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Dienstag, 30. Mai 2017

Kloster Cluny in der regionalen Siedlungsgeschichte

Das Kloster von Cluny in Burgund ist als Zentrum der cluniazensischen Klosterreform des 10. Jahrhunderts von überregionaler Bedeutung. Um 910 gegründet, wurde es durch seine gut mit dem Hochadel und dem Königsfamilie vernetzten Äbte rasch außerordentlich wohlhabend. Das Kloster erhielt zahlreiche Schenkungen und konnte Besitztümer in der Umgebung hinzu kaufen.

Cluny
(Foto: R.Schreg)


Die Lage des Klosters in einem sanften, fruchtbaren Nebental der Sâone repräsentierte möglicherweise einen idealen "locus amoenus". Schriftliche wie archäologische Quellen lassen bei einer näheren Betrachtung erkennen, dass Cluny tatsächlich in einer eher abgelegenen, marginalen Landschaft gegründet wurde.





Eine Kartierung der frühmittelalterlichen Gräberfelder, wie sie sich aus der Carte archéologique de la Gaule (Rebourg 1994) gewinnen lässt, zeigt, dass das obere Tal der Grosne um Cluny im frühen Mittelalter keine Fundstellen aufweist. Entlang der Sâone und auch im unteren Talabschnitt der Grosne nördlich von Cluny liegen beigabenführende Gräberfelder im Abstand von wenigen Kilometern, und umgeben Cluny und seinen frühen Besitz im Norden und Osten. Dieses Fehlen von Gräberfeldern ist allerdings nicht zwingend ein Indiz dafür, dass der Talabschnitt unbesiedelte Wildnis war. Der Befund deutet aber doch an, dass hier keine zentralen Bauerndörfer lagen. Wie die Siedlungsgeschichte zwischen dem Ende der Beigabensitte und der Klostergründung verlief, ist zumindest mit archäologischen Funden kaum festzustellen.

Zur Gründungsausstattung des Kloster stiftete der Herzog von Aquitanien Wilhelm I jedoch Land, das im wesentlichen zu einem Jagdrevier gehört hatte - Land also, das nicht ungenutzt war, aber einer besonderen herrschaftlichen Landnutzung unterlag.

Stellt man den frühen Klosterbesitz (Rosenwein 1989) der Kartierung der frühmittelalterlichen Grabfunde der Region gegenüber, zeigt sich, dass das Kloster vor allem abseits der alten Siedlungszentren Besitz ansammeln konnte. Nur im Nordosten erhielt das Kloster auch Schenkungen aus Landstrichen, die nach Ausweis der Grabfunde schon früher besiedelt waren.
Die kartierten Besitzungen, die das Kloster gekauft oder geschenkt bekommen hat, wurden wohl nicht erst durch das Kloster erschlossen. Sie liegen aber auffallend in den Lücken zwischen den durch Gräberfelder markierten alten Siedlungszonen. Insgesamt sind deutlich intensivere Erwerbungen nördlich des Klosters zu erkennen, die sich überwiegend an den Tälern orientieren. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Ortsbezeichung sich auf die Gemarkungen bzw. das Wirtschaftsland der in den Tälern liegenden Siedlungen liegt, sich die konkreten Grundstücke aber durchaus auch in entfernteren, evtl. höheren Lagen befunden haben können. Das ist eine Frage der räumlichen Auflösung, die eine Ortsangabe nach Bezug auf die Siedlung, leisten kann.


Frühmittelalerliche Bestattungen und hochmitterliche Besitzerwerbungen
(Graphik R.Schreg)
Gleichwohl stellt sich die Frage, weshab die Erwerbungen des Klosters Cluny vor allem jene Gebiete betreffen, die im frühen Mittelalter keine Bestattungsplätze aufweisen. Fassen wir damit das Ideal des Klosters, in der Abgeschiedenheit zu leben? Oder handelt es sich um spät aufgesiedelte Gebiete, in denen die Besitzstrukturen flexibler und unsicherer waren? Gerade im Umland von Cluny lässt sich zeigen, dass Schenkungen an das Kloster oft durch die Intention der Schenker motiviert waren, den Besitz nicht aus der Hand zu geben.  Guy Bois hat beispielsweise die Entstehung eines Immobilienmaktes postuliert, der dazu geführt hat, dass verschuldte Höfe Gefahr liefen, ihr Land verkaufen zu müssen. Eine rechtzeitige Stiftung an das Kloster mit einem Nutzungsrecht für sich und die kommenden Generationen, konnte dieses Risiko abwehren.  Waren also entweder in diesen Gebieten die Besitzansprüche weniger gefestigt als im Altsiedelland oder waren diese Gebiete wirtschaftlich riskanter und die Höfe eher verschuldet?

Die Archäologie kann dazu im Augenblick wenig beitragen. Sie muss sich darauf beschränken, die besondere Lage der Besitzerwerbungen des Klosters in der Siedlungslandschaft zu konstatieren. Genauere Untersuchungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der regionalen Siedlungen von archäologischer Seite liegen m.W. derzeit nicht vor. Die relativ detaillierte schriftliche Überlieferung zu Lournand lässt aber Mitte des 10. Jahrhunderts eine stattliche Siedlung mit 75 Gütern erkennen, die überwiegend auf Ackerbau beruhte, aber auch über Weinberge verfügte. Im Ort spielten wohl Kleinbauern eine wichtige Rolle. Das sind wesentliche Charakteristika der Siedlungen im Altsiedelland, die zeigen, dass die Erwerbungen des Klosters in dieser Region nicht etwa ärmliche, erst jüngst gegründete Ausbausiedlungen betrafen.

