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Dienstag, 27. Januar 2015

Formationsprozesse in der Historischen Archäologie (Archäologische Quellenkritik VI)

Mit zeitlicher Verzögerung folgt der letzte Teil der Blogpost-Serie 'Archäologische Quellenkritik'. Die Blogposts der kleinen Serie gehen auf ein Manuskript zurück, das 1998 für ein Oberseminar am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters in Tübingen entstanden ist, das ich gemeinsam mit Frau Prof. Scholkmann angeboten hatte.  Eine immer wieder angedachte Publikation ist aufgrund anderer Projekte nie zustande gekommen. Ich stelle sie hier als Blogposts ein, wobei nur minimale Bearbeitungen und Aktualisierungen erfolgen. Lediglich vorliegender Teil 6 wurde etwas stärker überarbeitet, da ich seitdem einige der Überlegungen an Einzelbeispielen weiter verfolgt habe. 

Für die Erforschung historischer Perioden - wie etwa in der Archäologie des Mittelalters - stehen uns nicht nur archäologische Quellen zur Verfügung, sondern auch Kunstobjekte, Baudenkmäler, bildliche Darstellungen und Texte. Für die Rekonstruktion des Mittelalters sind sie grundsätzlich als gleichwertig zu betrachten, keine Quelle hat prinzipiellen Vorrang vor einer anderen. Sie sind lediglich unterschiedlich geeignet, um auf verschiedene Fragestellungen eine Antwort zu geben.
Im Gegensatz zur Ur- und Frühgeschichte ist man in der Archäologie des Mittelalters daher nicht auf indirekte Analogieschlüsse angewiesen, sondern kann ein Thema aus dem Blickwinkel sehr verschiedener Quellen beleuchten und damit auch direkte Anhaltspunkte zur Interpretation eines archäologischen Befundes erhalten. Kann einerseits die Kenntnis der Formationsprozesse wesentlich dazu beitragen, die Aussagen von Archäologie und Geschichte zu verknüpfen, so ist zu erwarten, dass andererseits die Kombination archäologischer und 'historischer' Quellen auch zur Kenntnis der Formationsprozesse beitragen und so Grundlagen für eine Weiterentwicklung archäologischer Methoden liefern kann.
Das Zusammenführen archäologischer und andersartiger Quellen bedarf jedoch größter Vor­sicht: Zwischen archäologischen Aussagen und solchen, die auf der Basis anderer Quellen gewonnen wurden, kommt es nicht selten zu Widersprüchen. Und auch bei einer augen­scheinlichen Übereinstimmung einer archäologischen und einer historischen Aussage, wird man prüfen müssen, inwieweit eine solche Synthese wirklich historisch tragfähig oder nicht quellenbedingt zufällig ist. In dieser Situation muß die Quellenkritik mit einer genauen Analyse die jeweiligen Aussagemöglichkeiten hinterfragen und untersuchen, wo die Differen­zen im Einzelfall liegen und wie sie zu begründen sein könnten. Voraussetzung jeder Synthese ist eine intensive Quellenkritik. Auf Seiten der Archäologie heißt das eine sorgfältige Aus­leuchtung der Formationsprozesse, die unsere Datenbasis geschaffen haben.
 

Der Beitrag der Archäologie des Mittelalters zum Verständnis von Formationsprozessen


Aus anderen Quellen stehen uns im Bereich der Archäologie des Mittelalters Informationen zur Verfügung, mit denen ein Erwartungshorizont formuliert werden kann, der sich dann mit dem konkreten Befund vergleichen lässt. Formationsprozesse können leichter er­kannt und in ihren Auswirkungen eingeschätzt werden. Die Archäologie des Mittelalters kann Formationsprozesse mit anderen Überlieferungen erkennen, quantifizieren und erklären.
 

Beispiel Schach

Abb. 6.1 Darstellung eines Schachspiels aus dem Libro de los Juegos,
1283 im Auftrag von Alfonso X von Kastilien, Galizien und Léon verfasst
(Bibliothek von San Lorenzo de El Escorial,
Public Domain via WikimediaCommons)
In einigen Fällen läßt sich der Formationsprozeß noch genauer erfassen. Wir kennen z.B. die Regeln und die Zusammensetzung des Figurensatzes des Schachspiels, das während des hohen Mittelalters auch in Europa Verbreitung fand (Abb. 6.1). Unter der Pompeji-Prämisse wäre zu erwarten, dass das archäologische Material zumindest statistisch dasselbe Mengenverhältnis zeigt. Das Mengenverhältnis der aus Europa vorliegenden mittelalterlichen, vorwiegend beinernen Schachfiguren weicht allerdings deutlich von diesen Erwartungen ab. Während Bauern erheblich unterrepräsentiert sind, werden Könige und Damen zu häufig gefunden. Die archäologische Datenbasis ist erheblich verzerrt. Nehmen wir einmal an, dass die hohen Figuren aus dem besser erhaltungsfähigen Bein hergestellt worden seien und das vorliegende Mengenverhältnis darin begründet sei. Dann bekommen wir jedoch Schwierigkeiten den Befund des im Feuchtbodenmilieu liegenden Herrenhofes am Lac du Paladru zu verstehen. Hier wurden vor allem Figuren aus Holz gefunden. Tatsächlich sind hier doppelt so viele Bauern vorhanden, als zu erwarten wären. König und Dame bestanden aber ebenfalls aus Holz, bei beiden vorliegenden Beinfiguren handelt es sich aber um Bauer und Turm (Abb. 6.2) (Kluge-Pinsker 1991; Colardelle/ Verdel 1993). So ist anzunehmen, dass zu diesem Bild weniger natürliche Erhaltungsprozesse der sekundären Formation eine Rolle spielen, sondern eher kulturelle Faktoren der primären Formation von Bedeutung sind.

Anhand des Beispieles der Schachfiguren kann man die statistische Abweichung des archäologischen Befundes von der historischen Realität gewissermaßen messen. Es ergibt sich eine Übereinstimmung von nur etwa 80 %. Die genauen Umstände der Formation bedürfen freilich noch einer genaueren Untersuchung. Dabei wird auch kritisch zu fragen sein, ob die uns heute bekannten Regeln und Figurensätze tatsächlich allgemeine Gültigkeit hatten.

Abb. 6.2. Fundstatistik mittelalterlicher Schachfiguren
(nach Kluge-Pinsker 1991, ergänzt durch Daten aus Colardelle/Verdel 1993).

Beispiel Glashütte Schmidsfelden

Abb. 6.3 Schmidsfelden, Grabung 1998:
Feuerzug des Nebenofens
(Foto R. Schreg/LDA Tübingen)
Als Beispiel für die Möglichkeiten einer Archäologie der Neuzeit im Hinblick auf ein Verständnis von Formationsprozessen möge hier die Untersuchung einer Glashütte des 19. Jahrhunderts im Allgäu stehen. Das Interesse bei einer Notgrabung 1998 galt dabei nicht nur der Geschichte der Glashütte selbst und der Industrialisierung bzw. Technologie, sondern vor allem auch dem methodischen Aspekt (Schreg 1999; 2013; vergl. Archaeologik, 8.4.2013).
Schmidsfelden ist ein heute noch bestehendes Glasmacherdorf südöstlich von Leutkirch. Der Betrieb der Glashütte, deren bedeutendstes Produkt Fensterglas war, wurde 1898 eingestellt, doch sind große Teile des Firmenarchivs erhalten. Sie wurden vor allem hinsichtlich der Arbeitsorganisation ausge­wertet . Die Grabungen 1998 legten einen Ofen frei, der aufgrund des Bauplanes der Hütte aus dem Jahr 1825 als Streckofen der Flachglasproduktion identifiziert werden kann (Abb. 6.3). Da das Verfahren der Flachglasproduktion aus der technischen Literatur des 19. Jahrhunderts gut bekannt ist und bei der Antikglasproduktion heute noch angewandt wird, ist es möglich, das Fundspektrum mit konkreten Produktionsschritten zu verbinden. Wichtig scheint dabei, dass das Fundmaterial bereits aus einem archäologischen Kontext stammt. Anders als bei der ethnologischen Beobachtungen in einer arbeitenden Glashütte, lernen wir hier unmittelbar archäologische Befunde kennen.
Abb. 6.4 Schmidsfelden, Grabung 1998
Flachglasreste aus der Verfüllung eines Feuerzugs
(Foto R. Schreg)
Das Fundmaterial - von der Grundproduktion nur wenige massive Glasbrocken vom Hefteisen, wenige Pfeifennäbel, fast kein Hohlglas und keinerlei Glastropfen, von der eigentlichen Flachglasproduktion zahlreiche Scherben verformten und zerbrochenen Flachglases sowie Teile der Streckbank (Tab. 6.1) - läßt sich sehr gut mit den Arbeitsschritten korrellieren (Abb. 6.4), obwohl es aus sekundären Ablagerungen, nämlich aus den Feuerzügen des Ofens stammt. Einzige Ausreißer sind einige Sonderstücke, wie ein Model für die Hohlglasproduktion und bislang nicht identifizierte Eisengegenstände. So läßt sich feststellen, dass nur etwa 78 % der Funde (gemessen anhand des Gewichtes der Glasfunde) wirklich mit der Funktion des Streckofens in Verbindung zu bringen, der Rest muss verlagert worden sein.


