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Mittwoch, 29. Dezember 2021

Hanau: Raubgräber plündern und zerstören eine laufende archäologische Ausgrabung

Raubgräber haben nachts wiederholt die laufenden Ausgrabungen einer bronzezeitlichen Siedlung mit Bestattungen bei Rodenbach wenige Kilometer östlich von Hanau in Hessen offemsictlich mit Metallsonden abgesucht und die Befunde geplündert und zerstört. Bereits nach der ersten Tat schaltete die Gemeinde die Polizei ein und erstattete Anzeige. Zur Sicherung wurden auf der Grabung bereits erkannte, aber noch nicht untersuchte Befunde mit Stahlplatten abgedeckt, was die Raubgräber jedoch nicht daran hinderte, weiterhin gezielt die Fundstelle zu plündern. Angesichts der laufenden Ausgrabungen ist klar, dass sie keineswegs aus Geschichtsinteresse ihr Hobby pflegen.
Übrigens würde ich solche Leute nicht als Profis bezeichnen - das sind ganz einfach Kriminelle. Ein Profi weiß um den Wert der Erkenntnisse aus systematischen Ausgrabungen.
 
(Foto: R. Schreg, 2013)




Montag, 27. Dezember 2021

So lang es keiner sieht (oder sehen will?) - Raubgräber und online-Antikenhehlerei auf dem Balkan

 Neu erschienen:

  • Samuel A. Hardy: It Is Not against the Law, if No-One Can See You: Online Social Organisation of Artefact-Hunting in Former Yugoslavia. Journal of Computer Applications in Archaeology 4(1), 2021, 169–187.  - DOI: http://doi.org/10.5334/jcaa.76 

Diese Studie von Samuel Hardy vom Norwegian Institute in Rom, der sich selbst als Cultural property criminologist bezeichnet, greift Open-Source-Intelligenz zurück, um Raubgrabungen und den illegalen Handel mit archäologischen Objekten (und Fälschungen) auf dem Balkan in Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien und Slowenien, also im Wesentlichen im ehemaligen Jugoslawien zu analysieren. Sie stützt sich auf Texte und Bilder, die von Hunderten von Artefaktjägern in Dutzenden von Online-Communitys und anderen Online-Plattformen veröffentlicht wurden. Dazu gehören Online-Foren und soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram; soziale Medien wie Pinterest und YouTube; generische Handelsplattformen wie eBay, Etsy und olx.ba; und spezialisierte Handelsplattformen wie VCoins. 

Auf Facebook identifizierte Hardy beispielsweise 26 einschlägige Gruppen bzw. Seiten (Stand Ende 2020). Eine davon, die Hardy mit seinem Code YUOC004 bezeichnet, hat zwei Frauen unter den Admistratoren, einen Account, der sich offen als Neo-Nazi darstellte und des öfteren wegen der Darstellung von NS-Symbolen  von facebook verwarnt und schließlich gesperrt wurde. Die Gruppe selbst hatte aber offenbar keine Probleme, obwohl seit Juni 2020 "the exchange, sale or purchase of all historical artefacts" auf facebook unzulässig ist.

Die Analyse solcher Gruppen zeigt, wie Artefaktjäger gezielt auf Fundstellen, Befunde und Objekte abzielen, die Funde versprechen, die Sammel- und Marktqualitäten aufweisen. Weiterhin ist nachzuvollziehen, wie Raubgräber ihre Ausrüstung organisieren, Patron-Klienten-Beziehungen, Peer-to-Peer-Partnerschaften und andere kooperative Gruppen bilden, wie sie sich an transnationalen Aktivitäten beteiligen und Crowdsourcing-Techniken für Schmuggel und Strafvereitelung nutzen und wie sie auf die Polizei reagieren.  Solche Informationen offenbaren die Auswirkung unter anderem des Billig-Sektors für Kulturgüter aus armen Ländern oder auch Aspekte der Geschlechterdimension bei der Kulturgut- und Cyber-Kriminalität. Weiterhin  zeigt die Studie die Wechselwirkung zwischen politischer Seilschaften und kriminellen Aktivitäten.

Da sie in den Sozialen Medien oft Angaben zu ihrer Identität machen oder eine elektronische Spur hinterlassen, ist vielfach ihre Identifizierung möglich. Somit zeigt die Studie auch, wie "Netnographie" (ethnographische Analysen in Net-Communities) und die Analyse sozialer Netzwerke die Polizeiarbeit unterstützen können.