Literaturverweise

  • G. Bois, Umbruch im Jahr 1000. Lournand bei Cluny - ein Dorf in Frankreich zwischen Spätantike und Feudalherrschaft (München 1999). 
  •  A. Rebourg, Saône-et-Loire, Carte archéologique de la Gaule 71/4 (Paris 1994)
  •  B. H. Rosenwein, To be the neighbour of Saint Peter. The social meaning of Cluny's property 909-1049 (Ithaca 1989)
  •  R. Schreg, Mönche als Pioniere in der Wildnis? Aspekte des mittelalterlichen Landesausbaus. In: M. Krätschmer, Marco/ K. Thode/ C. Vossler-Wolf, Christina (Hrsg.), Klöster und ihre Ressourcen. Räume und Reformen monastischer Gemeinschaften im Mittelalter. RessourcenKulturen (Tübingen 2017 in Vorber.)

Freitag, 26. Mai 2017

Vermessung unter Tage: aktuelle Geländearbeit um Caričin Grad

Die laufenden Untersuchungen zur spätantiken Stadt Caričin Grad, die das RGZM mit dem Archäologischen Institut in Belgrad und vielen weiteren Partnern durchführt, versuchen, die Lebensgrundlagen der Stadt zu erforschen. Dazu schauen wir auch in das Umland und fragen nach den wirtschaftlichen Grundlagen der Stadt. Dabei sind auch Relikte alten Bergbaus in den umliegenden Bergen ins Blickfeld geraten. Bereits im vorigen Jahr haben wir gemeinsam mit dem Deutschen Bergbaumuseum in Bochum einige Geländerelikte des Bergbaus inspiziert. Dabei gab es neben mittelalterlichen und römischen Bergbauspuren auch Hinweise auf prähistorischen Bergbau. Im Mai dieses Jahres sind wir nun zurück gekommen, um ein einzelnes Bergwerk exemplarisch genauer zu dokumentieren und möglichst zu datieren.

Römische Mine bei Lece
(Foto: R. Schreg)

Der Stollen bei Lece liegt auf dem Gelände einer Minengesellschaft, die mit 450 Beschäftigten in Serbien einen Betrieb mittlerer Größe darstellt. Die Mine gilt als die goldreichste in Europa, doch werden vor allem Blei und Silber abgebaut.  Mit tatkräftiger Mithilfe der Minengesellschaft - sie sorgte für Sicherheit im Stollen und unterstützte die Vermessungsarbeiten - war es möglich, das Bergwerk mit moderner Technologie zu dokumentieren. Wir konnten dazu auf ein neu entwickeltes Gerät, einen 3D-Pilot der DMT-Group aus Essen zurückgreifen. Im Rahmen einer Diplomarbeit an der Hochschule Mainz wird aus den erhobenen Daten ein digitales 3D-Modell erarbeitet. 

Holzrutsche in einem Bergwerk bei Lece
(Foto: R. Schreg)
Der Stollen des Zugangsbereichs den zeigt klassischen Querschnitt römischer Bergwerke, während die Fortführung in das Mittelalter gehören dürfte. Unterlagen der Minengesellschaft zeigen, dass hier noch im 20. Jahrhundert gearbeitet wurde. Wir dokumentieren die vermutlich älteren Bereiche, zumal weitere Stockwerke aus Sicherheitsgründen nicht zugänglich sind.
Ergänzend wurde mit einer Drohne die umliegende Topographie aufgenommen, wo sich oberhalb des Stollens weitere Bergbauspuren zeigen. Auch hier überlagern sich Aktivitäten verschiedener Zeiten, Nur wenig entfernt, an einer anderen Seite des Berges konnten wir im vorigen Jahr auch Spuren wohl vorgeschichtlichen Bergbaus erfassen.
Mit unseren aktuellen Untersuchungen lässt sich die für unser Projekt entscheidende Frage, nämlich ob hier auch im 6. Jahrhundert Erze abgebaut wurden und ein Teil der Lebensgrundlage der nur 10 km entfernten Stadt Caričin Grad/ Justiniana Prima, waren, wohl nicht klären. Zwar konnten wir einige hölzerne Reste in den Stollen für eine Datierung mittels Dendrochronologie bzw. Radiocarbonmethode beproben, doch rechnen wir hier eher damit, dass sie in deutlich jüngere Perioden fallen. An einer zweiten Mine bei Tulare allerdings konnten wir ein Grubenholz bergen, das nach derzeitiger Einschätzung bessere Chancen hat, noch in die Antike zu datieren.

Die Bergbauregion hat auf serbischer Seite bisher kaum Aufmerksamkeit gefunden - etwas besser sieht es jenseits der Grenze des Kosovo aus, wo sich ein anderes Team des Bergbaumuseums in Bochum sich seit einigen Jahren für die Bergbauspuren um Ulpiana/ Justiana Secunda interessiert. Ein wesentliches Ziel unserer jetzigen Aktivitäten ist es nicht zuletzt, die Grundlagen für ein Forschungskonzept zu entwickeln, mit dem sich Drittmittel einwerben lassen und intensivere Forschungen aufgenommen werden können. Eine effektive Dokumentation, wie sie der getestete 3D-Pilot verspricht, wird dabei grundlegend sein.

Links


Korrekturvermerk (29.5.2017): 
DMT in Essen, nicht Bochum

Freitag, 19. Mai 2017

Eine Zukunft in Aleppo?!