Abb. 6.5. Produktionsablauf der Flachglasproduktion (nach Lang 2001) und Abfälle.


Tab. 6.1. Spektrum der Glasfunde (n: nicht systematisch ausgezählt, Feuerzug 3 wurde nur teilweise untersucht).

Da der Produktionsablauf im Wesentlichen der Flachglasproduktion im Spätmittelalter entspricht (vergl. Kottmann 2001; Frommer/Kottmann 2004), gewinnen wir hier einen Erwartungshorizont, wie das Fundspektrum auch an einem älteren Streckofen aussehen müßte. Damit könnte es möglich sein, Argumente für eine Funktionsbestimmung auch von Öfen zu gewinnen, bei denen wir über ihre Funktion zunächst nichts wissen. Die Fundspektren spätmittelalterlicher Glashütten müssten in entsprechender Weise wie Tab. 6.1 statistisch ausgezählt werden, um einen detaillierten Vergleich zu ermöglichen. Das ist eine Warnung davor, durch eine Selektion von Massenabfällen auf der Grabung eine definitive Befundformation zu schaffen, die solche methodisch bedeutenden Ansätze unterbindet.

Das Beispiel der Glashütte Schmidsfelden eröffnet aber eine zweite Möglichkeit eines Vergleichs zwischen Schriftquellen und archäologischem Befund. Unter den schriftlichen Quellen haben sich Kohle-Rechnungen erhalten, denen bisher kaum Beachtung geschenkt wurde. Bei Grabungen 1998 zeigte sich eine Mehrphasigkeit des Streckofens. Zu seiner jüngeren Phase gehörten drei Feuerzüge, von denen einer wohl der Kohlebefeuerung dienen sollte. Kohle blieb aber für die Glashütte aufgrund der hohen Transportkosten unerschwinglich. Eine Torflage in einem der Feuerzüge deutet auf Versuche, andere, günstigere Brennstoffe zu nutzen. Die Kohlerechnungen sind also eventuell Zeugnisse eines Versuches, eine Energiewende (von regenerativ zu fossil) zu schaffen und müssten dementsprechend neu ausgewertet werden.

Beispiel Tiengener Gruft

In der Kirche von Tiengen befindet sich die Grablege der Grafen von Sulz. Aus der Kombination von schriftlichen Quellen und Archäologie geben sich hier Formationsprozesse zu erkennen, die man auf einem prähistorischen Gräberfeld so nicht erkennen könnte.
Bei zwei Bestattungen ist hier eine auffallende Bauchlage registriert worden, die die Archäologie in der Regel als Sonderbestattung einstufen würde. Durch die Identifikation der Bestatteten und der Verbindung mit deren Lebensgeschichte wird aber deutlich, dass die besondere Lage wohl eher auf eine Überführung der Leiche zurückzuführen ist, die einen langen Transport bedeutete. Die besondere Lage ist also wohl nicht intentional (Fingerlin 1992, 146 ff.; 157 ff.).
Abb. 6.6 Gruft der Grafen von Sulz in Tiengen
(verändert nach Fingerlin1992)


Die Synthese schriftlicher und materieller Quellen

Hier ist nicht der Ort, genauer die verschiedenen Möglichkeiten einer Synthese schriftlicher und materieller Quellen zu behandeln. Deshalb sei hier einfach auf die fünf Möglichkeiten hingewiesen, die der schwedische Archäologe Anders Andrén (1998) unterschieden hatte, auch wenn diese sicher nicht das gesamte Bezugsgeflecht der Quellen abdecken. Andrén unterschied:

Erläuterungen anhand von Beispielen der Archäologie der Neuzeit aus Deutschland finden sich bei Schreg 2007. Voraussetzung dieser Synthesen ist jeweils eine eingehende Quellenkritik, die einerseits am archäologischen Befund, andererseits aber in einer Konfrontation der Quellenaussagen zu erfolgen hat. Die große Gefahr in der Synthese archäologischer und historischer Quellen ist, dass man sie zu unkritisch aufeinander bezieht und den archäologischen Befund nach den Vorgaben der Schriftquellen interpretiert.

Bei den ausgewählten Beispielen der Kontrolle von Formationsprozessen durch schriftliche Quellen sind unterschiedliche Wege einer Synthese von archäologischen und schriftlichen Quellen involviert. Beim Beispiel der Schachfiguren konnte aufgrund einer Klassifikation und einer Norm ein Erwartungshorizont mit dem archäologischen Befund abgeglichen werden.
Beim Beispiel der Glashütte wurde ebenfalls ein Erwartungshorizont formuliert, dieses Mal auch auf Grundlage einer Klassifikation (Streckofen), die dann aber direkt auf ein archäologisches Befundbild bezogen werden konnte.
Im Falle der Gruft von Tiengen ermöglichte eine Identifikation die Integration von weiteren Kontextinformationen über den konkreten Bestattungsvorgang. Hier ergab sich kein Erwartungshorizont, sondern eine konkrete Erklärung eines außergewöhnlichen Befundes.
 

Historische Archäologie und archäologische Methodenentwicklung

Eine genaue Kenntnis der Formationsprozesse erweist sich als eine wichtige Grundlage jeder Synthese archäologischer und schriftlicher Quellen. Den hier skizzierten archäologischen Quellenkritik ist eine klassische historische Quellenkritik für die Schriftquellen zur Seite zu stellen, da sie sich im konkreten Fall gegenseitig ergänzen und verschiedene Eventualitäten erkennen lassen.
Wir gewinnen daraus aber nicht nur für den konkreten Einzelfall eine größere Sicherheit der Interpretation, sondern auch wichtige generelle Erfahrungswerte, die wesentlich sein können für die Entwicklung archäo­logischer Auswertungsmethoden. Ein Beispiel wäre hier etwa - auch wenn es zunächst auf kunstgeschichtlichen Daten beruht - der Versuch, anhand datierter bildlicher Darstellungen frühneuzeitlicher Gläser geeichte Daten für die Entwicklung der Seriationsmethode zu gewinnen (Goldmann 1972, 29ff.). Wichtig ist eine Kenntnis der Formationsprozesse in ihren verschiedenen Stufen insbesondere auch für eine archäologische Auseinandersetzung mit materieller Kultur (vergl. Serie 'Materielle Kultur und Archäologie').


Literaturverweise

Andrén 1998
A. Andrén, Between Artifacts and Texts. Historical Archaeology in Global Perspective (New York, London 1998).


Bernbeck 1997
R. Bernbeck, Theorien in der Archäologie. UTB 1964 (Tübingen/Basel 1997).

Colardelle/ Verdel 1993
M. Colardelle/ E. Verdel (Hrsg.), Les habitats du lac de Paladru (Isère) dans leur environnement. Doc. arch. franç. 40 (Paris 1993).

Fingerlin 1992
I. Fingerlin, Die Grafen von Sulz und ihr Begräbnis am Hochrhein. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter 15 (Stuttgart 1992).

