Freitag, 7. Oktober 2016

Raubgräber auf der Hiltenburg

Hiltenburg bei Bad Ditzenbach, Luftbild Juli 2009
(Foto: R. Schreg [CC BY SA 4.0] auf WikimediaCommons)


 
Ausgehend von umfangreichen Sicherungsarbeiten war die Hiltenburg in den vergangenen Jahren  Schauplatz archäologischer Ausgrabungen durch die Kreisarchäologie Göppingen. Trotz der großen Zahl mittelalterlicher Burgen und trotz ihrer Bedeutung für das klischeebeladene Mittelalterbild gibt es nur erstaunlich wenige professionelle Ausgrabungen. Von den zahlreichen Burgen am Trauf und im Vorland der Schwäbischen Alb, darunter prominente Anlagen wie der Hohenstaufen oder der Hohenzollern liegen so gut wie keine Ausgrabungen vor. Die Grabungsfunde geben somit wichtieg Einblicke auf die Ausstattung einer Burg, das Leben dort, wie auch ihrer Entwicklung. Die archäologischen Untersuchungen haben daher eine Bedeutung, die über die Ortsgeschichte hinaus geht.
Um so ärgerlicher ist es, dass nun Sondengänger die Burganlage heimgesucht haben und an mindestens zwei bisher wohl noch unberührten Stellen ihre Löcher hinterlassen.  Was sie entwendet haben ist natürlich nicht bekannt, aber das Risiko, dass sie - gerade bei der Grabungsaktion im Keller Funde entwendet oder Fundschichten gestört haben, die Aufschluss über dessen Funktion und Baugeschichte hätten geben können, ist recht groß. Ein weiteres Raubgrabungsloch liegt im Hang der Burg. In solchen Bereichen liegen oft die Abfallhalden der Burg, oft aber auch Funde der früheren Bauphasen, die man bei Baumaßnahmen mit Dreck und Schutt einfach am Hang entsorgt hat, gegebenenfalls aber auch die Spuren von Kämpfen um die Burg. Selbst wenn größere Fundmengen vorliegen sollten (es ist nicht wahr, dass Funde, die es in großer Stückzahl gibt, für die Archäologie keinen relevanten Erkenntniswert haben - sie sind in ihrem Kontext und in statistischen Auswertungen vielmehr grundlegend): erst das Gesamtspektrum lässt weitergehende Aussagen über Datierungen oder Kampfhandlungen zu. Raubgräber reißen hier Löcher in unser Wissen.

Ich arbeite derzeit selbst an einem kleinen Aufsatz, in dem auch die Hiltenburg, insbesondere die vorgeschichtliche Besiedlung dort eine Rolle spielt. Mit den wenigen vorliegenden Funden ist jeder Hinweis auf die Datierungsspanne und die Tätigkeiten auf dieser Höhensiedlung von Bedeutung. Gut möglich, dass die Raubgräber einen Teil der Antwort haben mitgehen lassen oder gleich ganz zerstört haben.
Abgesehen davon: In Bad Ditzenbach wurden die Ausgrabungen und Sanierungsarbeiten mit öffentlichen Mitteln und durch das Engagement  eines Förderverein unterstützt. Die Raubgrabungen, insbesondere die im Keller, sind so auch eine Sachbeschädigung.
Gerade derzeit läuft (noch bis zum 16.10.2016) eine Ausstellung, die die Geschichte und Grabungsergebnisse im Hinblick auf die Zerstörung der Burg vor 500 Jahren präsentiert. Bei einer Anlage, die regional so im Bewusstsein steht, sind die Raubgrabungen eine vorsätzliche Tat, für die es keine Ausreden durch angebliches Geschichtsinteresse gibt. Für die Kollegen ist es gewiß keine Motivation, ihre Arbeit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wenn anschließend Raubgräber über die Denkmäler herfallen. Es wurde Anzeige erstattet.