Mamoun Fansa /  Carola Simon / Lena Wimmer (Hrsg.)
Strategies to rebuild Aleppo
Mainz: Nünnerich-Asmus-Verlag 2017

120 Seiten, 74 Abbildungen, Broschur
englisch

ISBN: 978-3-945751-96-1

€ 17,90 (D) / sFr 17,90 / € 18,40 (A)

Im Frühjahr 2017 ist die Belagerung Aleppos durch die Regime-Truppen zu Ende gegangen, die Kämpfe in der Stadt haben erst Mal aufgehört. Aber die einst prächtige Stadt ist zerstört, viele der Bewohner sind geflohen.

Aleppo im Dezember 2016
(Foto: Russ. Verteidigungsministerium/
Министерство обороны Российской Федерации
[CC BY 4.0] via WikimediaCommons)
Aleppo im Dezember 2016
(Foto: Russ. Verteidigungsministerium/
Министерство обороны Российской Федерации
[CC BY 4.0] via WikimediaCommons)
Zahlreiche aktuelle Bilder aus der Stadt zeigen das Ausmaß der Zerstörung, die kaum Wohnraum oder städtische Infrastrukturen zurück gelassen hat. Ein Wiederaufbau ist hier dringend von Nöten, doch da der Konflikt noch nicht beendet ist, ist das ein schwieriges Unterfangen. In Aleppo hat derzeit das syrische Regime den Sieg davon getragen, das zu unterstützen der Westen nicht bereit ist. 

Schon im April 2016 hat in Berlin am Deutschen Architekturzentrum (DAZ) eine Tagung stattgefunden, die sich mit den Möglichkeiten eines Wiederaufbaus befasst hat.

Vor dem Krieg war Aleppo ein Musterbeispiel einer Stadtsanierung unter Beteiligung der Einwohnerr. In den 1980er Jahren war die Altstadt von Aleppo von einer massiven Abwanderung betroffen. Die Anerkennung der Altstadt von Aleppo als UNESCO-Weltkulturerbe konnte diesen Prozess nur bedingt aufhalten. Seit den 1990er Jahren bis 2010 wurden etwa 90% der Altstadt saniert. Dabei wurden gezielt die Einwohner eingebunden. Darüber berichtet der einleitende Beitrag von Franziska Laue, "Aleppo Archive in Exile" (S. 22ff.). Als Aleppo Archive wird das Urban Historical Archive and Documentation Center ( UHADC) bezeichnet, das als Abteilung der Stadtverwaltung von Alt-Aleppo die Sanierungsarbeiten, Forschungen und Stadtentwicklung koordiniert hat. Der Beitrag stellt auch dar, wie seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges die Arbeiten eingestellt wurden, zugleich aber von Deutschland aus versucht wurde, das Netzwerk zu erhalten und auszubauen. Den umfangreichen digitalen Datenbestand des Aleppo Archive hat 2016 das Deutsche Archäologische Institut in seine Obhut genommen.

Die jetzige Initiative baut auf den Arbeiten des UHADC auf, dessen Daten wichtige Grundlagen für die künftigen Planungen sein werden. Die langfristigen Ziele sind (S. 14):
  • Eine Wiederherstellung der Altstadt nach dem Krieg. Dabei soll die Stadt als Ganzes betrachtet werden, also auch die Neustadt in die Überlegungen und Maßnahmen einbezogen werden.
  • Ene Rekonstruktion der Altstadt. Alte und neue Strategien, aber auch die historischen Quellen sollen die Grundlage dafür sein.
  • Ein Wiederuafbau der Neuustadt, der auf die Altstadt bezogen werden soll.
  • Eine Einbeziehung der Archäologie in den Planungsprozess und Durchführung von Ausgrabungen, um Kenntnisse über die älteren Stadtepochen zu erhalten. 
  • Die Beteiligung der Einwohner der Altstadt, für die zunächst provisorische Wohnungen auf Freiflächen außerhalb der alten Stadtbefestigung errichtet werden sollen.
  • Wiederbelebung des traditionellen Handwerks, das sowohl für den Wiederaufbau als auch für die Identität der Menschen von Bedeutung ist
  • Werbung für eine Berücksichtigung des Kulturerbes und der Identität der Altstadt
In mehreren Interviews ("Discussing Aleppo")  kommen verschiedene Architekten und Archäologen zu Wort, die ihre persönliche Sicht erläutern.

Das Bändchen - eher eine Hochglanzbroschüre - ist ein wichtiges Signal der Hoffnung für die Menschen in Aleppo. Es wirbt dafür, den Wiederaufbau wohl durchdacht und unter Betiligung der Bevölkerung vozunehmen. Bislang ist es nur eine Hoffnung, dass dies bald geschehen kann. Zwar laufen erste Wiederaufbaumaßnahmen bereits an, doch erfolgen diese unter dem Assad-Regime,, mit dem vom Westen keine Kooperation gewollt ist (die Altertumsbehörde macht da eine bemerkenswerte Ausnahme). So bleibt die Ungewissheit, ob es die politischen Voraussetzungen geben wird, um die Ideen und Ergebnisse vor Ort tatsächlich rechtzeitig einzubringen.