Frommer / Kottmann 2004
S. Frommer/A. Kottmann, Die Glashütte Glaswasen im Schönbuch. Tübinger Forsch. hist. Arch. 1 (Büchenbach 2004).

Goldmann 1972
K. Goldmann. Zwei Methoden chronologischer Gruppierung. Acta praehist. et arch. 3, 1972, 1-34.

Jankuhn 1973
H. Jankuhn, Umrisse einer Archäologie des Mittelalters. Zeitschr. Arch. Mittelalter 1, 1973, 9–19.

Kluge-Pinsker 1991
A. Kluge-Pinsker, Schach und Trictrac. Zeugnisse mittelalterlicher Spielfreude in salischer Zeit. Mon. RGZM 30 (Sigmaringen 1991).

Kottmann 2001
A. Kottmann, Reconstructing processes and facilities of production: a late medieval glasshouse in the Schönbuch Forest. Antiquity 76, 35–36.


Lang 2001
W. Lang, Spätmittelalterliche Glasproduktion im Nassachtal, Uhingen, Kreis Göppingen. Materialh. Arch. Bad.-Württ. 59 (Stuttgart 2001).

Schreg 1999
R. Schreg, Industriearchäologie in einer Glashütte des 19. Jahrhunderts: Schmidsfelden (Stadt Leutkirch, Kreis Ravensburg). Denkmalpfl. Bad.-Württ. 28/2, 1999, 107-111.

Schreg 2007
R. Schreg: Archäologie der frühen Neuzeit. Der Beitrag der Archäologie angesichts zunehmender Schriftquellen. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 18, 2007, 9-20.
 

Schreg 2013
R. Schreg, Industrial Archaeology and Cultural Ecology – A Case Study at a 19th Century Glasshouse. In: N. Mehler (Hrsg.), Historical Archaeology in Central Europe. SHA special publication 10 (Rockville 2013) 317-324


 

Freitag, 23. Januar 2015

Alle Freiheit für die Wirtschaft: TTIP und das Kulturgut

Historisches Monument in Rosia Montana
(Foto: R. Schreg, 2004)
setzt sich mit den Folgen eines Investitionsschutzes für Großunternehmen im Rahmen von TTIP auseinander. Am Beispiel des Goldbergbaus im rumänischen Siebenbürgen wird dargestellt, wie ein Unternehmen versuchen kann, durch finanziellen Druck auf den Staat die berechtigten Interessen der ortsansässiger Bürger zu übergehen.

Für die Archäologie interessant: In dem genannten Roșia Montană kämpfen Kollegen seit langem für den Erhalt der einzigartigen römischen Bergbauspuren.

Investorenschutz wendet sich möglicherweise auch gegen die Denkmalpflege!


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Montag, 19. Januar 2015

Kahlschlag bei der Kantonsarchäologie Schaffhausen

Im Kanton Schaffhausen hat der Regierungsrat Sparmassnahmen verabschiedet, mit denen das Jahresbudget der Kantonsarchäologie Schaffhausen bis ins Jahr 2018 um mehr als die Hälfte gekürzt wird. Vorgesehen ist ein Abbau von über 70% der Feststellen; befristete Jahresverträge sollen nicht mehr erneuert werden. Derzeit sind im bislang 8 köpfigen Team überhaupt nur zwei Archäologen, zwei technische Stellen scheinen jetzt schon vakant zu sein (in der Summe grade wenig mehr als 3 Vollzeitstellen [in Worten: drei!]). Daneben gibt es einen Grabungstechniker, einen Restaurator und eine Plangraphikerin sowie eine Sekretärin/Bibliothekarin. Nach dem geplanten Abbau werden die Amtsaufgaben nicht mehr zu erfüllen sein, ein Bürgerservice mit einer zeitnahen Bearbeitung von Baugesuchen und Fundmaldungen wird unter solchen Bedingungen unmöglich.
Bis Mitte April kann unterzeichnet werden.


Der Kanton Schaffhausen hat ein reiches archäologisches Erbe. Hier wurden zahlreiche wichtige Grabungen durchgeführt, die das wissenschaftliche Potential, aber auch die Dringlichkeit einer funktionierenden Denkmalpflege zeigen.


Die Siedlungsentwicklung der Wüstung Berslingen ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis der mittelalterlichen Siedlungsgeschichte (vergl. Archaeologik). 1968-70 wurde die Siedlung unter widrigen Bedingungen von der Kantonsarchäologie im Vorfeld des Straßenbaus ausgegraben
(Graphik R. Schreg, nach Bänteli u.a. 2000).


Übrigens: Es spart nicht allein der Kanton Schaffhausen in der Archäologie. Im benachbarten Kanton Aargau wurden der Kantonsarchäologie die Mittel für wissenschaftliche Auswertungen komplett gestrichen (300.000 sfr):

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Samstag, 17. Januar 2015

Geplündert - verkauft - zerstört und zerbombt: Kulturerbe in Syrien

Mamoun Fansa (Hrsg.)
Syrien. Sechs Weltkulturerbe-Stätten in den Wirren des Bürgerkriegs
Geschichte, Gegenwart, Perspektiven

(Mainz: Nünnerich Asmus Verlag 2014)

ISBN 978-3943904741

Hardcover, 128 Seiten, 166 Abbildungen

29,90€

Der Bürgerkrieg in Syrien, der längst nicht mehr nur ein Aufstand einer Opposition gegen das Regime ist, sondern zahllose Parteien involviert, ist mörderisch. Die UN hat längst aufgehört, die Toten zu zählen. Die Kulturgüter treten da natürlicherweise in der Wahrnehmung zurück. Wer nimmt den Verlust von Steinem und Scherben ernst, wenn so viel Blut fließt? Wie kann man sich damit angesichts der Gewalt abgeben?
Der Herausgeber Mamoun Fansa gibt eine knappe Antwort: "Es handelt sich um Verluste, Verlust des Lebens und der kulturellen Identität eines Volkes und man sollte es nicht zulassen, dass ein Volk zukünftig ohne eigene kulturelle Identität lebt." Tatsächlich wird es für eine Stabilisierung des Nahen Ostens wichtig sein, dass sich die Menschen auf ihre eigene Identität besinnen können - dazu braucht es die ganze Breite der Überlieferung. Jede Region dieser Erde, ganz besonders aber Syrien hat im Lauf der Geschichte zahlreiche Veränderungen erlebt - neue Wirtschaftsweisen, neue Siedlungsformen, ein Kommen und Gehen von Menschen, eine immer neue Formation von Identitäten. Das Bewusstsein dieser Veränderungen, mehr als die Berufung auf meist mystifizierte Traditionen, kann Grundlage sein für neue Arrangements unterschiedlicher Gruppen, die ein friedliches Zusammenleben ermöglichen. Ein Auslöschen der Vergangenheit spricht den Anderen ihre Existenzberechtigung ab.

Der Einsatz für die Kulturgüter ist der Einsatz für eine friedliche Zukunft. So ist es auch das Anliegen des Buches, "die Weltöffentlichkeit, insbesondere in Deutschland über die Vernichtungvon Kulturerbestätten durch den Krieg in Syrien [zu] informieren".


Es ist das zweite Buch des in Aleppo gebürtigen langjährigen Leiters des Landesmuseums Natur und Mensch in Oldenburg, Mamoun Fansa zu den Folgen des Bürgerkrieges in Syrien. 2013 ist sein Buch über Aleppo begleitend zu einer Ausstellung in Berlin erschienen (vergl. Archaeologik).

