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Montag, 15. August 2011

Vladimir Putin - der starke Mann und die Archäologie

Putins Selbstinszenierung
(Foto: dpa [CC BY-NC-SA 2.0])
Der russische Premierminister Vladimir Putin setzt sich für die Belange der Archäologie ein.

Auf einer fast einstündigen Videokonferenz in Novgorod moderierte Putin am 26. Juli die Kurzpräsentation von verschiedenen aktuellen Grabungen aus verschiedenen Regionen Russlands, zu denen die Ausgräber live zugeschaltet waren. Putin frägt inhaltlich wie politisch nach und verspricht Unterstützung, was verbesserte Rahmenbedingungen angeht. Er spricht sich für eine Verschärfung des Genehmigungs-Verfahrens für Ausgabungen aus und schlägt vor, dass die vom Kulturministerium erteilten Genehmigungen zuvor von der Akademie der Wissenschaften geprüft und begutachtet werden. Er verspricht zudem Unterstützung für die Einrichtung eines Museum auf der Taman-Halbinsel.


Der vollständge Text einer Video-Konferenz von Putin findet sich in englischer Übersetzung auf einer russischen Regierungsseite (vergl. dazu auch die deutschsprachige online-Ausgabe von RIAnovosti


Interessant ist auch, wie Putin sein Interesse für Archäologie begründet:
"I must say that I've visited several archaeological excavations, and it always has a great impression on me, because you start to feel the power of the Russian state. And the power of the Russian state rests on our ethnic, cultural and religious diversity. When I do manage to visit an excavation site, I feel this sense of the immensity of our state and the depth of its historical heritage. And this is stunning."
Im Unterschied zu Sowjet-Zeiten, wo es Prozesse gegen Archäologen gab, die sich nicht genug der Geschichte der "Völker der UdSSR" widmeten, sondern sich beispielsweise mit Krimgoten oder byzantinischen Fundstellen auf der Krim beschäftigen, betont Putin jedoch "Russia has always been part of European civilisation, but at the same time it has always been very open and benevolent to the East - and this is one of the strengths of our state and our people."

Im Falle der aktuellen Grabungen in Derbent im Kaukasus wird dann auch auf die frühen Zeugnisse sowohl der Christianisierung als auch der Islamisierung abgehoben.
Ansonsten kommen aber auch weniger spektakuläre Projekt zu Wort, so etwa die Untersuchungen in Suzdal Opolye zu einer mittelalterlichen Siedlungslandschaft, die der Ausgräber mit den Anfängen des russischen Staates in Bezug setzt. Putin frägt anschließed aber explizit nach einer früheren finnischen Besiedlung der Region nach. Bei diesem Projekt werden knapp Themen der Landschaftsarchäologie dargestellt, etwa die Nahrungsversorgung von Novgorod. Und es geht um Methoden - archäologische Surveys und Geophysik (gemeinsam mit deutschen Kollegen aus Kiel) - sowie um die Zerstörung der Bodendenkmäler durch Überpflügen.

In seinem Schlusswort betont Putin die Bedeutung der Vergangenheit für die Bewältigung der Probleme der Zukunft: “Looking at your work, we are beginning to realize what problems and trials our ancestors, our country passed through its development, what difficulties they encountered and how they overcame them. This allows us to say with confidence that we will also overcome the problems that we are facing today.” 

Gleichzeitig inszeniert sich Putin in üblicher Weise als starker Mann - indem er sich persönlich auf Schatzjagd macht und bei einem Grabungsbesuch zwei (wohl platzierte) Amphoren an die Wasseroberfläche bringt. Verschiedene Pressemeldungen greifen das auf (NZZ, Hamburger Morgenpost), bringen Bildstrecken und Videos. Mag man auch bedauern, dass Schatzjagd damit wieder als "männlich" und "heldenhaft" propagiert wird, so ist es für die russische Archäologie doch auch eine Chance (wobei sich die Kollegen aber fragen müssen, ob und wie sie sich vor PutinsKarren spannen lassen). Wie tief Putins kulturelles Verständnis tatsächlich geht, mag man sich angesichts seines doch etwas fragwürdigen Selbstinszenierung fragen - auch ein Blondinen-Museum zählt zu seinen kulturpolitischen Qualifikationen (Bericht bei n-tv).

Hier in Deutschland kann man von so einer Aufmerksamkeit von Seiten der Politik nur träumen.

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