Inhaltsverzeichnis
  • Introduction
  • Welcome
  • Manifesto & Purpose
  • Who should participate in the reconstruction of Aleppo?
  • How should we start to reconstruct / rebuild / redevelop Aleppo?
  • Aleppo Archive in Exile (Franzsika Laue)
  • Summary of the panel discussions
  • Open discussion (Interviews)
  • Discussing Aleppo
  • Biographies
  • Past / present / future of Aleppo - an exhibition
  • Abbreviations
  • Participants of the conference
  • Acknowledgments
  • Imprint
 

Links


Freitag, 12. Mai 2017

GESUCHT: Mittelalterliche Textamulette

ein Beitrag von Konrad Knauber
 - for an English version see here

Seit Herbst 2015 gibt es am Heidelberger Sonderforschungsbereich 933 „Materiale Textkulturen“ ein Projekt, das sich mit „Magischer Schriftlichkeit und ihrer Deponierung in mittelalterlichen Gräbern“ beschäftigt. Das Ziel ist die Sammlung und Kontextualisierung physisch erhaltener Textträger aus archäologischem Befund, die in den Bereich der Magie und Volksreligion des christlichen Mittelalters gehören. Bereits nach kurzer Zeit ist hierbei eine Gruppe von Objekten in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, die bislang wenig erforscht ist und doch in großen Teilen Europas verbreitet gewesen sein dürfte. Es handelt sich um christlich geprägte Textamulette, die mit Bibelzitaten, Gebeten, Segenssprüchen oder Beschwörungen beschriftet und z. T. deutlich individualisiert wurden. Bestandteile dieser Formeln finden sich in einer großen Zahl vor allem medizinischer Handschriften, die in klösterlichen Skriptorien zirkulierten und als Vorlagen für die Anfertigung schutzbringender Artefakte gegen Krankheiten, dämonische Einflüsse und Unheil aller Art dienten.


Abb. 1 
Noch zusammengefaltetes Amulett von der Burg Drevic (CZ), die unbeschriftete Außenseite fehlt (links im Fundzustand). Erkennbar sind die Passagen callidi diaboli (Z. 2: „…des listigen Teufels…“), Adiuro albis (Z. 4: „Ich beschwöre dich, ‚Elf‘…“) und et spiritum sanc[tum] (Z. 5: „und [beim] heiligen Geist…“). Romanische Minuskelschrift des 11./12. Jh.; zusammengefaltete Größe ca. 3,5 x 4,2 cm. (Fotos: Z. Šámal / D. Blažek)


Auch wenn andere Schreibmaterialien (vor allem Pergament, s. Abb. 3) vorkamen und in bestimmten Regionen deutlich verbreiteter gewesen sein dürften, sind beschriftete Bleibleche aufgrund ihrer Dauerhaftigkeit und des Einsatzes von Metallsonden doch die Fundgruppe, bei der der größte Zuwachs zu erwarten ist. 2013 erschien eine erste Monographie von Arnold Muhl und Mirko Gutjahr, die acht Bleiamulette aus dem Untersuchungsgebiet Sachsen-Anhalt  beinhaltet und weitere 80 verwandte Objekte in ganz Europa –von der Spätantike bis zum Ausgang des Mittelalters- auflistet. Darunter sind sowohl am Körper getragene Amulette als auch andere Stücke, die nach Form, Größe und Textinhalt dazu gedacht waren, Häuser, Gräber oder andere Orte zu beschützen. Dabei zeigen sich neben regionalen Besonderheiten auch deutliche Lücken in der Verbreitung (v.a. Westeuropa und der alpine Raum, wo es aber durchaus entsprechende Texte in Manuskripten gibt), deren Zustandekommen momentan ebensogut mit der Verwendung vergänglicher Materialien wie mit der desolaten Forschungssituation erklärt werden kann, da das Thema exakt zwischen Archäologie, Epigraphik und Manuskriptforschung liegt und die Objekte im Fundzustand meist klein zusammengefaltet sind und unscheinbar bzw. unbeschriftet  wirken. Auf gezielte Nachforschung hin tauchen kontinuierlich entweder neu gefundene oder erst im Nachhinein erkannte bzw. bislang unbearbeitete Textamulette auf, sodass beispielsweise ein erster Fund in Tschechien (s. Abb. 1) demnächst publiziert wird und in Sachsen-Anhalt die Zahl binnen vier Jahren auf ca. 20 bekannte Stücke angewachsen ist (s. Abb. 2).

Abb. 2
Detail eines entfalteten Bleitäfelchens aus der Wüstung Seelschen bei Ummendorf (Lkr. Börde) unter polarisiertem Licht: Erkennbar sind die Worte ar/chang(e)los (Z. 1), m(arty)res (Z. 2), fa/mule d(e)i hazzg[a] (Z. 3.: „der Dienerin Gottes Hazzga“). Die Buchstabenhöhe beträgt ca. 1,5 mm; am Ende der Inschrift steht die Jahreszahl „1070“.
(Foto K. Knauber)


Im Hinblick auf die laufende Promotion würde ich mich freuen, möglichst viele noch un- oder wenig bekannte Amulette erfassen zu können. Einzelne Sammlungen und auch ehrenamtliche Sondengänger wurden von mir und hilfsbereiten Kollegen bereits sensibilisiert; flächendeckend und europaweit ist das aber in der Projektlaufzeit nicht zu leisten. Daher wäre ich für die Verbreitung dieses Aufrufs sehr dankbar und nehme Rückfragen und Rückmeldungen gerne unter der folgenden Mailadresse entgegen:
  • konrad.knauber [at] zaw.uni-heidelberg.de

Weitere Informationen finden Sie auch in der Projektbeschreibung (englisch/deutsch) und in einem einführenden Artikel (deutsch), der im Herbst 2016 im SPEKTRUM Sonderheft „Die Magie der Schrift“ erschienen ist und den ich Nicht-Academia-Mitgliedern auch gerne als .pdf zuschicke.