Das Buch beschreibt im ersten Teil die Welterbestätten und ihre historische Bedeutung. Mehrere Autoren, die mehrere Jahre vor Ort gearbeitet haben, behandeln Damaskus, Plamyra, Bosra, Aleppo,  die Burgen Krac des Chevaliers und Qal’at Salah ad-Din sowie die toten Städte im nordsyrischen Kalksteinmassiv. Die jahrtausendlange urbane Siedlungstradition ist Hintergrund der Welterbestätten Damaskus, Aleppo und Bosra. Mit dem Welterbestatus ist vor allem auch ein Schutzstatus verbunden - der gerade in der boomenden Entwicklung der modernen Großstadt Damaskus der Denkmalpflege mehr Aufmerksamkeit sichern sollte. Auch ohne Krieg und Terror ist der geschichtsbewußte Umgang mit diesen Städten eine Herausforderung. 
Der zweite Teil geht auf die aktuelle Situation ein. Franziska Bloch stellt die Initiativen dar, die weltweit gestartet wurden, um das Kulturerbe Syriens zu schützen. Kurz erwähnt wird die Rolle der Social Media bei der Information und Berichterstattung über aktuelle Zerstörungen und Plünderungen. Ausführlicher werden die Projekte geschildert, die ein digitales Register archäologischer und historischer Monumente und Stätten aufbauen. Sie sollen das Monitoring der Stätten ermöglichen, aber auch kriminalarchäologische Ermittlungen geplünderter und geschmuggelter Fundobjekte erleichtern.
Mamoun Fansa selbst stellt die Situation an den UNESCO-Welterbestätten (S. 78ff.) aber auch an anderen Fundstellen wie Dura Europos, Mari, Apameia, Ebla, Tell Sheikh Hamad  (S. 102ff.) dar. Hier finden sich zahlreiche Bilddokumente der aktuellen Zerstörungen. Das Kapitel diskutiert auch die Situation der Museen. Berichte über Plünderungen stehen hier der Versicherung der Altertumsbehörden gegenüber, die Museumsbestände seien gesichert worden.

Der Status als Weltkulturerbe bietet in der Kriegssituation keinerlei Schutz. Die UNESCO ist nicht in der Lage (und nicht berechtigt), vor Ort wirkungsvolle Maßnahmen zu treffen. Sie hat die syrischen Welterbestätten auf die rote Liste des gefährdeten Welterbes gesetzt. Ausländische Archäologen, die in Syrien gearbeitet haben, bleibt ebenfalls nur ein kleiner Spielraum. Im Prinzip können sie den syrischen Kollegen nur wenig konkrete Hilfestellung bieten. Was vom Ausland geleistet werden kann ist vor allem eine Schaffung von Problembewusstsein und eine Regulierung des Antikenmarktes, der ganz offensichtlich Anreiz für die systematischen Plünderungen ist, die der Band beispielsweise in Tell Sheik Hamad, Mari, Apameia und Dura Europos dokumentiert.

Das Buch ist ein wichtiges Buch, trägt es doch hoffentlich dazu bei, dass ein Bewusstsein für die Bedeutung der bedrohten Fundstellen entsteht und der Öffentlichkeit deutlich wird, was dort vorgeht - und wie unmoralisch es ist, sich mit Antiken seiner eigenen Kulturbeflissenheit zu brüsten.


Inhaltsverzeichnis

Mamoun Fansa
Vorwort - 7


Michael Braune
Die Altstadt von Damaskus - 10


Andreas Schmidt-Colinet
Palmyra. Stadt an der Seidenstraße. Reichtum durch weltweiten Handel zwischen China und Rom - 20


Klaus Stefan Freyberger
Bosra. Eine traditionsreiche Handelsstadt im Haura ̄n - 28


Julia Gonnella
Aleppo. Die älteste Stadt der Welt - 38


Michael Braune
UNESCO-Welterbe. Krac des Chevaliers und Qal’at Salah ad-Din. Zwei Burganlagen aus der Kreuzfahrerzeit - 48


Rüdiger Gogräfe
Die „Toten Städte“ im nordsyrischen Kalksteinmassiv - 58


Franziska Bloch
Was tun? Internationale Initiativen gegen den Verlust archäologischer Wissensspeicher - 70


Mamoun Fansa
Die UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten und der Krieg in Syrien - 78


Mamoun FansaRaubgrabungen an archäologischen Fundstellen, Plünderungen der Museen und der Krieg in Syrien - 102

Fazit - 122

Die Autoren - 124

Literaturverzeichnis - 126

Abbildungsnachweis - 128


Interner Link

Montag, 12. Januar 2015

Kaum neue Meldungen aus Libyen ...

Nach dem Sturz Gadhafis scheint Libyen dem Westen gleichgültig. Nachrichten sind spärlich, obwohl sich auch hier Kräfte des Islamischen Staats breit machen.
Opferzahlen des andauernden Bürgerkriegs sind kaum zu finden - 600 Mordopfer soll es allein in Benghasi 2014 bis Oktober gegeben haben. Schreine und Moscheen fallen religiösen Fanatikern zum Opfer. Da es nur wenige Archäologen im Lande gibt, gibt es auch keine laufenden Berichte, die Kollegen in Ägypten und Syrien über Social Media absetzen. Mit ausländischer Hilfe wurden Museen und Bauten evakuiert und gesichert.
UN-Apell vom Oktober 2014:

Interne Links

Donnerstag, 8. Januar 2015

Montag, 5. Januar 2015

Eisentonkeramik aus Ulm und Geislingen - ein Zeugnis ulmischen Donauhandels

Obwohl sich Ulm in den vergangenen 20 Jahren zu einem Zentrum der Stadtarchäologie in Baden-Württemberg entwickelt hat und zahlreiche Grabungen heute ein komplexes Bild der Stadtentwicklung vermitteln, wurden die Handelsbeziehungen Ulms auf Basis archäologischer Funde bisher kaum diskutiert. Ziel des vorliegenden Artikels ist es nicht, diese Desiderate einzulösen, sondern auf einige bemerkenswerte Keramikfunde des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit aus Ulm und seinem reichsstädtischen Territorium hinzuweisen. Bei den fraglichen Funden handelt es sich um einige Scherben einer dickwandigen grauschwarzen Drehscheibenware, die mehrheitlich eine starke Graphitbeimengung enthält und sich schon dadurch als Importmaterial zu erkennen gibt. Die Funde rechnen zur sogenannten Eisentonkeramik, einer Graphitware, wie sie vor allem aus Österreich, aber auch dem Passauer Raum bekannt geworden ist.

Tilmann Mittelstraß hat einschlägige Funde von Graphitkeramik im Hinblick auf ihre chronologische Einordnung vorgestellt (Mittelstraß 2007), so dass es sich erübrigt, auf Typologie und Chronologie näher einzugehen. Die hier vorgelegten Funde können insofern auch keinen Beitrag dazu leisten, als sie mehrheitlich nicht aus gesicherten Grabungskontexten stammen, sondern bereits bei Altgrabungen geborgen wurden. Die Funde wurden bei den Arbeiten am Stadtkataster Ulm registriert und dokumentiert, die Funde aus Geislingen wurden bei der Inventarisation der archäologischen Funde im Heimatmuseum Geislingen bereits 1992 aufgenommen. Eine gezielte Durchsicht weiterer Bestände wurde lediglich auf Literaturbasis vorgenommen, so dass damit zu rechnen ist, dass die Aufarbeitung der zahlreichen Ulmer Grabungen weitere Funde erbringen wird.
 

Funde aus Ulm

1961 wurden zwei große Bruchstücke bei den Weinhofgrabungen (Weinhof 15) des damaligen Staatlichen Amtes für Denkmalpflege gefunden (Lobbedey unpubl., Taf. 10). Auffallend sind die Krempränder mit Stempeleindrücken sowie der teils hohe Graphitanteil des Scherbens. Unterhalb des Randes verläuft eine breite Riefe. Oben auf der Randlippe ist ein ovaler Stempel mit einem Kreuz angebracht (Abb. 1).
Ulm, Weinhof
(nach Lobbedey, unpubl.)


Unmittelbar vergleichbar sind einige Scherben von der ehemaligen Krafftstraße (heute Olgastraße 67), die auch Uwe Lobbedey bereits bekannt waren, als er in den 1960er Jahren die Funde der Weinhofgrabung bearbeitet hat (Lobbedey, unpubl.). Es handelt sich um zwei gestempelte Randscherben, die bereits 1928 geborgen wurden, ohne dass nähere Angaben zu den Fundumständen bekannt sind. Das begleitende Fundmaterial umfasst unter anderem ein sitzendes Terrakottafigürchen aus Ziegelton sowie eine Bronzegrape. Die Eisentongefäße weisen spitz ausgezogenen Krempränder und eine deutliche Graphitmagerung auf. Bemerkenswert sind vor allem die Stempel auf der Randlippe (Abb. 2,4-5).

