1989 in Staraya Ladoga gefunden worden sein sollen, aber dennoch "from old collection" stammen sollen. Staraja Ladoga liegt in Russland. Als Artikelstandort wird Talinn, Estland angegeben. Nach Auskunft der lettischen Kollegin passen viele der Funde, wie sie mit dem Fundort Staraja Ladoga angeboten werden nicht in das von dort (bisher) bekannte Fundspektrum.
Auch ein US-Händer bietet im Dezember 2017 auf ebay wikingerzeitliche Artefakte an. Er schreibt dazu: "This item was found with a metal detector in the Lake Ladoga region of Russia. This item was purchased from a collector that lives in Germany. I have included a photo of the shipping box that they came in. This item was LEGALLY imported into the US." Auf Nachfrage wird deutlich, dass eine Exportgenehmigung aus dem Baltikum oder aus Russland aber nicht vorliegt (auch nicht aus Deutschland) . Die Gegenstände seien von einem Aussiedler nach Deutschland mitgebracht worden.
- Day 14 - The Looting of Ancient Latvian Burial Sites. Femme au foyer (14.12.2017). - https://femmeaufoyer2011.blogspot.de/2017/12/day-14-looting-of-ancient-latvian.html
- http://www.la.lv/pazuduso-auskaru-mekletaji/
Dubiose Angebote auf deutschen Internetplattformen
Wiederholt tauchen Funde, wie sie in der lettischen Liste verzeichnet sind als Angebote in Internetshops auf - oft mit der Fundortangabe "Staraja Ladoga", rund 500 km von der lettischen Grenze entfernt in Russland gelegen.Ein Angebot eines Händlers aus der Region Düsseldorf im Herbst 2014 auf der Auktionsplattform eGun für Jäger, Schützen und Angler hat beispielsweise einen bronzenen Halsreif im Angebot. Dieser Fund stammt angeblich aus "Staraja Ladoga (1989)". Der Erwerb soll rechtmäßig sein (ein Beleg kann angefordert werden), die Echtheit des Stückes wird garantiert, wobei allerdings der Verkäufer selbst die archäologischen Funde als Experte begutachtet. Angeboten wird ein "Vikinger Halsreif (800-1000 n.Chr.), doch scheint diese Bestimmung nach Auskunft einer lettischen Kollegin falsch. Sie passen viel eher zum eisenzeitlichen Fundgut in Lettland.
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Mindestens seit Februar 2015 wurden auch auf ebay wiederholt zahlreiche eisenzeitliche, wikingerzeitliche und mittelalterliche Artefakte eingestellt, die angeblich 1985 bzw. 1989 in Staraya Ladoga gefunden worden sein sollen, aber dennoch "from old collection" stammen sollen. Staraja Ladoga liegt in Russland. Als Artikelstandort wird Talinn, Estland angegeben. Nach Auskunft der lettischen Kollegin passen viele der Funde, wie sie mit dem Fundort Staraja Ladoga angeboten werden nicht in das von dort (bisher) bekannte Fundspektrum.
Ein screenshot dokumentiert das Angebit auf dem ebay.shop mit Funden aus Stara Ladoga (Screenschot, ebay 13.2.2017) |
Auch ein US-Händer bietet im Dezember 2017 auf ebay wikingerzeitliche Artefakte an. Er schreibt dazu: "This item was found with a metal detector in the Lake Ladoga region of Russia. This item was purchased from a collector that lives in Germany. I have included a photo of the shipping box that they came in. This item was LEGALLY imported into the US." Auf Nachfrage wird deutlich, dass eine Exportgenehmigung aus dem Baltikum oder aus Russland aber nicht vorliegt (auch nicht aus Deutschland) . Die Gegenstände seien von einem Aussiedler nach Deutschland mitgebracht worden.
Wenn die Fundortangabe Staraja Ladoga korrekt ist, wurden die Funde gestohlen. 1989, was zum Teil als Funddatum angegeben wird, also zu Zeiten der UdSSR gab es keinerlei Möglichkeiten, legal Eigentum an Funden bekannter Grabungsorte zu erhalten. Auch reicht eine Rechnung nicht zur Legitimation des rechtmäßigen Besitzes aus. Funde aus Lettland dürfen nur mit Genehmigung des betreffenden Ministeriums ausgeführt werden - das sind die entscheidenden Papiere, von denen im eGun-Angebot keine Rede ist.
Wenn die Fundortangabe falsch ist, wurden sie woanders - vielleicht in Lettland - gestohlen.
Wenn die Fundortangabe falsch ist, wurden sie woanders - vielleicht in Lettland - gestohlen.
Vermutlich handelt es sich bei all den Funden - ausschließlich Metall -
um Grabfunde; einige Obekte sind aber auch in einem Siedlungskontext
denkbar. Die angesetzten Mindestpreise summieren sich auf mehrere
tausend Euro. Mit Fundkontext sind solche Funde wichtige Zeugnisse für
die Geschichte der Region, die sich im Frühmittelalter durch
weitreichende Kulturkontakte auszeichnet, die aber nur verstanden werden
können, wenn man die Funde in ihrem jeweiligen Kontext analysiert. Nur
so ist zu entscheiden, ob es sich um Importe mit Prestigebedeutung oder
alltägliche Gegenstände handelt, die ggf. vor Ort in modifizierter Weise
gebraucht worden sind.
The dealer you mention has already been written about a number of times since at least 2009: http://paul-barford.blogspot.com/2009/01/balkan-artefacts-like-manna.html, http://paul-barford.blogspot.com/2011/06/what-dealers-will-not-admit.html, http://paul-barford.blogspot.com/2014/01/balkan-antiquities-manna-on-us-market.html... etc. and just what has changed? Who is going to take this problem and do something about it?
AntwortenLöschen"Nach dem Vorbild der Roten Listen der UNESCO, jedoch ausführlicher, hat das lettische Nationalmuseum einen Katalog von Funden aus der Region erarbeitet, bei denen genauer geprüft werden muss, ob sie aus Raubgrabungen in Lettland stammen können."
AntwortenLöschenThe Red Lists were (and are still) developed by ICOM, the International Council of Museums. The are promoted by UNESCO but the work on these lists is ICOM's.
http://icom.museum/resources/red-lists-database/
Lynda Albertson
CEO, ARCA - Association for Research into Crimes against Art