Abb. 3
Pergamentamulett der „Dobrozlava“ (14. Jh.) gegen das Viertagesfieber (Malaria?), gefunden bei Renovierungsarbeiten in der Georgsbasilika in Prag um 1900.

(nach V. J. Nováček, Amulet ƶe XIV. století, naleƶený v chrámu sv. Jiří na Hradě Praƶ̌ském, Český lid 10,/5, 1901, 353-354)




Links


Literatur

  • Katerina Blažková / Zdenek Šámal / Daniela Urbanová / Konrad Knauber / Dalibor Havel, Stredoveký olovený amulet z hradište Drevíc (k. ú. Kozojedy, o. Rakovník) / A medieval lead amulet from the Drevíc hillfort in Central Bohemia. Archeologické rozhledy 69, 121-142 (im Druck).
  • Klaus Düwel, Mittelalterliche Amulette aus Holz und Blei mit lateinischen und runischen Inschriften, in: Volker Vogel (Hg.), Ausgrabungen in Schleswig 15, Neumünster 2001.
  • Arnold Muhl / Mirko Gutjahr, Magische Beschwörungen in Blei. Inschriftentäfelchen des Mittelalters aus Sachsen-Anhalt (Halle [Saale] 2013).
  • Monika Schulz, Beschwörungen im Mittelalter. Einführung und Überblick (Heidelberg 2003).
  • Don Skemer, Binding Words. Textual Amulets in the Middle Ages (University Park 2006).





Konrad Knauber ist Mitarbeiter im SFB 933 "Materiale Textkulturen" am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Heidelberg und promoviert dort im Teilprojekt A03 "Materialität und Präsenz magischer Zeichen zwischen Antike und Mittelalter" zum Thema "Magische Schriftlichkeit und ihre Deponierung in mittelalterlichen Gräbern".

WANTED: Medieval textual amulets

by Konrad Knauber

In autumn of 2015 a new project at the CRC 933 ‘Material Text Cultures’ (Heidelberg University) was started, dealing with ‘magical inscriptions and their deposition in mediaeval graves’. It aims at collecting and contextualizing text-carrying artefacts from the archaeological record connected to the sphere of magic and folk religion of the Christian Middle Ages. Since the initial project phase the main focus turned to an as-yet under-researched group of objects that were nonetheless probably quite common in wide parts of Europe: textual amulets with Christian influence, containing quotes from the Bible, prayers, blessings and incantations, sometimes appearing in very personalized versions. Elements of these textual formulas can be found in a great number of mostly medicinal manuscripts, which circulated throughout the monastic scriptoria and served as blueprints for the fabrication of protective artefacts against diseases, demonic influence and various other calamities.


fig. 1
Folded amulet from Drevic hillfort (CZ) with missing uninscribed outer face (finding situation on the left). Recognizable passages are callidi diaboli (line 2: ‘…of the cunning devil…’), Adiuro albis (line 4: ‘I conjure you, “elf”…’) and et spiritum sanc[tum] (line 5: ‘and [through] the Holy Spirit…’). Romanic minuscule of the 11th/12th cent. AD; folded size approx. 3,5 x 4,2 cm.

(photos by Z. Šámal / D. Blažek)


Although there were other writing materials (mostly parchment, see figure 3) in use and possible more common in certain regions, inscribed sheets of lead seem to be the find group with the most promise for a rise in numbers, since they are durable and reactive to metal detecting. In 2013, Arnold Muhl and Mirko Gutjahr wrote a first monography on the subject focusing on eight lead amulets from the federal state of Saxony-Anhalt (Germany), enlisting also 80 more comparable objects from all across Europe, dating from Late Antiquity to the end of the Middle Ages. Among them are amulets worn on the body as well as other pieces which, guessing from form, size or textual content, were rather meant to be protecting houses, graves or other fixed locations. The overview does not only show some regional distinctions, but also massive gaps in the general distribution (mainly western Europe and the Alps, though there are corresponding manuscript sources from these areas). For the moment, those might be explained with the use of organic writing materials just as well as with the poor general state of research, as the subject is placed in between archaeology, epigraphy and codicology, and the objects are mostly folded down to a small size in their finding state and often appear inconspicuous or uninscribed. Specific investigation regularly brings up newly found or unrecognized/unedited amulets: a new find from Czechia (fig. 1) will be published in the next months and, within four years, the number of known amulets from Saxony-Anhalt has risen to about 20 examples (fig. 2).
fig. 2
Detail of an unfolded lead tablet from the abandoned settlement of Seelschen near Ummendorf (Börde district, Germany) under polarized light: Recognizable words are ar/chang(e)los (line 1), m(arty)res (line 2), fa/mule d(e)i hazzg[a] (line 3: ‘the servant of God Hazzga’). Letter size is approx.. 1,5 mm; at the end of the inscription the year ‘1070’ is given.
(photo by K. Knauber)



With my ongoing dissertation in mind, I would be happy to include as many new or lesser known amulets as possible. With the help of some interested colleagues, several institutions as well as honorary field workers have been sensibilized towards the subject, but the same cannot be achieved by myself in the wider field of Europe in the remaining time for the project. Therefore I would be very grateful if you share this ‘call for finds’ with anyone interested and would gladly receive your any ideas and questions via the following email address:
  • konrad.knauber [at] zaw.uni-heidelberg.de

You can find more information in my project description (English/German) and in an introductory article (German), which appeared last autumn in the German journal SPEKTRUM, special issue “Die Magie der Schrift”. If you don’t have access to academia.edu, please contact me and I will send you a pdf.