Zwei Randscherben sowie einige Bruchstücke eines steilwandigen Gefäßunterteiles (Abb. 2,7-9) wurden 1953 auf dem damaligen Grundstück Weinhof 23 (heute Rückgebäude Weinhof 22/23) geborgen. In einer Notgrabung untersuchten A. Rieber und K. Reutter einen großen Brunnen, dessen Verfüllung in mehreren – wohl künstlichen – Schichten bis zu 4,5 m Tiefe ergraben wurde. Die Verfüllung enthielt neuzeitliche Funde, in tieferen Schichten aber einen zunehmend größeren Anteil älterer, spätmittelalterlicher Funde. Eine der Scherben lässt sich einem mittleren Horizont in 2-2,5 m Tiefe zuweisen (Abb. 2,7). Die Keramik umfasst jüngere Drehscheibenware mit breiten Karniesrändern, konischen Schalen, Lämpchen, einer Grape sowie glasierte Keramik, darunter rotbemalte Hafnerware. Im Gebäude Weinhof 23 befand sich das ehem. Gasthaus „Zum Mohren“, dem die Funde möglicherweise zuzuweisen sind. Die Ränder der aus diesem Komplex stammenden Graphitkeramik sind nicht ganz so deutlich umgebogen, sondern sind eher waagrecht ausgebogen (Abb. 2,7.8). Zwei zusammenpassende Scherben, von denen die eine noch einen deutlichen Graphitanteil aufweist, die andere aber nicht, zeigen die überlieferungsbedingte Veränderung der Scherben durch Bodenlagerung oder sekundären Brand (Abb. 2,8). Im übrigen weisen alle Scherben einen deutlichen Anteil an Quarzmagerung auf.

Aus einem Leitungsgraben der EVS wurde nördlich der Grabung eine weitere Randscherbe geborgen. Ein Befundkontext dazu ist nicht bekannt. Hier handelt es sich um einen recht dickwandigen, einwärts gebogenen Rand (Abb. 2,3), der nach der Fundzusammenstellung von Mittelstraß chronologisch möglicherweise früher anzusetzen ist. Ob er noch zu der hochmittelalterlichen Graphitware zählt, wie sie v.a. in Niederösterreich und Mähren verbreitet war (Polácek 1998; Scharrer-Liška 2007), muss offen bleiben.

Am Weinhofberg 6 wurden 1958 in der kleinen Blau zwei Randscherben gefunden (Abb. 2,1-2). Es handelt sich hier nicht um die typischen Kremp-, sondern um die tendenziell älteren Wulstränder, bei einem der beiden Stücke ist ein leichter Deckelfalz zu erkennen.

Dies gilt auch für das Bruchstück eines Henkeltopfes aus einer sekundären Ablagerung in der Friedrichsau.

Abb. 2 Ulm, Eisentonkeramik
(Zeichnungen R. Schreg)

Funde aus Geislingen


Geislingen war seit 1396 Teil des reichsstädtischen Territoriums. Die helfensteinische Burg wurde zur Festung umgewandelt. In den 1930er Jahren wurden hier durch Georg Burkhardt umfangreiche Grabungen durchgeführt, die zu einer Konservierung und Teilrekonstruktion der Burg führten. Die Ergebnisse der Grabungen wurden aber nie angemessen publiziert, eine Dokumentation ist nicht vorhanden (Schreg 1993, 37). Aus den Grabungen liegen jedoch umfangreiche Fundbestände vor, die mehrheitlich der frühen Neuzeit angehören. Sie befinden sich heute im Heimatmuseum Geislingen. Unter den Keramikfunden (Barteit-Klopp 2001) befinden sich auch die Fragmente zweier Gefäße der Eisentonkeramik. Sie sind gut vergleichbar mit den Funden vom Weinhof, sowohl, was die Scherbenbeschaffenheit als auch die Form angeht. Das eine der beiden Gefäße weist gleich zwei identische Stempel auf (Abb. 3-5).

Abb. 3 Geislingen, Helfenstein: Eisentonkeramik
(Heimatmus. Geislingen, Zeichnung R. Schreg)
Abb. 4 Geislingen, Helfenstein, Eisentonkeramik
(Heimatmus. Geislingen, Foto R. Schreg)

Abb. 5 Geislingen, Helfenstein, Eisentonkeramik
Stempel auf dem Rand
(Heimatmuseum Geislingen, Foto R. Schreg)


1996 wurde bei einer Stadtkerngrabung in Geislingen (Lang/ Schreg 1996; Lang/Schreg 1997) eine Randscherbe gefunden, die formal der Eisentonkeramik entspricht. Sie stammt aus einer runden Grube (Bef. 3) mit neuzeitlicher Verfüllung im Bereich der Alten Post (Hauptstraße 36/1) (Barteit-Klopp 2001, Taf. 41,166). Die Oberfläche ist gut geglättet und metallisch glänzend, ein Graphitanteil in dem glimmerhaltigen Scherben ist nicht zu erkennen (Abb. 6).

Abb. 6 Geislingen, Hauptstraße 36
(Zeichnung R. Schreg)

Zur Einordnung

Bereits Uwe Lobbedey hatte die Funde vom Weinhof bei seiner unpublizierten Bearbeitung der Grabungsfunde als Importstücke erkannt und der sogenannten „Eisentonkeramik“ zugewiesen. Die hier vorgelegten Funde aus Ulm und Geislingen erweitern den Bestand an spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Eisentonkeramik, die bislang den westlichsten Punkt der Verbreitung dieser Ware darstellen.

Graphittonkeramik besitzt besondere Eigenschaften und wurde darum in verschiedenen histori­schen Epochen hergestellt und genutzt. Graphit ist ein elementäres Mineral aus reinem Kohlenstoff. Er ist sehr weich und färbt deshalb leicht ab - seine Farbe ist grau, mehr oder weniger glänzend. Der Aufbau des Graphits ist kristallin, meist schuppig, was oftmals mit bloßem Auge aber nicht mehr erkennbar ist. Graphit ist unter Sauerstoffzufuhr sehr leicht brennbar, bei geringer Sauerstoffzufuhr ist er jedoch ein guter Wärme- (und Elektrizitäts-) Leiter und verbrennt erst bei 3500°C. Graphittonkeramik besitzt eine genügend große Dichte um eine Sauerstoffzufuhr zu unterbinden und ist daher besonders hitzebeständig und zur Verwendung als Kochgeschirr oder als Schmelztiegel hervorragend geeignet. Graphittontiegel werden noch heute in der Industrie verwendet und auch aus dem Mittelalter sind große Graphittontiegel bekannt (Drescher 1983; Harl 1982, 83-85). Entsprechende Tiegel finden sich im Übrigen auffallend häufig in Gewässern und sind daher nicht aus dem Befundzusammenhang zu datieren (Koch 1969, 21, Taf. 22B; 39 [Esslingen-Sirnau]. - Seitz 1937) (Abb. 7, 8). Sie wurden deshalb lange der Latènezeit zugeordnet. Verwendung fanden sie etwa bei der Buntmetall- und Eisenverarbeitung. Diese hohe Dichte verleiht der Graphittonkeramik auch eine besondere Wasserundurchlässigkeit, die für normale, unglasierte Keramik eben nicht selbstverständlich ist. Bereits ein relativ geringer Graphitanteil macht das Gefäß wasserabweisend. Normale Tongefäße sind, zumal wenn sie wie in der Vorgeschichte in der Regel nur schwach gebrannt sind und keinen abdichtenden Überzug aufweisen, nie völlig wasserdicht (Duma/Ravasz 1976). Graphittonkeramik hatte so immer einen gewissen Wert, oft auch einen besonderen Prestigewert, vor allem natürlich außerhalb der Gebiete natürlichen Graphitvorkommens.
Abb. 7 Esslingen, Sirnau
(nach Koch 1969, 21 Taf. 39,4.5)
Abb. 8 Neckargröningen (Gde. Remseck LB), Neckar: Graphittontiegel
(Heimatmuseum Geislingen, Zeichnung R. Schreg,
publiziert: Fundber. Bad.-Württ. 22/2, 1998, Taf. 163,2).
Im Mittelalter beschränkt sich die Verwendung des Graphittones außerhalb der Region seines natürlichen Vorkommens sich daher weitgehend auf wenige spezielle Formen: Kochtöpfe, Schmelztiegel, Ofenkacheln, Glutbehälter und -hauben sowie Vorratsgefäße und Wasserleitungsrohre.

