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Freitag, 30. März 2012

Canto Rodado online

Ab Band 5, 2010 per open access online:
Canto Rodado. Revista especializada en patrimonio
In Panama herausgegebene spanischsprachige Zeitschrift zu Themen der Archäologie und Denkmalpflege in Lateinamerika.



Mehr Schwung, mehr Inhalt

Die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte hat ihre Homepage modernisiert:
http://www.dguf.de/index.php

Bemerkenswert sind einige neue Rubriken, die das Engagement der Gesellschaft und auch aktuelle fach-politische Aktivitäten sichtbar und transparent machen.
DGUF und Gesellschaft bringt Standpunkte und Stellungnahmen zu aktuellen Vorgängen
Archäologiepreise wo neben dem etablierten Deutschen Archäologiepreis und dem Deutschen Studienpreis für Archäologie auch der bislang noch nicht vergebene "Rostige Spaten" vorgestellt wird.
 
Bemerkenswert auch das Projekt DGUF-Zotero  und die erste online-Publikation zum Download (Andreas Heege, Keramik des frühen und hohen Mittelalters aus dem Rheinland), die hoffentlich nur ein Anfang ist, die DGUF-Publikationen online zugänglich zu machen.

Donnerstag, 29. März 2012

Der Becher der Elisabeth - oder: Die Faszination des Historischen

Zum Verhältnis von Archäologie und Geschichte ein lesenswerter Eintrag auf dem Blog MinusEinsEbene von Maxi Platz: Heilige Elisabeth von Thüringen – Archäologie einer historischen Persönlichkeit

Die Faszination des Historischen - in Form von Personen und Plätzen - ist eng verbunden mit "dem Authentischen". Beides ist ein Risiko für die Wissenschaft. Das Publikum lässt sich damit begeistern, sinnvolle wissenschaftliche Fragestellungen kommen allzu leicht unter die Räder.

Dienstag, 27. März 2012

Eine hallstattzeitliche Grabkammer bei Westerheim

1949 hat Albert Kley einen hallstattzeitlichen Grabhügel bei Westerheim (Alb-Donau-Kreis) ausgegraben. Eine erste Publikation durch Kley enthielt leider keinerlei Abbildungen. Die Funde wurden dann in dem umfassenden Katalogwerk hallstattzeitlicher Grabfunde in Württemberg und Hohenzollern von Hartwig Zürn publiziert, der Grabungsplan 1992 in einem Ausstellungsbegleitheft erstmals vorgelegt - ein Überblick über die Befundsituation ist so kaum zu gewinnen.
Dieser Blogpost soll (und kann) keine Aufarbeitung des Komplexes bieten, sondern lediglich einige Beobachtungen skizzieren, die bei der Fundaufnahme und Ordnung der Sammlung Kley zu machen waren. Dabei ist die Sichtung noch nicht abgeschlossen, da noch mehrere Quarkschachteln mit Funden aus Westerheim identifiziert werden konnten, die aber noch nicht genauer durchgesehen sind.

Die Fundstelle
Etwa 1,5 km südwestlich des Ortes wurde 1949 "in der Au", im Katzental ein Erdhügel abgetragen, um Boden für die Wiederherstellung eines zu Ende des zweiten Weltkriegs zerstörten Anwesens zu gewinnen. Dabei auftretende Funde wurden durch einen Einwohner an Georg Burkhardt in Geislingen gemeldet (vgl. Merkblatt).
Der Hügel war bei der Grabung noch etwa 0,9 m hoch und hatte einen Durchmesser von rund 17 m.

Die Grabung
Der Geschichts- und Altertumsvereins Geislingen, dessen Vorstand Burkhardt war, finanzierte für die Rettungsgrabung zwei Grabungsarbeiter und übertrug die Grabungsleitung an A. Kley. Hinzu kamen weitere Schüler und Kollegen von Herrn Kley, wie auch dessen Frau.
Der Hügel wurde in vier Quadranten gegraben, so dass ein Kreuz von Profilstegen stehen blieb.


Dokumentation
Die Originaldokumentation der Grabung ist im Nachlaß Albert Kley vorhanden, sie ist indes relativ unübersichtlich und besteht aus vielen kleinen Zettelchen. Der von Kley publizierte Text ist die einzige zusammenhängende Beschreibung, ansonsten existiert ein Übersichtsplan. Profilzeichnungen wurden noch nicht aufgefunden. Bei der Grabung wurden keine Befundnummern vergeben, sondern einzelne Referenzpunkte gesetzt, auf die Fundstellenangaben bezogen wurden.
Fotoaufnahmen der Grabung scheinen nicht zu existieren.