fig. 3
Parchment amulet for ‘Dobrozlava’ (14. Jh.) against the four days fever (malaria?), found during renovation work at St. George’s basilica in Prague around 1900.
(after
V. J. Nováček, Amulet ƶe XIV. století, naleƶený v chrámu sv. Jiří na Hradě Praƶ̌ském, Český lid 10,/5, 1901, 353-354)



Links

German version of this post:

Further reading

  • Katerina Blažková / Zdenek Šámal / Daniela Urbanová / Konrad Knauber / Dalibor Havel, Stredoveký olovený amulet z hradište Drevíc (k. ú. Kozojedy, o. Rakovník) / A medieval lead amulet from the Drevíc hillfort in Central Bohemia. Archeologické rozhledy 69, 121-142 (in print).
  • Klaus Düwel, Mittelalterliche Amulette aus Holz und Blei mit lateinischen und runischen Inschriften, in: Volker Vogel (Hg.), Ausgrabungen in Schleswig 15, Neumünster 2001.
  • Arnold Muhl / Mirko Gutjahr, Magische Beschwörungen in Blei. Inschriftentäfelchen des Mittelalters aus Sachsen-Anhalt (Halle [Saale] 2013).
  • Monika Schulz, Beschwörungen im Mittelalter. Einführung und Überblick (Heidelberg 2003).
  • Don Skemer, Binding Words. Textual Amulets in the Middle Ages (University Park 2006).




Konrad Knauber is a PhD candidate at Heidelberg University. Within the SFB 933 "Materiale Textkulturen" his research deals with magic signs and text deposited in medieval burials.

Montag, 8. Mai 2017

Klimawandel und Nahrungsmittelpreise - ein interdisziplinärer Blick zurück


J. Esper/ U. Büntgen/ S. Denzer/ P.J. Krusic/ R. Schäfer/ R. Schreg/ J. Werner: Environmental drivers of historical grain price variations in Europe.
Climate Research 72, 2017, 39–52



In der Diskussion um die Bedeutung des Klimas für die Geschichte werden sehr oft und pauschal Zusammenhänge postuliert, indem etwa "Klimaverschlechterung" für wirtschaftliche Schwierigkeiten verantwortlich gemacht wird. Tatsächlich ist dies viel zu simpel. Die Zusammenhänge von Klima und Geschichte sind höchst komplex, da Gesellschaften unterschiedlich vulnerabel oder resilient gegen Krisen sein können. Was für die einen schlecht ist, kann für andere eher vorteilhaft sein. So sind beispielsweise die Anlage und Verteilung der Felder, aber auch Systeme der Vorratshaltung oder der Solidarität historisch-kulturell bedingte Rahmenbedingungen, die die Folgen des Klimawandels in einem gewissen Rahmen puffern können.  Problematsch sind das Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren sowie die Auswirkungen von Schwellenwerten aber auch die handlungsleitenden Weltbilder der Menschen. Reaktionen auf Klimawandel sind - wie heute die Trump-Administration demonstriert - nicht immer rational und möglicherweise sogar eher kontraproduktiv.
Um die Zusammenhänge zwischen Klima und Geschichte zu erfassen, bedarf es also einer Überprüfung, wie Klimawandel und historische Entwicklungen konkret zusammenhängen. Ein wichtiger Mittler dazu können Nahrungsmittelpreise sein, da sie prinzipiell Ernteschwankungen abbilden können. Solche Überlegungen waren der Anlass, für eine Studie auf Preisreihen zurück zu greifen, wie sie die Wirtschaftsgeschichte schon seit langem zusammen gestellt hat.

Roggen
(Foto: Alupus [CC BY SA 3.0] via WikimediaCommons)
Schwankungen der Getreidepreise waren ein Charakteristikum der europäischen Wirtschaftsgeschichte. Schon lange hat die Forschung daher Preisangaben für Gerste, Roggen und Weizen gesammelt. Trotzdem fehlt es an einem tieferen Verständnis der Zusammenhänge zwischen der Preisentwicklung und klimatischen oder umweltbedingten Faktoren. Immer wieder war von Historikern gewarnt worden, solche Preisserien als Ausdruck genereller Konjunkturen heranzuiziehen, da sie oft lokalen politischen Einflüssen unterworfen waren und so hochgradig regional beeinflusst sein können. Mit der Betrachtung der Preise erfassen wir dennoch einen Faktor, der sehr direkt von den Ernteerträgen und der jährlichen Witterung abhängt. Die Notwendigkeit, regionale politische Faktoren auszufiltern und langfristige Trends im Vergleich mit den klimatischen Entwicklungen zu erfassen, führt zu einer primär statistischen Analyse der Datenserie.

Korrelation historischer Getreidepreise und klimatischen Entwicklungen

Jahrringe spiegeln die klimatische Entwicklung
(Foto: R. Schreg)
Ausgangspunkt war also das Problem, die beobachtbaren Korrelationen von Umweltfaktoren und langfristigen sozialen Prozesse enger aufeinander zu beziehen. Getreidepreise erweisen sich hier als guter Proxy. Der neu erschienene Artikel nutzt historische Preisreihen aus 19 Städten aus Mittel- und Südeuropa aus dem Zeitraum vom 14. bis zum 18. Jahrhundert.  Wir haben dazu alte Sammlungen spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Getreidepreise digitalisiert und mit den dendrologisch gewonnenen Klimakurven abgeglichen. Mittels GIS lassen sich regionale, politisch bedingte "Anomalien" ausfiltern.