Graphit findet sich in Europa in sehr unterschiedlichen Regionen. Bedeutend sind jedoch vor allem die Vorkommen im Raum Passau, in Südböhmen, in Niederösterreich und Mähren. Geologisch gehören diese Zonen zum Grundgebirge der Böhmischen Masse, in dem sich während der Variszischen Faltungsära (um 300 Mio Jahre v.h.) unter Druck die Graphitlagerstätten bilden konnten. Dementsprechend konzentriert sich die Verbreitung der Graphitware auf den Donauraum zwischen Passau und Wien, einem Gebiet das durch die Nachbarschaft zu den Graphitvorkommen schon in der vorrömischen Eisenzeit Graphitwaren hervorgebracht hatte (Abb. 9) (Kappel 1969). In Südwestdeutschland findet sich Graphitkeramik seit der Hallstattzeit (van den Boom 1989, 58 f.), vor allem aber in der jüngeren Latènezeit. Dabei lassen sich häufige Flickungen latènezeitlicher Graphittonkeramik beobachten (Kappel 1969, 8; Fischer u.a. 1984, 344). Graphittonkeramik ist besonders weich und leicht zu durchbohren, doch zeigt der Aufwand den man sich gemacht hat, dass die Stücke nicht so einfach durch einheimische Keramik zu ersetzen waren (die empirisch wohl auch seltener repariert wurde).
Abb. 9 Graphittonkeramik der Latènezeit, Manching
(Slg. Kley, Foto R. Schreg)

Eisentonkeramik tritt in dieser Region im 13. Jahrhundert auf, wurzelt aber sicherlich in der älteren früh- bis hochmittelalterlichen Graphitkeramik (Vergl. z.B. die Großgefäße mit Wulsträndern: Stana 1998, Abb. 15,1). Seit dem 9. Jahrhundert n.Chr. wurde in Niederösterreich, Mähren und dem südlichen Polen wiederum Graphitkeramik produziert. Im 11. und in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts bestand die Keramik in Niederösterreich fast ausschließlich aus diesem Graphitton (Reinecke 1936, 201; Felgenhauer-Schmiedt 1977, 256 Anm. 18; Felgenhauer-Schmiedt 1980; Felgenhauer-Schmiedt 1998; Stana 1994, 278; Polácek 1998; Scharrer-Liška 2007). Nach Westen ist bisher die Burg Wittelsbach der entfernteste gesicherte Fundort dieser Keramik (Koch 1993, 126), da für die kontextlosen Scherben aus Ulm die mögliche frühe Datierung nicht abzusichern ist. Töpfereien dieser Keramik sind aus Obernzell bei Passau wie auch aus Wien bekannt. Spitz auslaufende, dicke Krempenränder sind hier im Übrigen nicht allein auf Graphitkeramik beschränkt, sondern gehören zum normalen Formenbestand frühneuzeitlicher Keramik und sind hier zu hause.
Eine genaue Lokalisierung der Herkunft der Ulmer Funde anhand der Stempel ist leider nicht möglich, da gleichartige Stempel von weit entfernten Töpfereien benutzt wurden. Ein Wiener Ratsbeschluss des Jahres 1431 behielt die Kennzeichnung mit Stempeln ausschließlich der Eisentonkeramik vor - der Stempel war somit auch ein Qualitätskennzeichen. Die Bedeutung der unterschiedlichen Marken ist nicht bekannt, doch scheint es sich nicht um eine Töpfereikennzeichnung zu handeln. Denkbar wäre eine weitergehende rechtliche Bedeutung des Stempels, etwa im Rahmen der Zunftverfassung oder eine Kennzeichnung des Inhaltes (Hagn 1990, 51. - Kies 1982, 25f. - Endres 1993, 29f. Anm. 5). Wir können nur feststellen, dass für die Ulmer Stücke unter den Stempeln des Wiener Raumes keine Vergleiche zu finden sind, wohl aber im Raum Passau (Rauscher 1970). So liegen entsprechende Stempel aus der Töpferei Oberzell vor (Mittelstraß 2007; Bauer 1982).
Die Funde aus Ulm und von der Ulmischen Festung Helfenstein stammen somit aus dem Raum Passau oder dem angrenzenden österreichischen Donauraum und sind als Import zu werten. Sie stellen zur Zeit die westlichsten bekannten Stücke dieser Ware dar. Ansonsten sind donauaufwärts Funde etwa aus Bayern, so aus Regensburg (Endres 1993; Hagn 1990) oder – im Alpenvorland – aus Murnau am Staffelsee (Mittelstraß 1994) bekannt.

Für eine wirtschaftsgeschichtliche Bewertung dieser weit entfernten Funde ist die Frage von Bedeutung, ob die Graphitgefäße selbst das Handelsgut darstellten, oder ob sie nur als Beifracht anderer Güter zu gelten haben. Hektor Ammann legte eine Kartierung vor, die verzeichnet, in welche Städte 1439 Einladungen zur Ulmer Messe versandt wurden (Ammann 1955). Deutlich tritt hier die Donauachse in Erscheinung, der aufgrund der Möglichkeit des Wassertransportes bis Ulm große Bedeutung zukam (Abb. 10). Dass hier auch Graphitton verhandelt wurde, zeigt sich in einem Protokoll des Stifts Kempten aus dem 17. Jahrhundert. Hier wurde für eine Glashütte im Allgäu der Import von "Passauer Erden", die für die Fertigung von Schmelztiegeln benötigt wurden vermerkt, dass sie "von Ulm gebracht" wurden (Förderreuther 1931, 2). Freilich handelt es sich hier eben wieder um Graphitton und nicht um fertige Eisentonkeramik.

Abb. 10 Die Handelsverbindungen der Stadt Ulm im 15. Jh. anhand der Einladungen zur Ulmer Messe,
die allerdings wohl weniger die reellen, als vielmehr die angestrebten Kontakte darstellen.
(Ammann 1955, S. 50)

Dank


Die Aufnahme der Ulmer Funde erfolgte im damaligen Depot des Ulmer Museums parallel zur Sichtung der Funde für das Archäologische Stadtkataster Ulm (Bräuning u.a. 2009). Mein Dank gilt Andrea Bräuning (LfD, Esslingen) und Kurt Wehrberger (Ulmer Museen) für die Unterstützung. Die Funde im Heimatmuseum Geislingen wurden schon 1992 erfasst. Hier gilt der Dank Hartmut Gruber, Geislingen.
 

Literatur

Ammann 1955
H. Ammann, Vom geographischen Wissen einer deutschen Handelsstadt des spätmittelalters. Ulm und Oberschwaben 34, 1955, 39-65.

Barteit-Klopp 2001
M. Barteit-Klopp, Archäologisch-historische Untersuchungen zur hoch- und spätmittelalterlichen Keramik von Geislingen und der Burg Helfenstein. Magister-Arbeit (Tübingen 2001).

Bauer 1982
I. Bauer, Handbuch und Führer zum Keramikmuseum Schloß Obernzell, Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums (München 1982).

Bräuning u. a. 2009
A. Bräuning/U. Schmidt/R. Schreg, Ulm. Arch. Stadtkataster Bad.-Württ. 35 (Esslingen 2009).

Drescher 1983
H. Drescher, Ein Schmelztiegel aus der Königspfalz Wimpfen am Neckar. In: Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 8 (Tübingen 1983) 363–367.

Duma/Ravasz 1976
G. Duma/C. Ravasz, Graphithaltige Gefäße aus Österreichs Mittelalter. Arch. Austr. 59/60, 1976, 225–242.