 

Link

 

Dienstag, 14. Dezember 2021

Die Abstimmung ist eröffnet: die Wahl zum Wissenschaftsblog des Jahres 2021

Gerade Corona macht deutlich, wie wichtig Wissenschaftskommunikation ist. Viel der aktuellen Unsicherheiten und der niedrigen Impfquoten haben mit schlechter Wissenschaftskommunikation zu tun. Daran sind viele Akteure beteiligt, die klassischen Medien vom Bouelvard bis zum seriösen Wissenschaftsjournalismus, Forschungsinstitutionen und Behörden und zunehmend die Social Media. Viele der Informationen, die hier verbreitet werden, basieren aber nicht auf Wissen nach wissenschaftlichen Standards, sondern sind schlimmstenfalls dumm oder bewusst manipulativ, meist aber eher naiv oder angstgetrieben.

Der Wissenschaftskommunikation kommt daher eine sehr wichtige Bedeutung zu - dank Corona ist das deutlicher denn je.

Der Blog „Wissenschaft kommuniziert“ führt in diesem Jahr zum elften Mal die Wahl der „Wissenschafts-Blog des Jahres“ durch. Auf der Shortlist stehen 30 Blogs. auch Archaeologik ist als Gewinner des Jahres 2015 darunter. Die offene Publikumswahl im Internet geht bis zum 10. Januar 2022 (24.00 Uhr). 


2015 war Archaeologik der Gewinner. der Auszeichnung in Gold..


Auf die Wahl des Blogteufelchens wird dieses Jahr verzichtet. Damit wurden Blogs ausgezeichnet, die Parawissenschaften verbreiteten - oder diese kritisch aufspiesen. Seinen Verzicht begründet Korbmann damit, dass das Ziel erreicht sei, das Problem der Falschinformationen werde ernst genommen. Im Eye-Catcher heisst es allerdings "Ein Ziel ist erreicht – Wissenschaftsskeptiker werden ernst genommen."- wohl ein Versehen, aber tatsächlich scheint das Problem ja eben auch schlimmer geworden zu sein. Qualitätsinformation und Halbwissen bzw. gar Unwissen sind im medialen Diskurs kaum noch unterschieden.

Wissenschaftler*innen sind meist keine Kommunikationsspezialist*innen, aber ihre Expertise wird auf Blogs direkt zugänglich und die Wissenschaft bzw. ihre vielen Fächer auch nahbarer.

In der überarbeiteten (von wenig aktuellen Blogs bereinigten) Vorschlagsliste zur Wahl (die sich mit einem Eintrag unter Sonstige durch die Wähler*innen auch erweitern lässt) sind vermehrt Blogs aus den Sozial- und Geisteswissenschaften aufgeführt. Reiner Korbmann schreibt dazu;

"Gerade in der Pandemie hat sich gezeigt, dass Naturwissenschaften, Medizin und Biowissenschaften nicht ausreichen, um die Gesellschaft mit wissenschaftlichen Erkenntnissen bei der Bewältigung einer Krise zu unterstützen. Gesellschafts- und Geisteswissenschaften spielen mindestens eine ebenso große Rolle, etwa wenn es darum geht, die Langzeitfolgen für das Bildungswesen abzuschätzen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern oder aber gerade den Wissenschaftsskeptikern zu begegnen."

Tatsächlich scheint in der aktuellen Wissenschaftskommunikation einigen zu kurz zu kommen, was eher Sozial- und Geisteswissenschaftler mit ihrer Kenntnis über Gesellschaften vermitteln können:
  • der direkte Weg zu den Menschen - Politik und Wissenschaft verlassen sich hier zu sehr auf mediale Berichterstattung, die aber mit einer qualitätvollen Darstellung oft selbst überfordert ist. Die wenigen, oft wirklich guten Wissenschafts-Journalist*innen und Wissenschafts-Kommunikatoren verlieren sich in der Vielzahl des Mäßigen. Viele klassische Medien verlinken gar nicht auf die originalen Publikationen (die, wie sich aktuell, zeigt dringend open access sein müssen), das  leisten doch eher die Wissenschaftsblogs.

