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Montag, 3. September 2018

Ausgebrannt - Fragen zur Zerstörung des Nationalmuseums in Rio

Mit den eindringlichen Bildern des Großfeuers im Nationalmuseum von Rio de Janeiro, das wohl weitgehend mitsamt seinen 200 Jahren alten Sammlungbeständen zerstört ist, ging die Meldung um die Welt: Das brasilianische Nationalmuseum mit über 2 Mio Exponaten aus den bereichen Archäologie Anthropologie, Ethnologie und Zoologie ist vollständig abgebrannt.

Die erschreckende Ästhetik des Feuers: Brand des Nationalmuseums in Rio de Janeiro
(Foto: Felipe Milanez [CC BY SA 4.0] via WikimediaCommons)
Die Medien berichten aber auch darüber, dass aufgrund erheblicher Mittelkürzungen seit langem Verbesserungen des Brandschutzes auf der Agenda standen, aber durch immer weitere Finanzstreichungen nicht umgesetzt werden konnten.
Der Vize-Direktor des Museums, Luiz Duarte beschuldigt die Regierung, dass sie das Museum hat verkommen lassen und an Kultur so desinteressiert gewesen sei, dass noch nicht einmal zum 200. Jubiläum im Juni ein Staatsminister erschienen sei. Laut einer Pressemeldung des Museums wurde gerade mit der staatlichen Entwicklungsbank BNDES eine Vereinbarung getroffen, mit der auch Brandschutzmaßnahmen hätten finanziert werden sollen. 
Die Feuerhydranten vor dem Museum waren defekt, so dass Löschwasser aus einem nahe gelegenen See mit Tankwagen herbei geschafft werden musste. Roberto Leher, Rektor der Universidade Federal do Rio de Janeiro (UFRJ), unter deren Verantwortung das Museum stand, kritisierte die Arbeit der Feuerwehr. "Wir haben klar erkannt, dass es an der Logistik und der Infrastruktur der Feuerwehr mangelt, um solch verheerenden Ereignissen wie diesem Feuer Rechnung zu tragen." 
Der Tagesspiegel schreibt, dass Mittelkürzungen im Kultursektor in der Finanzkrise Brasiliens normal seien: "Beim Nationalmuseum betrafen die Kürzungen aber sogar das Budget für die Gebäudeinstandhaltung. Mehrfach musste das Museum schließen, weil die Löhne für das Reinigungs- und Aufsichtspersonal nicht gezahlt wurden. Mit der Zeit wurden auch Ausstellungsräume geschlossen. Wer das Museum betrat, konnte die Vernachlässigung sehen. Termiten hatten sich in der hölzernen Struktur eingenistet, der Putz bröckelte, Kabel verliefen offen an den Wänden. Es war erkennbar, dass die Regeln zum Brandschutz nicht eingehalten wurden."  Desweiteren sollen im Gebäude auch feuergefährliche Stoffe für die Konservierung der Exponate gelagert gewesen sein.
Polizeiliche Ermittlungen sollen klären, ob Brandstiftung vorliegt. Das Feuer war am Abend des 2.9. nach Schließung des Museums ausgebrochen und war erst am folgenden Vormittag so weit unter Kontrolle, dass die Ruine betreten werden konnte. 

Brasiliens Kulturminister Sérgio Sá Leitao räumte ein, dass das Museum über Jahre vernachlässigt wurde. Statt in den Erhalt des Museums, dessen jährlicher Etat zuletzt nicht einmal 130.000  betragen hat, zu investieren, wurden trotz der schweren Finanzkrise in Brasilien über 55 Mio $ in einen prestigeträchtigen Museumsneubau für ein umweltbildungspolitisch wohl durchaus sinnvollen "Museum von Morgen" (Museu do Amanhã) ausgegeben - ein Muster, das auch in Deutschland bekannt ist: Die Politik macht eher Geld für prestigeträchtige neue Projekte locker, anstelle den Bestand zu sichern siehe Archaeologik 30.4.2018).
Ein Video des Universitätsfotographen Fernando Sousa auf facebook zeigt Solidaritätsbekundungen und Protest gegen die Kulturpolitik. 

Neben klassisch-archäologischen Sammlungen mit Funden aus Ägypten und dem Mittelmeerraum, die im Kern noch im 19. Jahrhundert  zusammengetragen und mit dem portugiesischen Kaiserhaus den Weg in die Neue Welt gefunden haben, wurde seit 1867 eine umfangreiches Archiv zur Archäologie in Brasilien, aber auch der gesamten präkolumbischen Welt zusammen getragen. Insgesamt beherbergte das Museum 20 Mio Objekte. Der berühmte Bendego-Meteorit (engl. wikipedia) hat das Feuer überstanden.
Laut der Movilversion der Museumshomepage waren Teile der Archäologischen Ausstellung wegen Renovierungsarbeiten geschlossen.


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