Die darin auf einer zeitlichen Auflösung von einem Jahr bis zu mehreren Jahrzehnten erkennbare räumliche Variabilität wurde mit der Rekonstruktion der Sommertemperatur und hydroklimatischen Bedingungen verglichen, wie sie sich anhand dendrologischer Untersuchungen in Finnland ergeben. Diese Serie spiegelt sehr gut die Großwetterlagen in West-, Mittel- und Südeuropa wieder.
 

Kriege überlagern Umweltfaktoren

Direkte Korrelationen zwischen historischen Getreidepreisen und rekonstruierten Trockenheitsindices sind zwar gering; konzentriert man sich aber auf Extremereignisse ergeben sich deutliche Hinweise auf eine klimatische Beeinflussung großer Preisschwankungen. Unter Normalbedingungen sind also in der Tat politische Entwicklungen wichtiger als klimatische Einflüsse. Während ausgeprägter Trockenperioden erweisen sich Getreidepreise aber als extrem hoch und während Feuchtphasen extrem niedrig.  Die Getreidepreise in Europa sind eng mit Hungersnöten und Ernährungsengpässen verbunden, die zudem mit regionalen Sommerdürren zusammen.  Der normale Witterungsverlauf zeigt hingegen kaum eine Korrelation mit Preisen, nur größere Witterungsevents wirken sich auf Ernten und Getreidepreise aus. Zudem zeigt sich aber, dass Schwankungen der Getreidepreise durch mittelfristige Temperaturtrends beeinflusst werden.

Ein Ergebnis, das in dem Artikel besonders hervorgehoben wird: In Kriegszeiten schaft sich der Mensch so viel eigene Probleme, dass diese dann den klimabedingten Stress überlagern. Der Einfluß der Sommertemperaturen ist nach dem 30jährigen Krieg im Zeitraum von 1650 bis 1750 besonders stark. Während Kriegsperioden sind die Korrelationen zwischen den verschiedenen Regionen relativ gering, während sie danach immer wieder zunimmt. Während der Unruheperioden werden klimatische Faktoren von soziokulturellen zurück gedrängt und zeigen größere regionale Variabilität.
So zeigt sich gesellschaftlich/politische Faktoren und Umweltfaktoren komplex ineinandergreifen. In Friedenszeiten kommen Umweltfaktoren stärker zum Tragen als während Kriegen.
 

Archäologie als Mittler zwischen Historikern und Geowissenschaftlern

Auf den ersten (und wohl auch auf den zweiten) Blick hat das wenig mit Archäologie zu tun. Und dennoch war hier die Archäologie hier als Mittler zwischen Klimaforschern und Historikern ganz grundlegend. Letztlich war es nicht möglich, wie ursprünglich beabsichtigt, einen archäologischen Datensatz zur Siedlungsentwicklung mit der nötigen chronologischen Auflösung in die Überlegungen mit einzubeziehen, aber die traditionell engen Beziehungen der Archäologie sowohl zu den Natur- wie zu den Geschichtswissenschaften waren für die interdisziplinäre Verständigung außerordentlich hilfreich.
Der verfolgte methodische Ansatz hat weitere vertiefende Forschungspotentiale. Man wird nicht nur den Datensatz durch die Aufnahme weiterre Preisreihen noch ausbauen und regional differenzieren können, sondern auch versuchen können, weitere Faktoren ins Spiel zu bringen. Sind die Preisschwankungen in primär auf Getreidebau orientierten Landschaften anders als in Regionen mit stärkerer Viehwirtschaft? Lässt sich vielleicht eine Resilienz bestimmter Anbaupraktiken und Siedlungssysteme nachweisen? 
Hier kommen die historische Geographie sowie die Archäologie wieder stärker ins Spiel. Aufgrund der relativ schlechten chronologischen Auflösung, die man beispielsweise für die Datierung für Wüstungen erreichen kann, dürfte hier den räumlichen Korrelationen eine größere Bedeutung zukommen als den chronologischen.

Kurz: Schon allein das Nachdenken über Zeitreihen und langfristige Prozesse, wie es sich aus der Landschafts- und Umweltarchäologie ergibt, hat insofern einen Mehrwert, als es auch über das Fach hinaus Forschung anregen kann.

Links

Sonntag, 7. Mai 2017

US-Innenministerium stellt den Schutz archäologischer Monumente zur Disposition

Per Dekret hat POTUS D. Trump die Liste der nationalen Denkmäler zur Disposition gestellt. In einer Anhörung soll die Öffentlickeit über den weiteren Schutz abstimmen: Sachargumente haben dabei nur noch untergeordnete Bedeutung.  Argumentiert wird von Seiten der Republikaner unter anderem damit, dass der Bund damit Land besetze und beschlagnahme, was jedoch eine Verdrehung der Tatsache darstellt, dass der 1906 eingeführte Antiquities Act, um den es hier geht, prinzipiell nur für ohnehin schon in Staatsbesitz befindliches Land gilt. Auf Privatbesitz ist damit kein Schutz möglich.
Anasazi-Fundstelle "House on Fire Ruin" im upper Mule Canyon,
Teil des neuen Bears Ears Nationaldenkmals
(Foto:  snowpeak   [CC BY 2.0] via  Wikimedia Commons)
Explizit werden wirtschaftlche Interessen als möglicher Grund für eine Streichung der Monumente angeführt. Insbesondere stehen die seit 1996 ausgewiesenen Monumente auf dem Prüfstand.  21 Monumente, darunter Bears Ears werden explizit genannt.

Hier scheint es wichtig, dass bei der öffentlichen Anhörung sich auch die Wissenschaft einbringt!
Ab 12. Mai sollte die Anhörung unter https://www.regulations.gov/searchResults?rpp=25&po=0&s=DOI-2017-0002&fp=true&ns=true zugänglich sein.