Links


Literatur

  • R. Rademacher, Eine neu entdeckte Höhensiedlung der Urnenfelderzeit auf dem Schloßberg bei Bad Ditzenbach, Hohenstaufen/Helfenstein. Historisches Jahrbuch für den Kreis Göppingen 15, 2005, 207–2011
  • R. Rademacher, Archäologische Beobachtungen während der Sanierung der Ruine Hiltenburg bei Bad Ditzenbach, Kreis Göppingen, Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2006, 258–261
  • R. Rademacher, "Ein schön, herrlich, gut Sloß" - Neues von der Ruine Hiltenburg bei Bad Ditzenbach, Kreis Göppingen, Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2007, 230–233
  • R. Rademacher, Zum Fortgang der archäologischen Untersuchungen "in castro Hiltiburk" bei Bad Ditzenbach, Kreis Göppingen, Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2008, 287–290
  • R. Rademacher, Ein "Freudenschuss" und seine Folgen : weitere Untersuchungen "Uff Hilttenpurk", Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2009, 291–295
  • R. Rademacher, Zum vorläufigen Abschluss der Untersuchungen an der Hiltenburg: Bad Ditzenbach, Kreis Göppingen, Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2010, 291–293
  • R. Rademacher – M. Weidenbacher, "Mit Seil und Haken …" - neue archäologische Beobachtungen zur Befestigung der Hiltenburg : Bad Ditzenbach, Kreis Göppingen, Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2012, 323–326
  • R. Rademacher – M. Weidenbacher, "Alte Zistern uff Hilttenpurg" : spannende Entdeckungen auf dem Schlossberg bei Bad Ditzenbach, Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2014, 351–354
  • R. Rademacher, Die Ausgrabungen 2009 bis 2012 auf dem Schlossberg bei Bad Ditzenbach, Hohenstaufen/Helfenstein. Historisches Jahrbuch für den Kreis Göppingen 18, 2014, 301–309
  • M. Weidenbacher, Weit mehr als 1000 Jahre Hiltenburg: zur Besiedlungsgeschichte des Schlossbergs bei Bad Ditzenbach, Hohenstaufen/Helfenstein. Historisches Jahrbuch für den Kreis Göppingen 18, 2014, 293–300

     

3 Kommentare:

Raubgräberterminator hat gesagt…

Diese Drecksbanditen muss man erwischen und wirklich endlich mal sehr hart bestrafen. Sicherheitshalber habe ich ebenfalls Strafanzeige gestellt, damit die Strafbehörde klar erkennt, das sowas einfach nicht sein darf --> Raubgrabungen.

Anonym hat gesagt…

Strafbehörde ist meines Wissens ein Terminus aus der Schweiz und der Wunsch nach "sehr harter Bestrafung" ist kann sich in Deutschland maximal nach Lage der Dinge an dem gesetzlichen Strafmaß erientieren und nicht nach einem emotionalen Maß, dás Ihnen auch kein Recht gibt, die Täter als "Drecksbanditen" zu bezeichnen. So kommen wir nicht weiter, zumal sich die von Ihnen so Betitelten bestimmt (noch) darüber totlachen. Sie wissen auch, dass es z.B. auch ein Jugendstrafrecht gibt, bei der die "harte Bestrafung" völlig anders aussieht, als bei einem erwachsenen Wiederholungstäter oder einem Ersttäter. Diese Frage stellt sich so gar nicht, es stelle sich die Frage, ob so etwas überhaupt mal in irgend einer Weise so bestraft wird, wie es nach Gesetzeslage angemessen ist, damit es nicht immer wieder nicht mehr darstellt als eine Ordnungswidrigkeit und im Endeffekt ein Kavaliersdelikt oder gar eines, das die Gemeinde in den Foren noch beklatscht, weil das Unrechtsbewusstsein in diesen Fällen gar nicht vorhanden ist und die "Raubgräber" sich zu den wahren Helden hochstilisieren lassen. Der Fall von Rülzheim ist ja cuh bis heute noch zu keinem Ende gekommen und mit dieser Popularität verdient der Herr sein Geld. Herr Dr.Schreg hat sehr deutlich beschrieben, wie groß der Schaden am Denkmal und der Arbeit sehr Vieler ist, und die meisten und Größten Schäden haben gar keine wirklich Betroffenen, außer die Denkmale selbst.

Anonym hat gesagt…

So etwas ist nicht nur dummdreist, es ist unsportlich und unsexy und wird sicher auch von fast allen Sondlern verurteilt. So klaut man feige kleinen Kindern das Handy oder das Geld fürs Schulvesper. So drängt man sich in der Kassenschlange vor Gehbehinderte. Egomanie auf höchstem Niveau. Da kann sich der bundesdeutsche Durchschnittssondler wieder schön distanzieren und gut fühlen. Bravo, kleingeistiger Unbekannter! Allen einen großen Dienst erwiesen, aber die Chance ist groß, dass er bei Überführung auf so einem hochfrequentierten Ort auch nicht mehr davon hat als eine Strafe und jetzt schon nicht mehr als rostige Schuhnägel. Dann wäre es verhältnismäßig "gut gelaufen".