Endres 1993
W. Endres, Spätmittelalterliche Funde von der Saldenburg, Gde. Saldenburg, Lkr. Freyung-Grafenau. Ostbair. Grenzmarken 35, 1993, 24–53.

Felgenhauer-Schmiedt 1977
S. Felgenhauer-Schmiedt, Das Fundmaterial des Hausbergs zu Gaiselberg, NÖ. Arch. Austr. 61/62, 1977, 209–336.

Felgenhauer-Schmiedt 1980
S. Felgenhauer-Schmiedt, Aspekte der Mittelalterarchäologie zur Wirtschaftsgeschichte am Beispiel der früh- und hochmittelalterlichen Graphittonkeramik. Mitt. Österr. Arbeitsgem. Ur- u. Frühgesch. 30, 1980, 91–103.

Felgenhauer-Schmiedt 1998
S. Felgenhauer-Schmiedt, Graphittonkeramik des Früh- und Hochmittelalters in Niederösterreich. In: L. Polácek (Hrsg.), Frühmittelalterliche Graphittonkeramik in Mitteleuropa. Naturwissenschaftliche Keramikuntersuchungen 4 (Brno 1998) 199–207.

Fischer u. a. 1984
T. Fischer/S. Rieckhoff-Pauli/K. Spindler, Grabungen in der spätkeltischen Siedlung im Sulztal bei Berching-Pollanten, Landkreis Neumarkt, Oberpfalz. Germania 62, 1984, 311–373.

Förderreuther 1931
M. Förderreuther, Über Allgäuer Glashütten. Allgäuer Geschichtsfreund N.F. 32, 1931, 1–34.

Hagn 1990
H. Hagn, Altbayerische Töpfer. Keramikfunde vom 15. bis 19. Jahrhundert. Ausstellung der Prähistorischen Staatssammlung München in ihren Zweigmuseen; Erstpräsentation im Burgmuseum Grünwald, 28. März bis 30. November 1990. Ausstellungskat. Prähist. Staatssamml. 18 (München 1990).

Harl 1982
O. Harl (Hrsg.), Keramische Bodenfunde aus Wien (Wien 1982).

Kappel 1969
I. Kappel, Die Graphittonkeramik von Manching. Manching 2 (Wiesbaden 1969).

Kies 1982
A. Kies, Die Töpfermarken des Wiener Raumes. In: O. Harl (Hrsg.), Keramische Bodenfunde aus Wien (Wien 1982) 25ff.

Koch 1969
R. Koch, Katalog Esslingen I. Die vorrömischen und römischen Funde. Veröff. Staatl. Amt Denkmalpfl. Stuttgart A 14/1 (Stuttgart 1969).

Lang/Schreg 1996
W. Lang/R. Schreg, Grabungen im Kern der helfensteinischen Stadt Geislingen an der Steige, Kreis Göppingen. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1996, 236–240.

Lang/Schreg 1997
W. Lang/R. Schreg, Neues aus dem Geislinger Untergrund. Grabungen auf dem Gelände der Alten Post. Hohenstaufen/Helfenstein. Historisches Jahrbuch für den Kreis Göppingen 7, 1997, 9–32.

Lobbedey unpubl.
U. Lobbedey, Ulm, Weinhof. die Funde mittelalterlicher Keramik (unpubl.).

Mittelstraß 1994
T. Mittelstraß, Die Funde der archäologischen Ausgrabungen von 1991 und 1992 im Murnauer Schloß. In: Schloß Murnau. Ein Bauwerk der Stauferzeit und seine Geschichte. Forschungen zu Archäologie und Baugeschichte des Mittelalters und der Neuzeit in Bayern 1 (Murnau 1994) 120–273.

Mittelstraß 2007
T. Mittelstraß, Graphitkeramik des Mittelalters und der frühen Neuzeit in Altbayern. Ein Beitrag zum Beginn und zur Frühzeit der Obernzeller Produktion. Bayer. Vorgeschbl. 72, 2007, 235–318.

Polácek 1998
L. Polácek (Hrsg.), Frühmittelalterliche Graphittonkeramik in Mitteleuropa. Naturwissenschaftliche Keramikuntersuchungen 4 (Brno 1998).

Rauscher 1970
H. Rauscher, Hafnerzeichen aus dem Raum Passau. Ostbair. Grenzmarken 12, 1970, 310–320.

Reinecke 1936
P. Reinecke, Karolingische Keramik aus dem östlichen Bayern. Germania 20, 1936, 198–202.

Scharrer-Liška 2007
G. Scharrer-Liška, Die hochmittelalterliche Grafitkeramik in Mitteleuropa und ihr Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte. Forschungsstand - Hypothesen - offene Fragen. Monogr. RGZM 68 (Mainz 2007).

Schreg 1993
R. Schreg, Zur archäologischen Situation auf Burg Helfenstein. In: H. Gruber/W. Lang/R. Schreg u. a. (Hrsg.), Von Gizelingen zum Ulmer Tor. Spurensuche im mittelalterlichen Geislingen. Begleitheft zur 9. Geislinger Weihnachtsausstellung (Geislingen a.d. Steige 1993) 37.

Seitz 1937
H. J. Seitz, Vorgeschichtliche Eisengewinnung im Donaumoos. Germanen-Erbe 2, 1937, 110–118.

Stana 1998
C. Stana, Die frühmittelalterliche Graphittonkeramik in Mittelmähren. In: L. Polácek (Hrsg.), Frühmittelalterliche Graphittonkeramik in Mitteleuropa. Naturwissenschaftliche Keramikuntersuchungen 4 (Brno 1998) 87–125.

van den Boom 1989
H. van den Boom, Keramische Sondergruppen der Heuneburg. In: H. van den Boom/D. Fořt-Linksfeiler (Hrsg.), Heuneburgstudien 7. Römisch-Germanische Forschungen 47 (Mainz 1989) 1–134.

Freitag, 2. Januar 2015

Die Kulturguttragödie in Syrien und Irak im Dezember 2014

neue Berichte zu Plünderungen und Zerstörungen
Ausdehnung des IS (in grau) im November 2014
Mari liegt an der syrisch-irakischen Grenze.
(versch. Bearbeiter, [CC 0 1.0/PD] via wikimedia Commons)
Die Kirche von Dura Europos soll von Islamisten zerstört worden sein. Es handelt sich um den ältesten bekannten christlichen Kultraum, der noch ins 3. Jahrhundert datiert. Luftbilder zeigen seine Zerstörung. Möglicherweise handelt es sich hier nicht um die üblichen Raubgrabungen, sondern um eine gezielte Zerstörung, da nach unbestätigten Berichten 300 bis 1000 Bewaffnete die Ausgrabung zerstört hätten:
    Medienberichte
    Kurz vor Weihnachten veröffentlichten viele deutsche Medien eine Reihe von Berichten, die Satellitenfotos Vorher/ Nachher überblenden

    explizit zu Raubgrabungen und Antikenhandel durch IS:


        Konferenzen
        3.12.2014 UNESCO, Paris:
        11.12.2014, "Kulturgut in Gefahr", Auswärtiges Amt, Berlin

        Die Tagung hat schon im Vorfeld einige Aufmerksamkeit gefunden, ist sie doch von einiger Bedeutung für die Meinungsbildung in Bezug auf die anstehende Novellierung des Kulturgüterschutzgesetzes in Deutschland. - Siehe den Tagungsbericht:

        Hingewiesen sei hier auch noch einmal auf die Petition von The Syrian Campaign, die die UN dazu aufruft, den Handel mit syrischen Antiken zu unterbinden:

        Interner Link

        Donnerstag, 1. Januar 2015

        Archaeologik 2014

        Ein gutes 2015!

        Für Archaeologik war 2014 sehr erfolgreich: Es durchbrach am 17. Oktober die Marke von einer Viertel Million Zugriffen insgesamt. 2014 waren es weit über 120000, durchschnittlich etwa 340 am Tag.