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Samstag, 6. Mai 2017

Lebenslänglich für Raubgräber und Antikenhehler

Ägypten setzt die Strafen auf Raubgrabungen und illegalen Antikenhandel hoch:
Das Gesetz muss noch vom Parlament gebilligt werden.
Der Artikel verweist explizit auf den Fall  der deutschen "Hobbyforscher", die 2013 eine Kartusche in der  Cheopspyramide ohne Genehmigung "beprobt" und beschädigt haben sollen.

Donnerstag, 4. Mai 2017

Fünf Jahre Syrienberichte

Der Bürgerkrieg in Syrien dauert bereits mehr als 6 Jahre an. Im April 2011 setzte das Regime Truppen gegen Demonstranden ein. Erstmals wurde der Konflikt im Mai 2012 ein Thema auf Archaeologik, als syrische Truppen die Kreuzfahrerburg Krak des Chevaliers beschädigten. Waren dies noch Kollateralschäden der Kampfhandlungen so kam mit dem Erstarken des Daesh/IS bald die systematische Kulturgutzerstörung hinzu. Wie fast überall, wo die staatliche Autorität zerbricht, nahmen Plünderungen ein dramatisches Ausmaß an. gemessen an den zahllosen Raubgrabungslöchern, die aus Luftbildern und Berichten bekannt geworden sind, ist bisher relativ wenig auf dem Markt aufgetaucht. Wahrscheinlich sind viele Objekte noch zwischengelagert, ehe sie, ggf. auch restauriert und mit Fake-Papieren mit Gewinnsteigerung auf den Markt geworfen werden. Allerdings ist in den USA auch seit 2011 anhand der Statistiken des Zolls eine deutliche Steigerung der Einfuhr von Antiken aus dem Nahen Osten zu beobachten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich in diesen Lieferungen sehr viele Raubgrabungsfunde der letzten Jahre befinden. Selbst wenn - wonach es immer noch nicht aussieht - der Bürgerkrieg rasch beendet und Daesh geschlagen sein sollte, werden die Plünderungen noch lange auf der Tagesordnung bleiben müssen. Die Schäden für die Erkenntnis der Vergangenheit sind jetzt schon irreparabel: Verlorenes Wissen, noch bevor es gewonnen werden konnte.
Beim ersten Blogpost hätte ich nie gedacht, dass mich das Thema so lange und so regelmäßig auf Archaeologik beschäftigen würde - zumal ich als Mittelalterarchäologe davon in meiner Arbeit nur randlich davon betroffen bin. Nach wie vor finde ich es bedauerlich, dass letztlich doch nur relativ wenige Kollegen, die sehr viel mehr mit den betroffenen Regionen befasst sind und sich dort auch wesentlich besser auskennen als ich, diese Kulturgutzerstörung thematisieren.

Die Archaeologik-Beiträge zu Syrien und Irak 

Als Überblick seien hier erneut die Beiträge zum Krieg in Syrien und  Irak, die auf Archaeologik seit 2012 bzw. 2014 erschienen sind, aufgelistet.

2017

2016

2015
2014
Säulenstraße in Apameia (2008)
(Foto: von Effi Schweizer [Public domain], Wikimedia Commons)
2013
2012

Links



Mittwoch, 3. Mai 2017

Kulturgut in Syrien und Irak im April 2017

Rückeroberung von Hatra im Irak

Im Frühjahr 2015 war die antike Stadt Hatra im Irak in die Hände des Daesh gefallen, der bald darauf ähnlich wie in Palmyra propagandistisch Zerstörungen in Szene gesetzt hat (vergl. IS-Zerstörungen in Hatra - ein neues Propaganda-Video. Archaeologik (4.4.2015).

 Das Museum in Mosul

Entsetzliche Bilder aus dem Museum von Mosul, in dem Daesh eine seiner ersten Kulturgutzerstörungen inszeniert hatte.


Wiederaufbau

Aleppo: Wiederaufbau

Aus Aleppo gibt es erste Meldungen über Wiederherstellungsmaßnahmen. Dabei geht es selbstverständlich noch nicht um denkmalpflegerische Maßnahmen, sondern um die Sicherung notwendiger Infrastrukturen.

Nimrud


Damaskus: Nationalmuseum unter Beschuß

Wie sich im Vormonat angedeutet hat, gerät Damaskus stärker ins Kriegsgeschehen. Die bisher als sicher erachtete Lage des Nationalmuseums geriet am 5. April erstmals unter Beschuss, wobei zunächst keine Schäden entstanden sind.

Raubgrabungen bei Hama


weitere Schadensmeldungen


Maßnahmen

Ausstellung in Damaskus über die Arbeit der syrischen Altertumsbehörde DGAM

Restaurierungsarbeiten

Im Gegensatz den oben genannten Wiederaufbauplänen in Aleppo und Mossul laufen an verschiedenen Orten bereits Restaurierungsarbeiten. Das zeigen mehrere Anfang April auf YouTube eingestellte Videos der Tourismusbehörde.

Die Türkei finanziert den Wiederaufbau von Moscheen - von denkmalpflegerischen Aspekten ist hier nicht die Rede.


Erklärung der G7-Kulturminister

Sonstige Berichte/ Interviews

Links

frühere Posts zum Bürgerkrieg in Syrien auf Archaeologik (u.a. monatliche Reports, insbesondere Medienbeobachtung seit Mai 2012), inzwischen auch jeweils zur Situation im Irak

Dank an diverse Kollegen für Hinweise und Übersetzungen.