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Sonntag, 5. August 2012

Erste Nachweise von 'raised fields' auf dem Isthmus von Panama


von Juan Guillermo Martín

Juan Guillermo Martín, Archäologe an der Universidad del Norte, Barranquilla, Colombia  gibt einen Überblick über das Forschungsprojekt zu präkolumbischen Altfluren, deren Entdeckung auf eine systematische Durchsicht von Google-Luftbildern, bequem von Deutschland aus, zurückgeht. Anlaß dazu boten die inzwischen abgeschlossenen Tübinger Forschungen in Panama la Vieja, die die Frage nach den ökologischen Veränderungen im Kontext der spanischen Conquista aufwarfen.
Siehe die Beiträge zum Chinina-Projekt
hier auf Archaeologik.  Ein gemeinsames ausführliches Manuskript mit Vorlage der bisherigen Ergebnisse steht vor der Einreichung zum Druck. Eine spanische Fassung findet sich bei Wiki loves Monuments Panama  (R. S.).



Feldstrukturen mit Sondageschnitt (Foto J. Martín-Rincón).

Erste Nachweise von 'raised fields' auf dem Isthmus von Panama
In Überschwemmungsgebieten, wie dem Momposina-Becken in Kolumbien, haben schon die präkolumbischen Gesellschaften die Landschaft massiv verändert. Durch ein komplexes System von Gräben und Hochbeeten wurde die Tallandschaft der Flüsse San Jorge und Sinz auf ca. 5000km² massiv umgestaltet, um es das ganze Jahr hindurch produktiv zu machen. Dies gilt als eine der bedeutendsten Wasserbaumaßnahmen der Welt, die an den Beginn unserer Zeitrechnung zurück reichen.

Im heutigen Panama und generell in Mittelamerika war diese landwirtschaftliche Technik bisher nicht bekannt. Eine Auswertung von Luftbildern im Mündungsgebiet des Rio Bayano (auch: Rio Chepo) hat es erstmals erlaubt, solche Feldsysteme auch hier zu identifizieren. Im Gemeindegebiet von Santa Cruz de Chinina, Distrikt Chepo, wurden auf mindestens 25 ha Gräben und Hochbeete prähispanischer Zeitstellung ausgemacht. Interessant daran ist, dass es moderne Technik möglich gemacht hat, dass der Archäologe Rainer Schreg vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz diese Entdeckung von seinem Schreibtisch aus machen konnte. Er beobachtete die anthropogenen Strukturen im Osten Panamas und gab die Informationen an seine Kollegen in Panama weiter.
Eine Forschergruppe der Abteilung Archäologie, Geschichte und Stadtforschung der kolumbianischen Karibik (Grupo de Arqueología, Historia y Estudios Urbanos del Caribe Colombiano – GRAHUS) der Universidad del Norte en Colombia hat die Felder im Gelände verifiziert. Seit letztem Jahr haben Tomás Mendizábal und Juan Guillermo Martín, Forscher bei GRAHUS, Sondagen begonnen, die es erlaubten, ihr Alter mittels Radiocarbondatierungen genauer zu bestimmen und durch palaeobotanische Untersuchungen Aussagen über die Vegetation und Landwirtschaftsstrategien der Region zu treffen.

Der Sondageschnitt bei Grabungsende.
Die dunklen Ablagerungen zeigen die Gräben des hydraulischen Systems mit einem hohen Anteil organischen Materials (Foto J. Martín-Rincón).

Diese Strategien der Landschaftsveränderungen und Ressourcennutzung sind eng mit der Landwirtschaft verbunden. Die Domestikation von Kulturpflanzen und verbesserte landwirtschaftliche Techniken waren für die Entwicklung komplexer Gesellschaften von zentraler Bedeutung, insbesondere bei der Konzentration und Umverteilung von Ressourcen. Bevölkerungswachstum und die Konsolidierung von Produktionszentren waren entscheidend bei der Ausbildung der intensiven Handelsverbindungen, die den Isthmus von Panama prägten.

Die präkolumbischen Gesellschaften  hatten genaue Kenntnisse der Klima- und Umweltbedingungen, die durch die saisonale Überschwemmungen und zyklische Ereignisse bestimmt werden. Sie bauten ein System von Kanälen, mit denen die Wasserfluten der Flüsse und Bäche des pazifischen Tieflands von Panama während der Regenzeit reguliert wurden. Zugleich garantierte es ausreichende Feuchtigkeit während der trockenen Perioden des Jahres. Die Hochbeete schufen die nötigen, vor Überschwemmungen geschützten  Anbauflächen; die Kanäle wurden wahrscheinlich als eine wichtige Quelle aquatischer Ressourcen genutzt.

Das Projekt wird von der Foundation for Research on Ancient Panama finanziert. Beteiligt ist weiter das Römisch-Germanische Zentralmuseum, an dem Dr. Rainer Schreg beschäftigt ist. Er ist an der Auswertung der Luftbilder beteiligt und bringt eine umweltarchäologische Perspektve ein.
Die renommierte paläoökologische Forschergruppe des Smithsonian Tropical Research Institute (STRI), die von Dr. Dolores Piperno geleitet wird, führt Pollen- und Phytolithenanalysen durch. Ebenso beteiligt ist Dr. Richard Cooke (STRI) der mit seinen profunden Kenntnissen der präkolumbischen Archäologie Panamas das Projekt begleitet und unterstützt.
Das Labor für Archäologie der Universidad del Norte und seine Spezialisten haben die erste Feldkampagne durchgeführt, bei der Probenmaterial für verschiedene Analysen gesammelt wurde. Dadurch konnte inzwischen eine Altersbestimmung (rund zweitausend Jahre vor heute) gewonnen werden. Surveys identifizierten ein Siedlungsareal, das mit dem Feldsystem verbunden scheint, wie weitere präkolumbische Fundstellen in der Umgebung. Sie geben Einblicke in den komplexen Prozess der vorspanischen Besiedlung dieser Region von Panama, die archäologisch zum Großraum Darien zählt und enge Verbindungen zum nordwestlichen Kolumbien zeigt.
Bei den Feldsystemen handelt es sich offenbar um eine effiziente Strategie der Anpassung an die lokalen Bedingungen. Angesichts der heutigen, niedrigen landwirtschaftlichen Produktion in dieser Region ist dies von besonderem Interesse. Es ist heute eine unwirtliche Landschaft mit schweren jährlichen Überschwemmungen, aber fruchtbaren Böden. Die Menschen der Vergangenheit transformierten die Landschaft, intensivierten die landwirtschaftliche Produktion und sicheten ihre Präsenz in dieser weiten und abwechslungsreichen Region.

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