  • die Diskussion von Risiken - Corona hat viel mit Risikoabwägungen zu tun, aber das scheint mir leider ein sehr untergeordnetes Thema. Gerade aber die wichtige Entscheidung für eine Impfung hängt davon ab, dass man Risiken richtig einschätzt. Ängste sollte man ernst nehmen, um ihnen entgegenzutreten und sie seriös auszuräumen. 
  • die Offenlegung wissenschaftlicher Abläufe und Publikationen - In der öffentlichen Debatte um Corona zeigt sich oft ein ziemliches Unverständnis wissenschaftlichen Arbeitens. Ein nach dem Prinzip der stillen Post mehrfach widergekäuter wissenschaftlicher Artikel wird auch nicht besser und  talkende Semi-Fachleute in irgendwelchen Fernseh-Shows können dort schon allein dem Format geschuldet auch nicht immer klar zwischen Fakten und Einschätzung differenzieren. Die rasche Vorab-Publikation von noch nicht begutachteten Artikeln ist wichtig für eine rasche Wissenschafts-Kommunikation, speist aber auch ungare Ergebnisse in eine eh schon aufgeregte Debatte ein und ist auch ein Einfalltor für Verquerdenker (so der richtige Terminologie-Vorschlag von Reiner Korbmann). 
  • die Rolle und die Gefahr von Desinformation - Ich denke nicht, dass das Problem der Falschinformation  erkannt wurde. Politische Lösungsansätze kurieren auch eher an den Symptomen, wenn etwa versucht wird, Hassrede einfach zu unterbinden, statt nach den Gründen zu fragen und dort anzusetzen.

Archäologie scheint hier auf den ersten Blick weniger relevant, aber es fällt in der aktuellen Debatte doch auch auf, dass auch ein fehlendes Verständnis für den Faktor Zeit und prozesshafte Verläufe zur Verwirrung und Verunsicherung in der Bevölkerung beiträgt. Corona ist dynamisch und die Situation verändert sich. Das ist normal und damit ist es auch verständlich, wenn heute die Einschätzung mancher Dinge heute anders ist also noch vor Wochen. Der Blick in die Vergangenheit mag auch hier etwas Orientierung geben, da er hilft, den Faktor Zeit, das langfristige Risiko, aber auch die Bedeutung von gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen zu verstehen.


Kurz Wissenschaftsblogs scheinen mir wichtig, wichtiger denn je - und eine Stimme bei der Wahl kann helfen - so Reiner Korbmann -,

  1. Die besten und populärsten Blogs zum Thema Wissenschaft herausstellen, natürlich.
  2. Interessante Beispiele zeigen, wie jeder Forscher, jedes Institut, jeder Kommunikations-Verantwortliche Informationen in die Öffentlichkeit des Internets bringen, seine Perspektive darstellen kann.
  3. Durch die Auswahl einer Shortlist: Ein wenig Orientierung schaffen in der endlosen Welt der Wissenschafts-Blogs, die kaum jemand mehr überschaut.

Also: hier geht's zur Wahl!

Sonntag, 12. Dezember 2021

Es weihnachtet?

Es weihnachtet mehr und mehr oder weniger. 

Deshalb wie jedes Jahr: das Archaeologik-Weihnachtsgedicht.




Text: Rainer Schreg/ Brigitte Schreg, Sprecher: Axel Weiss (Besten Dank!!)
Dezember 2015

Donnerstag, 9. Dezember 2021

Sammeln verboten - wegen Antikenhehlerei: Der Fall Steinhardt

Anfang Januar 2018 durchsuchten Beamte der Bezirksstaatsanwaltschaft von New York die Geschäftsräume des Milliardärs Michael H. Steinhardt und stellten dabei mehrere Antiken sicher, die illegal aus Italien und Griechenland ausgeführt worden waren. Besonders genannt sind sechs Stücke:

