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Donnerstag, 19. Juli 2012

Eine neolithische Haldenlandschaft auf der Schwäbischen Alb

Halden im Wald Borgerhau (Foto: R. Schreg)
Im Wald Borgerhau nahe Blaubeuren auf der Schwäbischen Alb liegt bis heute der Abraum eines neolithischen Bergbaus. In tiefen Pingen hat man dort den begehrten Jurahornstein gewonnen, der ein wichtiges Ausgangsmaterial für Silexartefakte in vielen umliegenden Siedlungen bis ins Neckarland zu sein scheint.  Im dichten Wald waren die Strukturen dort aber lange übersehen worden bzw. wurden als Dolinen oder Bombenkrater abgetan (beides gibt es dort tatsächlich auch in einiger Zahl). Der Verdacht, dass dort eine Abbaustelle liegt, geht auf eine Grabung der 1950er Jahre zurück. Damals wurden die Abfallprodukte der Rohmaterialgewinnung allerdings verkannt und die Fundstelle als "grobgerätiges Mesolithikum" eingestuft. Mehrfach wurden in der Folge Zweifel laut und Vermutungen geäußert, es könne sich um eine Abbaustelle handeln. 

Im Rahmen eines Forschungsprojektes der NSF haben wir 2006 die Fundstelle in Augenschein genommen und dabei eine ausgedehnte Haldenlandschaft festgestellt. Mit groben Einmessungen der Streuung von Hornsteinfragmenten und einzelnen Grubenbefunden entstand ein erster Übersichtsplan, der inzwischen mittels LiDAR-Daten verfeinert wurde.

Bereits kurz nach der Entdeckung konnten wir 2007 in kleinen Schnitten Ausgrabungen vornehmen, die erhebliche Mengen an Produktionsabfällen erbracht haben. Die Silexfunde wurden zwischenzeitlich summarisch in einer Datenbank erfasst, Einzelaspekte genauer bearbeitet.
14C-Daten zeigen eine lange Laufzeit vom ausgehenden Frühneolithikum bis ins Spät- oder Endneolithikum. Die einzigen Keramikfunde sind die Scherben einer Michelsberger Schale.
Das Silexfundmaterial umfasst zahlreiche angeschlagene Rohstücke, insgesamt wurden aus 12 m² Grabungsfläche mehr als 1 t auswertbare Funde geborgen.

Anders als in Grimes Graves, wo sich tiefe Abbauschächte nachweisen lassen, ist im Borgerhau bislang nur ein tiefer Pingenbau mit zahlreichen Abraumhalden nachweisbar. Über Jahrtausende hinweg hat man diese Bereiche offenbar keiner anderen intensiven Nutzung - außer Beweidung oder Brennholznutzung - zugeführt, so dass sich die Oberflächenstrukturen erhalten konnten.
Die neolithische Silex-Abbaustelle von Grimes Graves in England ist in Luftbildern sehr gut erkennbar. Es zeichnen sich zahlreiche Mulden mit Rippen dazwischen ab (siehe hier auf Archaeologik).

Dia Auswertungsarbeiten sind im Gange, liegen in diesem Jahr jedoch verstärkt auf einer benachbarten Siedlung der Bandkeramik.

Literaturhinweise
  • G. Weisgerber/R. Slotta/J. Weiner (Hrsg.), 5000 Jahre Feuersteinbergbau. Die Suche nach dem Stahl der Steinzeit³. Ausstellung im Deutschen Bergbau-Museum Bochum vom 24. Oktober 1980 bis 31. Januar 1981. Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum 77 (Bochum 1999).
zur Ausgangslage des Forschungsprojektes

Grabungen im Borgerhau
     Siedlungen im Umfeld der Abbaustelle
    • L. Fisher/S. Harris/C. Knipper u. a., Fortsetzung der Untersuchungen zur neolithischen Besiedlung und Hornsteinnutzung auf der Blaubeurer Alb, Alb-Donau-Kreis. Arch. Ausgr. Bad.-Württ., 2008, 34–37.
    • Harris, Susan; Knipper, Corina; Fisher, Lynn; Schreg, Rainer, Sondagegrabungen zur neolithischen Hornsteinnutzung in Blaubeuren-Sonderbuch. In: Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 3006, 33–37.
       

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