Der Befund
Westerheim, In der Au
(Umzeichnung des Grabungsplans von A. Kley
durch R. Schreg)




Der Plan lässt die Reste einer hölzernen Konstruktion erkennen. Kley beschreibt sie als eine "Ansammlung von verkohlten Buchenscheitern", die "zuunterst auf dem gewachsenen Boden" gelegen hätten. "Sie bildeten ein genau nord-südlich gerichtetes Rechteck von stark 3 x 2 m Seitenlänge und lagen meist in 2 bis 3 Lagen senkrecht übereinander." Kley interpretierte dies als den Rest eines Holzstoßes für die Leichenverbrennung, wobei er auf Reste von Leichenbrand aus einer das Holz überdeckenden Ascheschicht hinweist.

Alternativ mag hier an die Reste einer Grabkammer zu denken sein, die auf einem Bretterboden in Blockbauweise errichtet worden ist. Die Hölzer der Grabkammer waren vor allem in der Nordhälfte inkohlt erhalten. Umgeben wird die Kammer von einer kreisförmigen Struktur, bei der es sich wahrscheinlich um einen Kreisgraben handelt, der jedoch auffallend dicht an der Grabkammer verläuft. Eine genauere Beschreibung des Befundes konnte ich bislang nicht ausfindig machen. Im Abstand von zwei Metern verläuft ein weiterer gebogener Befund, der einen Kreisgraben am eigentlichen Hügelfuß angeben könnte. Die Beschreibung von A. Kley verweist indes auf einen "ungenauen Kreis von Kalksteinen in einigermaßen regelmäßigen Abständen" "wohl nahe dem ehemaligen Rand des unverschleiften Hügels".

Es liegen einige wenige Knochenreste vor, die auf eine Körperbestattung verweisen. Bisher ist es mir nicht gelungen, ihre Lage im Plan zu verifizieren.
Über der eigentlichen Grabkammer verzeichnet der Grabungsplan einzelne größere Steinblöcke, möglicherweise der Rest einer Kammerabdeckung mit einer Steinpackung.Kley beschreibt jedoch explizit nur vier große Steine, um die herum "eine Art Mantel aus besonders hartem, offenbar festgestampftem Lehm" lag.

Funde
Die Arbeit von Hartwig Zürn verzeichnet die wichtigsten Funde des Grabes und bildet diese auch in Zeichnungen ab. Hier seien einige Arbeitsfotos wiedergegeben.
1. Metallfunde
  • 6 Bronzeringchen mit dreieckigem Querschnitt
  • 2 kleine Bronzekügelchen, vermutlich ursprünglich auf einem Eisenstift 
  • Gliederstab, an beiden Enden kleine Ösen ursprünglich wohl drehbar eingesetzt - nach dem Bericht von Kley müssten weitere Stücke vorhanden sein
2. Keramik
  • unverz., geglättete Kragenrandschale
  • Alb-Hegau-Teller. Möglicherweise gehören zwei Randscherben mit Kreisstempeln (hier nur eine abgebildet) zu einem zweiten Stufenteller
    Nach dem Bericht von A. Kley dürften Kragenrandschale und Stufenteller vor Beginn der Untersuchung gefunden worden sein.
 
  • Wandscherben ritzverzierter Keramik in Alb-Hegau-Tradition
  • Fragmente eines ritzverzierten Kragenrandgefäßes in Alb-Hegau-Tradition
Desweiteren liegen zahlreiche weitere kleine Keramikscherben vor, zumeist unverziertes Material, darunter auch die Randscherbe einer gewölbten Schale. Ausgesprochen grob gemagerte Stücke fehlen, doch zeigt eine Scherbe Abdrücke von Getreidekörnern.
Beispiel weiterer Keramikscherben

Scherbe mit organischer Magerung

Randscherbe einer gewölbten Schale
3. weitere Funde 
Kley erwähnt einige weitere Funde, die zur Zeit nicht vorliegen:
  • eine ganze Anzahl von Eisengegenständen, u.a. ein sichelförmiger Gegenstand
  • eine runde Scheibe aus Bronzeblech, knap 8cm Durchmesser mit drei konzentrischen Doppelkreisen aus eingepunzten feinsten Pünktchen, lag mit dem Gliederstab und Holzresten unter einem der großen Steine am Nordrand der Holzkonstruktion
  • neolithische Pfeilspitze
Bemerkungen zur Einordnung
Die Keramik verweist den Fund in den Kontext der Stufe Hallstatt C. Auffallend sind jedoch die große Grabkammer und die Knochenreste, die kaum in diesen zeitlichen Kontext, sondern eher in die Späthallstattzeit (HaD) zu passen scheinen. Der kleine Kreisgraben unter der Grabkammer mag hier eine Mehrphasigkeit des Grabhügels andeuten, so dass die Kammer in Ha D in einen älteren Hügel eingebracht worden sein könnte.
Ob diese These zutrifft, könnte eine genauere Sichtung der vorhandenen Unterlagen vielleicht noch zeigen.