  • ein zeremonielles Trankopfergefäß oder Rhyton in Form eines Hirschkopfs. Es wurde durch Steinhardt im November 1991 von der Merrin Gallery of Manhattan für 2,6 Mio $ gekauft. Das Objekt, das im Handel zunächst ohne Provenienzangabe auftauchte, stammt wohl aus einer Raubgrabung in Milas in der Türkei, an die es inzwischen zurückgegeben wurde.
  • eine Larnax, also eine kleine sarkophagartige Truhe für menschliche Überreste aus dem spätminoischen Kreta (ca. 1400 - 1200 v.Chr.). Der Gegenstand im Wert von 1 Mio $ gelangte über einen bekannten Antikenhändler auf den Seychellen an Steinhardt. Die Bezahlung wurde über eine für Geldwäsche bekannte Bank auf Malta abgewickelt.
  • das „Ercolano Fresco“, das Herakles mit der Schlange zeigt, wurde im November 1995 ohne Provenienz von Robert Hecht, einem ebenfalls berüchtigten Antikenhändler für 650.000 $ erworben.  Es wurde im selben Jahr aus einer römischen Villa in Herculaneum, einer der vom Vesuvausbruch 79 n.Chr. verschütteten Städte geplündert.
  • eine Goldschale aus Nimrud im Irak. Dieses Stück ist besonders brisant, da die Region seit 2015 unter der Herrschaft des IS/Daesh stand, der damit seinen Terror finanzierte. Das Stück fiel den US-Customs am Flughafen in New York auf, als es durch einem aus Hongkong kommenden Antikenhändler im Handgepäck eingeführt und dann an Steinhardt geliefert wurde. 
  • drei neolithische steinerne Gesichtsmasken. Steinhardt erwarb sie im Oktober 2007 von einem in Jerusalem ansässigen Antikenhändler für 400.000 $, wiederum ohne jede Provenienzangabe. Nach Ermittlungen der israelischen Altertumsbehörde datieren sie um 6000 v.Chr. und stammen aus den Ausläufern der Judäischen Berge in Israel, höchstwahrscheinlich aus der Schephelah. Sie sind auf Fotos, die von israelischen Strafverfolgungsbehörden gefunden wurden, noch mit Erde verkrustet und mit Schmutz bedeckt, zu erkennen. Derartige Masken sind in Sammlerkreisen sehr beliebt und werden mit bis zu 1 Mio $ gehandelt, zumal nur rund 15 Stück bisher bekannt sind. Nach einem Bericht in MiddleEastEye vom Mai diesen Jahres soll Steinhardt insgesamt 8 solcher Masken besitzen. Die meisten stammen aus Raubgrabungen, nur eine aus einer regulären Grabung, so dass Funktion und Bedeutung bis heute unbekannt sind.  Beispielsweise weiß man nicht, ob es sich um Totenmaskem handelt

Die Staatsanwaltschaft New York hat laut ihrer Pressemeldung Beweise dafür, dass 180 Objekte der Sammlung Steinhardt aus ihrem Herkunftsland gestohlen wurden. Entscheidend ist nicht allein das Fehlen von Provenienzangaben, sondern es gibt zahlreiche weitere Beweise für Plünderungen. 171 der 180 beschlagnahmten Antiquitäten befanden sich vor dem Erwerb durch Steinhardt im Besitz von Personen, die von den Strafverfolgungsbehörden später als Antikenhehler eingestuft wurden und von denen einige deswegen auch verurteilt wurden; 101 Objekte sind auf Fotos in schmutzigem, unrestaurierten Zustand zu erkennen, was ihre Herkunft aus einer Raubgrabung belegt. Viele der beschlagnahmten Funde stammen aus Regionen, die vor ihrem Auftauchen auf dem Kunstmarkt von Unruhenund Raubgrabungen betroffen waren - darunter auch das Herrschaftsgebiet des IS.  Die Sammlung Steinhardt ist mit Sicherheit noch größer, doch ist es bei den weiteren Objekten wohl nicht möglich die Illegalität zweifelsfrei nachzuweisen.

Zahlreiche Objekte hat Steinhardt an das Metropolitan Museum of Art MET in New York gestiftet oder verkauft (z.B. welche von diesen), das seinerseits schon mehrfach in Skandale um Raubgrabungsfunde verwickelt war.

kykladische Marmorschale im MET, gestiftet 2001 von Judy und Michael Steinhardt mit einer längeren Provenienzgeschichte, die aber nicht zu einem Fundort führt
(Foto: MET [public domain] via MET)

 

Nicht immer lassen sich verdächtige Provenienzgeschichten - die ja auch nie zu einem bei archäologischen Funden ja vorauszusetzenden Fundort führen - sicher als falsch erweisen, wobei der Verdacht andererseits aber meist auch nicht auszuräumen sein dürfte.

Steinhardt ist jedenfalls schon öfters mit Raubgrabungsfunden aufgefallen. Die aktuelle Untersuchung begann, als er eine Statue aus dem Libanon an das New Yorker Metropolitan Museum of Art ausgeliehen hat und die Staatsanwaltschaft feststellte, dass die Statue wie auch zahlreiche weitere Stücke seiner Sammlung unrechtmäßig ausgeführt worden waren.