        Die meist gelesenen Beiträge 2014:
        1. Ein Räuber im Zauberwald - die Vernichtung einer Quelle zur Völkerwanderungszeit
        21.2.2014, 3.975 Seitenaufrufe

        2. „Das nennt sich Fieldwork, ihr Schnarchzapfen“ – Der Rülzheimer „Barbarenschatz“ und die öffentliche Wahrnehmung von Denkmalpflege und Archäologen (Gastbeitrag von Jutta Zerres)
        27.2.2014, 2.649 Seitenaufrufe

        3. Neolithische Rohmaterialgewinnung an der neuen Stuttgarter Sensations-Fundstelle
        1.4.2014, 2.330 Seitenaufrufe - Der Aprilscherz in Verbindung mit swr2 und DGUF.

        4. Sonderangebot der Woche! Antike "Schrottmünzen" beim Lebensmitteldiscounter
        24.11.2014, 2.117 Seitenaufrufe

        5. Ehrenamtliche Bodendenkmalpflege mit QGIS 2.0 (Gastbeitrag von Biggi Schroeder)
        24.4.2014, 1.700 Seitenaufrufe

        6. Die völlige Zerstörung von Apameia am Orontes: Syrien im April 2013
        30.4.2013,1.499 Seitenaufrufe

        7. Mittelalterliche Keramik aus Geislingen
        14.12.2011, 1.230 Seitenaufrufe

        8. Habitus - ein soziologisches Konzept in der Archäologie
        14.12.2012, 939 Seitenaufrufe

        9. Facharchäologische Argumente gegen die Metallsuche durch Laien - Anspruch und Realität (Gastbeitrag von Raimund Karl)
        29.9.2014, 877 Seitenaufrufe

        10. National Geographic Nazi War Diggers - Leichenfledderei im Dienst des Kommerz 29.3.2014, 683 Seitenaufrufe

        11. Der Mikwenskandal von Venlo - Archäologie unter Erfolgszwang
        25.6.2014, 527 Seitenaufrufe

        12. Deutschsprachige Dissertations- und Projektblogs aus den archäologischen Wissenschaften
        4.6.2012 (mit mehrfachen Aktualisierungen), 496 Seitenaufrufe

        13. Unterschlagung statt Zerstörung - Anklage gegen Raubgräber des Rülzheimer Schatzes
        15.8.2014, 480 Seitenaufrufe

        14. Luftangriffe auf den Krak des Chevaliers
        14.7.2014, 462 Seitenaufrufe

        15. Der Zoll als Hehler?
        27.11. 2014, 460 Seitenaufrufe

        Die Zahl der Seitenaufrufe beruht auf GoogleAnalytics. Sie beziehen sich ausschließlich auf das Jahr 2014, also auch bei den älteren Blogposts (Zahlen Stand 23.12.2014).


        Interessant ist die Resonanz der Blogposts. Am meisten Kommentare hat Raimund Karls provozierende Sicht auf die Haltung der Archäologie gegenüber Sondengängern erhalten. Einige Posts haben merkliche Wirkung in der Öffentlichkeit erzielt und wurden in Vorträgen bei Ausstellungs- und Tagungseröffnungen aufgegriffen. Mehrfach haben mich Journalisten zu einzelnen Themen kontaktiert und hoffentlich immer befriedigende Auskunft erhalten. In einigen Fällen konnte ich an geeignete Interviewpartner weiter vermitteln, in anderen kam es zu Interviews:

        Besonders viele Zugriffe stammen aus den sozialen Netzwerken:
        Zugriffe aus Social Media auf Archaeologik 2014 bei Google Analytics
        Blogposts werden automatisch per rss-feed in der öffentlich sichtbaren facebook-Gruppe Archaeologik gepostet und auch auf twitter weitergeleitet (https://twitter.com/RSchreg). Google+ wird derzeit nur manuell bedient.
        Die obige Statistik mit Blogger auf Platz 2 der meist auf Archaeologik verlinkenden Social Media täuscht insofern, als hier interne Links innerhalb von Archaeologik mitgezählt werden. Die Links von WordPress sind überwiegend solche aus der Geschichtsblogger-Plattform hypotheses.org. Die Zugriffe aus academia kommen von den dort überwiegend auf meiner Seite eingestellten Links ausgewählter Bloposts.
        Am meisten verlinkt aus den Social Media war übrigens das Sonderangebot der Woche! Antike "Schrottmünzen" beim Lebensmitteldiscounter mit 828 Sitzungen und 1159 Seitenaufrufen.

        Ansonsten sind Google und Wikipedia die wichtigsten Quellen. Verweise von anderen archäologischen Websites blieben relativ gering. Lediglich Archäologie online war 2014 eine wichtige Quelle, allerdings wurde dort wohl nur ein einziges Mal auf Archaeologik verlinkt: Fast alle Zugriffe von dort gingen auf den Post Ein Räuber im Zauberwald.

        Insgesamt habe ich 2014 auf Archaeologik 143 Posts eingestellt (insgesamt sind inzwischen 717 Posts auf Archaeologik erschienen). Das ist deutlich weniger als im Vorjahr (174), was damit zusammen hängt, dass 2014 viele andere Projekte wenig Zeit ließen, geplante Blogposts umzusetzen. 
        2014 wurden nur 3 Posts auf  Englisch eingestellt. Die Zahl der  Gastbeiträge beläuft sich auf 19 (Vorjahr: 15). Autoren waren Biggi Schroeder (1 Beitrag), László Matthias Simon (2 Beiträge),  Inge Alraum und Bernd Lohmüller (1 Beitrag), Michelle Beghelli (1 Beitrag), Raimund Karl (1 Beitrag) und Sidra Gulzar (1 Beitrag). Ganz besonders verdienstvoll ist die Mitarbeit von Jutta Zerres, die allein 12 Beiträge beigesteuert hat, Jutta Zerres, die anfangs vor allem die Situation in Ägypten beleuchtet hat, greift inzwischen sehr viel weiter Themen aus dem Kulturgüterschutz auf. Ihren Beitrag „Das nennt sich Fieldwork, ihr Schnarchzapfen“ – Der Rülzheimer „Barbarenschatz“ und die öffentliche Wahrnehmung von Denkmalpflege und Archäologen halte ich persönlich für einen der wichtigsten Beiträge 2014, da er der archäologischen Selbstwahrnehmung aus der Leserresonanz auf den Barbarenschatz von Rülzheim einen Spiegel vorhält.

        Themen waren 2013 unter anderem:

        Archaeologik hat bei mir schon länger ein stärkeres Interesse an der Rolle der Social Media für die Archäologie angeregt. Die Auswirkungen sind ausgesprochen vielfältig, verändern sie doch das Verhältnis von Archäologie und Öffentlichkeit, indem sie dieser ermöglichen, eigenständige Sichtweisen auf die Archäologie (und Archäologen) zu formulieren (Extreme sicher: „Das nennt sich Fieldwork, ihr Schnarchzapfen“...). Es ergeben sich aber auch neue Möglichkeiten der Mitwirkung (jenseits des Detektor-Schwingens: Ehrenamtliche Bodendenkmalpflege mit QGIS 2.0) und des Engagements, das heute auch notwendig ist, um Kulturgüter und archäologische Quellen zu erhalten. Mir scheint eine Besinnung auf die Vergangenheit - nicht zur Schaffung nationaler Identitäten und Mythen, sondern zur kritischen Reflektion der Gegenwart und zur Vermittlung der Dimension Zeit.
        Zur Auseinandersetzung mit dem Thema hier auf Archaeologik:
        Inzwischen habe ich auch mehrere Einladungen zu einschlägigen Tagungen aus den Bereichen 'Digital Humanities' und 'Public Archaeology' erhalten, denen ich aber aufgrund anderer Verpflichtungen (siehe u.a. Forschung: Caričin Grad ) nicht nachkommen konnte. So blieb der Vortrag "Archaeology and Society in the Digital Age" (SABA 2014, 24.4.2014 in Bamberg) der einzige einschlägige Beitrag 2014. Ein darauf basierender eigentlich geplanter Blogpost des Vortrages ist leider (noch?) nicht zustande gekommen.
        So sind für 2015 schon viele Posts angedacht...
        Und: Gute Gast-Beiträge zu Themen der kritischen Archäologie u.ä. sind immer willkommen. Promotion ist dazu keine Voraussetzung...


        Interne Links