Die Fundstelle liegt am Ostrand der Verbreitung hallstattzeitlicher Grabhügel auf der mittleren Alb. Nach Osten zu sind erst wieder im Heidenheimer Raum hallstattzeitlichen Funde bekannt, die bereits der Ostalb-Gruppe angehören (vgl. Blogpost). Von der Geislinger Alb sind entsprechende Grabfunde bislang nicht bekannt, doch mag es sich hier um eine Folge des ungenügenden Forschungsstandes handeln. Auf der Stubersheimer Alb liegen jedenfalls mehrere bisher nicht untersuchte Grabhügel, zudem sind mehrere Siedlungsstellen bekannt, die sowohl Alb-Hegau-Keramik als auch Ostalb-Keramik erbracht haben.


Literatur
  • Fundberichte aus Schwaben N.F. 11, 1938-50, 84 (kurze Notiz)
  • A. Kley, Vorgeschichtliche Grabhügel bei Westerheim. Geschichtliche Mitteilungen von Geislingen und Umgebung 13, 1952, 79-81
  • H. Zürn, Hallstattzeitliche Grabfunde aus Württemberg und Hohenzollern. Forsch. u. Ber. Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 25 (Stuttgart 1988) 
  • R. Schreg/ A. Kley, Scherben schreiben Geschichte. Vor- und Frühgeschichte von Geislingen und Umgebung (Geislingen 1992), 25f.

Bemerkung
Dieser Text wird bis auf weiteres ggf. ergänzt und korrigiert werden.


Freitag, 23. März 2012

Zunehmende Plünderungen in Ägypten

Geplünderte Gräber in El Hibeh
(Foto: Carol Redmount, via
facebook - Save El Hibeh (Egypt): Fotos, freigegeben)
In Ägypten nehmen die Plünderungen und Zerstörungen archäologischer Stätten zu. Dramatische Bilder gibt es aus El Hibeh, das im Mittelpunkt internationaler Anstrengungen steht, die Situation in Griff zu bekommen. Internationaler Protest, nicht zuletzt via Internet mobilisiert, zeigt erste Reaktionen von Seiten der ägyptischen Regierung.


    Raubgrabungslöcher in El Hibeh
    (Foto: Carol Redmount via
    facebook - Save El Hibeh (Egypt): Fotos,
    freigegeben)
    Bei illegalen Grabungen sind in den vergangenen Wochen mindestens zehn Menschen umgekommen, als ein Grabungsschacht und das darüber stehende Haus eingestürzt sind - offenbar ist genug Geld zu gewinnen um große Risiken einzugehen. Die kunstbegierigen Käufer wollen das nicht wissen und sind weit weg.
    The Egyptian Gazette v. 23.3.2012

    Änderungsvermerk (13.3.2015): 2. Bild neu verlinkt 

    Donnerstag, 22. März 2012

    Denkmalpflege auf dem Mond

    (Foto: Kiefer
    [CC BY SA 2.0]
    via WikimediaCommons)
    Der Schutz der Spuren früherer Mondlandungen wurde in den vergangenen Wochen mehrfach Thema von Pressemeldungen, sogar bei BILD.
    Ob die Spuren auf dem Mond einen besonderen wissenschaftlichen Wert haben, wage ich zu bezweifeln - jedenfalls nicht so lange wie unsere schriftliche und bildliche Überlieferung funktioniert. Insofern wird hier der sentimentale und emotionale Aspekt deutlich, den die Denkmalpflege eben auch hat.

    Links:
    Neu ist das Thema indes nicht:

    Nachtrag (28.3.2012)
    Eventuell ist angesichts so manchen Verschwörungstheoretikers doch eine Erhaltung der Spuren als historisches Dokument notwendig.

    Montag, 19. März 2012

    Tor G am Heidengraben bei Erkenbrechtsweiler

    Fund in meinem Diaarchiv: Das Foto einer Modellrekonstruktion von Tor G am latènezeitlichen Oppidum Heidengraben nördlich Erkenbrechtsweiler (Lkr. Reutlingen, Bad.-Württ.).

    Modellrekonstruktion R. Schreg 1983
    Das Tor wurde 1981 ausgegraben. Das Modell, 1983 gebastelt, basiert auf dem damals in einem Vorbericht publizierten Plan sowie Fotos, die ich bei einer Grabungsbesichtigung gemacht hatte.

