Am 29.8. traf sich auf Einladung der UNESCO in Paris eine Expertenrunde (mit Vertretern von ICCROM, ICOM; ICOMOS; Interpol, EU, WCO), um über die Lage in Syrien zu beraten.
- bei 'Protect Syrian Archaeology': https://www.facebook.com/apsa2011/posts/473173042789812:0
Irina Bokova, Generaldirektorin der UNESCO betont, dass es nicht um die Wahl zwischen humanitärer Hilfe und Bemühungen um das Kulturerbe geht, sondern dass der Kulturgüterschutz elementarer Bestandteil der humanitären Katastrophe ist. Die Vergangenheit ist eine wesentliche Grundlage für einen Wiederaufbau und eine Gesellschaft nach dem Konflikt.
Bürgerkrieg in Syrien - ungefähre Situation August 2013 ● Städte unter Kontrolle regierungstreuer Kräfte ● unter Kontrolle von Assad-Gegnern ● unter Kontrolle kurdischer Gruppen ● umkämpft/ unklare Situation (Karte nach Wikipedia [CC BY-SA 3.0]) |
fortgesetztes Bombardement
Schon vom Mai des Jahres beschäftigte sich der Beitrag von Abigail Hauslohner / Ahmed Ramadan, Syria’s strategic medieval treasures may be casualties of war. The Seattle Times 5.5.2013 mit den Bombardierungen mittelalterlicher Befestigungen.
Die Süddeutsche Zeitung greift am 30.8. das Thema der Plünderungen auf und bezieht sich auf die UNESCO-Tagung in Paris. Hier wurde eine Einschätzung der Lage versucht: "Gravierender noch als die Kriegsschäden und selbst als der ideologisch motivierte Vandalismus ist das, was durch Kunstraub und Raubgrabungen quer durchs Land angerichtet wird." Die Plünderungen werden demnach von gut organisierten und stark bewaffneten Banden durchgeführt. Sie agieren offenbar vor allem in der Gegend von Apameia. Genannt werden weiterhin Raubgrabungen in der Umgebung von Deraa, auf dem Tell Achaari im Yarmouk-Tal und auf dem Tell Qaramel im Bezirk Aleppo, der auf der Suche nach Wertvollem mit Baggern geradezu umgepflügt würde.
Aktuell berichten verschiedene Internet-Quellen über Plünderungen an mehreren Orten: - In Tell Sheikh Hamad wird eine assyrische Stadt des 7. Jahrhunderts geplündert: http://www.youtube.com/watch?v=PEwUSV0axCQ
- Raubgrabungen in al-Mayadin / Qal'at al-Rahba: http://youtu.be/2zAioIu3S88
In Tabqah hat die al-Eza Lllah Brigade bei Kontrollen drei Kisten mit archäologischen Funden sichergestellt und dem Museum in Raqqah übergeben, das in einem Gebiet liegt, das von der Freien Armee kontrolliert wird.
- Association for the protection of Syrian Archaeology (APSA) 12.8.2013: http://www.apsa2011.com/index.php/en/provinces/ar-raqqah/museums/676-raqqah-checking-out-of-3-boxes-previously-confiscated-by-the-liwa-brigade-al-eza-lllah.html
Zur Situation im Museum Raqqah:
- APSA 4.3.2013: http://www.apsa2011.com/index.php/en/provinces/ar-raqqah/museums/233-al-raqqa-le-musee-d-al-raqqa.html
Laut SZ-Bericht zur Pariser Tagung ist die Lage der Museumsbestände "insgesamt nicht allzu beunruhigend, da sie vom Personal rechtzeitig in Sicherheit gebracht wurden." Gerüchte von Kollegen besagen, dass viele Museumsgüter ins Ausland, insbesondere in andere arabische Staaten gebracht worden seien. Das birgt ein hohes Risiko, dass Funde in dunklen Kanälen versickern. Hier wird aber erst nach Ende des Konfliktes eine seriöse Bilanz möglich sein. Anders als im ägyptischen Mallawi, wo - abgesehen von einigen wenigen sichergestellten Objekten - im Prinzip das gesamte Inventar zur Fahndung ausgeschrieben werden kann, ist das in Syrien nicht möglich.
Auf der Pariser Tagung wurde darauf hingewiesen, dass nach den Erfahrungen aus Irak und Afghanistan die Unesco ihren Umgang mit solchen Situationen habe verbessern können. Listen geplünderter Güter würden inzwischen recht schnell erstellt. Leider ergibt sich aus den Berichten zur Tagung kein Hinweis darauf, wie man mit der großen Masse von Plünderungsgut umgehen möchte, das nie in konkreten Listen auftauchen kann und was man gegen die Zerstörung von Fundstellen unternehmen könnte. Hier - wie auch in Ägypten - wird deutlich, dass ein Schutz vor Ort zur Zeit kaum möglich ist. Die einzige Chance ist doch offenbar die effektive Unterbindung des illegalen Handels, indem für jedes einzelne Objekt klare Provenienzen gefordert werden, die etwas konkreter sind als die ominösen "alten Sammlungen", die in fast allen Auktionskatalogen ins Auge fallen.
Links
- arte präsentiert eine Zusammenstellung der Zerstörungen an den sechs UNESCO-Welterbestätten: http://www.arte.tv/de/syrien-weltkulturerbe-in-gefahr/7617154.html
- http://www.archaeologie-online.de/magazin/nachrichten/syriens-kulturschaetze-in-gefahr-26823/
- Amnesty International thematisiert die Zerstörungen: http://www.amnesty.org/en/news/aleppo-satellite-images-show-devastation-mass-displacement-one-year-2013-08-07 und macht auf die vielen Menschen aufmerksam, die bei der Zerstörung der Altstadt von Aleppo obdachlos geworden sind.
- LePoint.fr (25.8.2013): Syrie, joyau de l'humanité en danger - http://www.lepoint.fr/monde/syrie-joyau-de-l-humanite-en-danger-25-08-2013-1717112_24.php
- http://www.unesco.org/new/en/media-services/multimedia/photos/photo-gallery-conflict-damage-to-syrian-cultural-sites/ - Bildergalerie der UNESCO zu den Zerstörungen
Monatliche Zusammenstellungen wichtiger Meldungen aus Syrien auf Archaeologik:
- Denkmäler in Syrien unter Beschuß (Juli 2013)
- Syrien auf der roten Liste (Juni 2013)
- Heiße Ware aus Syrien - zunehmende Indizien für Antikenhehlerei mit Plünderungsgut (Mai 2013)
- Die völlige Zerstörung von Apameia am Orontes: Syrien im April 2013
- Kollateralschäden, Plünderungen und gezielte Verichtung in Syrien (März 2013)
- Bericht aus Syrien - alles halb so schlimm? (Februar 2013)
- Schadensmonotoring im Netz - Syrien (Januar 2013)
- Meldungen aus Syrien (Dezember 2012)
- Syrien: "Krieg ist gut fürs Geschäft" (November)
- Aleppo und die Zerstörungen in Syrien (Oktober)
- Neue Meldungen zu Syrien (September)
- Zerstörungen in Syrien - Echo im Web (August 2012)
- Neue Meldungen aus Syrien (Juli 2012)
- Feuer auf Apameia (Juni 2012)
- Syrische Truppen zerstören Kreuzfahrerburg (Mai 2012)
Pressemeldung der UNESCO v. 29.8.13 ergänzt, auf der der fb-Eintrag von 'Protects Syrian Archaeology beruht.
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