2014 musste das Auktionshaus Christies ein von Steinhardt eingeliefertes marmornes Frauenidol aus Sardinien, dessen Wert auf bis zu 1,2 Mio $ angesetzt war aus einer Auktion zurückziehen. Die Auktion findet sich noch im Internet unter https://www.thecityreview.com/f14cant.html (Lot 85). Hier heisst es:

"Lot 85, Female idol, marble, Sardinian, Ozeri culture, circa 2500-2000 B.C., 13 3/4 inches high
A larger and considerably older female figure is Lot 85, Sardinian, Ozeri culture, circa 2500-2000 B.C. The marble figure is 13 3/4 inches high. It is propperty of the Michael and Judy Steinhardt Collection and once was with the Merrin Gallery in New York. Its face is featureless except for a long ridge for a nose. It has an estimate of $800,000 to $1,200,000. It failed to sell."
Christos Tsirogiannis identifizierte das Stück jedoch in den Geschäftsunterlagen des berüchtigten italienischen Kunsthändlers Giacomo Medici, der 2004 zu 10 Jahren Gefängnis und 10 Mio € Strafe verurteilt worden war. Anhand seiner Dokumente ließ sich die Plünderung einer bis dato unbekannten römischen Villa im Umfeld des Vesuvs belegen, vor allem aber wurden im September 1995 in einem Genfer Freihandelslager hunderte archäologischer Objekte aus Italien und Griechenland gefunden.  Christies Provenienzgeschichte musste falsch sein, da hier Medici als Vorbesitzer nicht verzeichnet ist.

2011 beschlagnahmte der amerikanische Zoll ein Fresko, das in den 1950er Jahren aus einem Grab bei Paestum aus Italien gestohlen wurde. Es sollte an Steinhardt geliefert werden.

Schon 1995 wurde bei Steinhardt zuhause im Rahmen von Ermittlungen eine goldene Phiale sichergestellt, die 1992 illegal aus Italien ausgeführt wurde. Steinhardt hatte sie für 1 Mio $ gekauft.


 

Rückgabe und Sammelbann

Nun hat die New Yorker Staatsanwaltschaft mit Steinhardt einen Deal ausgehandelt, mit dem ein Prozess vermieden wird, Steinhardt allerdings auch einer Strafe entgeht. Die 2018 sichergestellten Objekte im Wert von etwa 70 Mio $ gehen an die Ursprungsstaaten zurück und Steinhardt musste sich verpflichten, nie mehr Antiken zu kaufen.

Cyrus Vance, der zuständige New Yorker Staatsanwalt, wird in seiner Pressemitteilung zitiert: 

"Jahrzehntelang hat Michael Steinhardt einen räuberischen Appetit auf geplünderte Artefakte an den Tag gelegt, ohne sich um die Rechtmäßigkeit seiner Handlungen, die Legitimität der von ihm gekauften und verkauften Stücke oder den schweren kulturellen Schaden zu kümmern (For decades, Michael Steinhardt displayed a rapacious appetite for plundered artifacts without concern for the legality of his actions, the legitimacy of the pieces he bought and sold, or the grievous cultural damage he wrought across the globe)". 

Staatsanwalt Cyrus Vance hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Fälle der Antikenhehlerei aufgedeckt, so z.B. den Fall des persischen Kriegers (vgl. Archaeologik (2.11.2017)).  


Obwohl Steinhardt für die Plünderung archäologischer Fundstellen mitverantwortlich ist, gibt er sich als Philanthrop und Kunstförderer. Aufgrund einer Spende von 10 Mio $ im Jahr 2001 ist an der Universität New York auch das NYU’s Steinhardt School for Culture, Education, and Human Development nach ihm benannt. Studierende fordern nun verstärkt die Umbenennung - eine Forderung die jedoch bereits 2019 erfolglos erhoben wurde, als bekannt wurde, dass gegen Steinhardt Vorwürfe der sexuellen Belästigung bestehen.


Literatur

  • Watson/Todeschini 2006: P. Watson/C. Todeschini, The Medici conspiracy. The illicit journey of looted antiquities, from Italy's tomb raiders to the world's greatest museums (New York 2006).

Links

Interner Link


Mittwoch, 8. Dezember 2021

Wüstungsforschung reloaded

Eike Henning Michl

Wüstungsforschung in Deutschland. Eine Einführung

Norderstedt 2021

ISBN 978-3-7543-3825-4
162 S.

€ 7,99

Meine Rezension dazu ist bei  H-Soz-Kult, 08.12.2021, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-112848> erschienen.

 

Nachtrag: Der Band ist neben der Printausgabe (7,99€, ISBN-13: 9783754338254)  auch als  günstigeres E-Book (3,99 €; ISBN-13: 9783754369289) erschienen.