    Literaturhinweis
    • I. Balzer, Das Tor G des Oppidums Heidengraben bei Grabenstetten. Die Grabungen 1976 und 1981. Fundber. Bad.-Württ. 22/1, 1998, 295–376.

    Sonntag, 18. März 2012

    Weltwoche: "Die grinsenden Totengräber der Kultur"

    «Die Leute meinen, dass es einen legalen und einen illegalen Markt gibt. Tatsächlich sind aber beide das Gleiche.» - Prof. Ricardo J. Elia
    «Am besten würden die Museen die Hände ganz von diesem Geschäft lassen, weil sie sonst ungewollt das fragwürdige Geschäft mit Raubgrabungen fördern» - Prof. Michael Heinzelmann.
    http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2006-02/artikel-2006-02-die-grinsenden-t.html

    Freitag, 9. März 2012

    Archäologie als israelische Kriegswaffe

    Die Seite von Hartmut Barth-Engelbart gibt einen Beitrag »Zeitbombe in Jerusalem« von Johannes Zang in “publik-forum” wieder - ein aktueller Blick auf die problematische politische Rolle der biblischen Archäologie.

    Mittwoch, 7. März 2012

    Türkei will Funde verkaufen

    In der Türkei gibt es Überlegungen, Funde zu verkaufen, die länger als ein Jahr nicht in einer Ausstellung gezeigt werden.
    Hier wird verkannt, dass der Sinn archäologischer Funde nicht in deren Ausstellung besteht, sondern in ihrem historischen Aussagewert. Dass es dabei angeblich nur um Funde ohne historischen Wert gehen soll, ist wenig glaubhaft, da keine Kriterien genannt werden. Solange ein Fund einen zuverlässigen Fundort besitzt ist er für statistische Auswertungen immer von Wert.
    Das Problem der Lagerung muss anders gelöst werden - nicht zuletzt durch einen besseren Schutz der Fundstellen selbst, der weniger Grabungen erforderlich macht. Moderne Forschung müsste hier verstärkt auf nicht-invasive Methoden setzen, so dass kleine Grabungsschnitte ausreichen, um gezielt einzelne Befunde hinsichtlich der datierenden und anderweit zu interpretierenden Funde zu beproben.

    Besonders riskant ist die Legalisierung des Antiken-Marktes, der weiteren Anreiz zur Plünderung der Fundstellen geben wird.
    Natürlich begrüßt die Sammler Lobby das:

    Sonntag, 4. März 2012

    Proteststurm gegen plündernde Fernsehserien in den USA

    Inzwischen haben sich alle großen Archäologen-Verbände der USA dem Protest gegen die plündernden Fernsehserien von NG und Spikes angeschlossen.
    Leider finden die Proteste gegen National Geographic weniger Unterstützer als diejenigen gegen Spike TV, die als erste gestartet sind. Eine Online-Unterschriftenaktion gegen Spike TV hat in wenigen Tagen über 17000 Unterschriften gesammelt, die weniger beworbene und erst etwas später initiierte vergleichbare Aktion gegen National Geographic Channel leider nur etwas mehr als 4000 - obwohl gerade NG genau wissen müsste, was für einen Schaden sie hier anrichtet.

    Hinter beiden Sendungen scheinen Firmen zu stecken, die Detektoren vertreiben.

    Hier eine ergänzende Linkliste als Update


    Donnerstag, 1. März 2012

    TV-Shows plündern archäologische Fundstellen

    Zwei neue Fernsehserien beunruhigen derzeit die Kollegen in den USA - und sollten uns auch hier zu denken geben.

    Spike TV hat angekündigt ab 20. März "American Digger" auszustrahlen, eine Serie, die einen ehemaligen Wrestler (und jetztigen Inhaber einer Schatzsucher-Firma) bei der Jagd nach historischen Schätzen begleitet. Das Konzept der Sendung: "Sie schürfen in fundträchtigen Gebieten wie Schlachtfeldern und historischen Stätte in der Hoffnung reich zu werden, indem sie seltene Stücke der amerikanischen Geschichte ausgraben und verkaufen." Sicher nicht zufällig ist die Namensgleichheit der Sendung mit einem Schatzgräber-Magazin.


    Am 28. Februar wurde ausgrechnet bei National Geographic Channel (75% Eigentümer ist Fox) eine ähnliche Serie gestartet: "Diggers". Die Sendung läuft mit einem Vertreiber von Metalldetektoren Anaconda treasures. Wo vor Tagen noch Informationen zur Sendung standen, wird nun auf die Seiten der Firma verlinkt. NG auf twitter: "Is metal detecting a dull spectator sport? Not with the crew from Anaconda Treasure"

    Archäologische Fundstellen werden kommerzialisiert und für den Profit oder das Vergnügen/Hobby Einzelner zerstört.