Dienstag, 23. August 2016

Serbischer Staatspräsident Nikolić wirft dem Kosovo Vernachlässigung serbisch-byzantinischen Kulturerbes vor

Bei der Eröffnung des 23. Byzantinistenkongresses in Belgrad hat Tomislav Nikolić am 22.8.2016 im Heroensaal der Philologischen Fakultät die Bedeutung des byzantinischen Kulturerbes für die serbische Identität betont.
Der serbische Präsident Tomislav Nikolić bei seiner
Eröffnungsrede zum 23. Byzantinistenkongress am 22.8.2016
in Belgrad.
Wie sehr diese byzantinische Identität mit der serbischen Gegenwart und aktueller Politik verwoben ist, zeigte die Rede des Präsidenten, der sich darin vor allem gegen eine Aufnahme des Kosovo in die UNESCO aussprach und dem Kosovo Aneignung und Zerstörung des bedrohten serbisch-byzantinischen Kulturerbe vorwarf.
"Nicht immer sieht die Menschheit eine Entwicklung zum Besseren: So der Versuch der einseitig erklärten "Republik Kosovo", der UNESCO beizutreten, serbisches Kulturerbe in Kosovo und Metochien, das überwiegend aus dem Mittelalter, aus dem byzantinischen Erbe des serbischen Volkes stammt, einem Volk zuzuschreiben, dem es nicht gehört - entgegen der historischen Fakten und den Kulturdenkmälern - und - noch schädlicher - den Schutz dieses Erbes denen zu übertragen, die dieses für Jahrzehnte andauernd zerstört und entweiht haben. Nach dem Bericht der UNESCO stehen vier serbische Klöster in Kosovo und Metochien, die in byzantinische Zeit zurückreichen, auf der Liste des gefährdeten Weltkulturerbes: Sie werden von jenen bedroht, die sich erhoffen, zu ihren Hütern bestellt zu werden."
(Übersetzung des engl. Text, der im Publikum verteilt wurde. Die auszughaften Übersetzungen in den englischsprachigen serbischen Medien präsentieren teilweise noch pointiertere Aussagen).
Englisch: "...humanity does not always witness changes for better. Such is the attempt of the unilaterally declared "Republic of Kosovo" to join UNESCO, and to ascribe the Serbian heritage in Kosovo and Metohija, largely originating from the Middle Ages, from the Byzantine heritage of the Serbian people, to the people which ist does not belong to [b92 übersetzt: "to a nation that does not exist"], despite all the scientific facts and the tangible cultural heritage, and, even more detrimentally, to entrust the safeguarding of the sanctities to those who have been destroying and desecrating them continuously, for decades. According to very UNESCO's report, four Serbian monasteries in Kosovo and Metohija, dating back to the Byzantine period, are incribed on the List of World Heritage in Danger. They are threatened by those aspiring to be their custodians!"
Angesicht des aktuell laufenden Prozesses in den Haag, der Kulturgutvernichtung als Kriegsverbrechen verfolgt, sind die Vorwürfe des serbischen Präsidenten eine klare politische Botschaft. 
Nikolić betonte den Vertretungsanspruch Serbiens für sein byzantinisches Kulturerbe im Kosovo, da dieses nicht einer Nation gehöre, sondern europäisches und Welt-Kulturerbe sei. ("Not only Serbian, but also European culture and the memory of the world are being preserved in Kosovo, including an important part of the mankind's Byzantine heritage. This means, inter alia, that Serbia has the right, as a full member of UNESCO, to preserve its heritage, created according to the Byzantine model and its fundamental principles"). Gegenüber der Presse erläuterte der Präsident, dass Serbien sich gegenüber Brüssel verpflichtet hätte, die regionale Integration des Kosovo nicht zu behindern, aber eben auch nicht mehr. Serbien würde weiterhin rechtmäßig gegen die Aufnahme des Kosovo in internationale Organisationen vorgehen.
"Wir erleben vielfältige Angriffe auf die Grundlagen der Bewahrung einer byzantinischen und christlichen Identität, die wichtige kulturelle Werte des Mittelmeerraums und des Mittleren Osten umfasst. (We are witnessing manifold attacks targeting the very foundations of the Byzantine and Christian identity's preservation, including some of the major cultural values of the Mediterranean and the Middle East.")
Der Präsident rief die Wissenschaftler auf, den Gefährdungen des serbisch-byzantinischen Erbes im Kosovo durch "Versuche der Fälschung historischer Fakten" und physische Zerstörung zu begegnen. An den Kongress formulierte er die Erwartung, dass er die entscheidenden Fragen formuliere und die Probleme hervorhebe, die sich aus der Sorge um das gefährdete byzantinische Erbe ergeben.
Dem Institut für Byzantinistik an der Serbischen Akademie der Wissenschaften verlieh er den Serbischen Verdienstorden 2. Grades für die außerordentlichen Verdienste um die Förderung des byzantinischen Kulturerbes in Serbien und seinen Beitrag für Byzanzstudien weltweit.


Archäologie und Geschichte sind eben auch Teil der Politik und nationaler Interessen!


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Änderungsvermerk
20.1.2017: toter Link zu Byzantinistenkongress 2016 entfernt


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