Freitag, 27. September 2013

ISSN für Archaeologik

Archaeologik hat gestern seine ISSN bekommen:
ISSN 2197-7283 

Die ISSN (International Standard Serial Number) ist ein internationaler Identifier für Publikationsserien. Sie unterstützt die Recherche und bibliographische Verwaltung von Zeitschriften und anderen in Serie erscheinenden Publikationen. Koordiniert werden die ISSN vom Internationalen ISSN-Zentrum mit Sitz in Paris. In Deutschland übernimmt die Deutsche Nationalbibliothek die Aufgaben als Nationales ISSN-Zentrum.

Obwohl es nach der internationalen Vereinbarung, die den ISSN zugrunde liegt, keineswegs Voraussetzung ist, dass die Publikation gedruckt vorliegt, wurden Weblogs in der Vergangenheit nur zögerlich ISSN erteilt. Das deutsch-französische Blogportal hypotheses hat hier eine Vorreiterrolle übernommen. Nachdem den französischen Blogs bereits seit 2011 ISSN zugeteilt worden sind, erteilt nun auch die deutsche Nationalbibliothek themenbezogenen Blogs eine ISSN - wie traditionellen gedruckten Zeitschriften auch. 

Das ist eine Anerkennung von Blogs als Publikation und ermöglicht es, dass diese leichter über Bibliothekskataloge recherchierbar sind und in die Langzeitarchivierung der DNB aufgenommen werden können. Die Rolle von Weblogs für die Wissenschaftskommunikation wird dadurch entschieden gestärkt.

Links

Montag, 23. September 2013

Ägypten - Chronologie der Plünderung August/September 2013

ein Gastbeitrag von Jutta Zerres

Chronologie der Plünderung und Zerstörung
Die Plünderungen und Zerstörungen an ägyptischen Kulturstätten gehen weiter (vgl. Chronologie in Archaeologik vom 26.08.2013). Die Gruppe „Egypt’s Heritage Task Force“ meldet via Facebook folgende Vorgänge, die teilweise auch von der Presse aufgegriffen wurden:

Ägypten Aug_Sept 2013 auf einer größeren Karte anzeigen

27. August
Plünderungen und Landnahme in Tell Bella in Dakarnas und Plünderung der Hawara-Pyramide in Fayoum.

30. August
Plünderungen in Abu-Sir-al-Maleq und Nord-Sakkara, Quesna (Monofiya).

Die berühmte Stufenpyramide von Sakkara,
Dezember 2004
(Foto J.Zerres)
1. September
Egypt’s Egypt’s Heritage Task Force meldet Plünderungen in einem Grab 200 m südlich von Mastabat al-Farun (Süd-Sakkara). http://de.cyclopaedia.net/wiki/Mastabat-el-Faraun

3. September
Nächtliche Plünderungszüge bewaffneter Banden in Sakkara. Betroffen seien die Pyramiden von Merenre, Djedkare Isesi und das südliche Shawaf-Gebiet.

4. September
Es wird der Bau eines illegalen Gebäudes auf dem Fundplatz von Maadi (Fundplatz der Neqade-Kultur II) vermeldet.


12. September
El-Ahram berichtet von einem Einbruch in das Grabungsmagazin von Mit-Rahnia (unter Ägyptologen ist der Ort als Memphis bekannt), der Tagge vorher verübt worden sein muß. Über die Zahl der entwendeten Objekte gibt es keine sicheren Angaben:

13. September
Gewaltsamer Übergriff auf das koptische Felsenkloster von Ansana (bei Mallawi). Mit Dynamit habe man Wände der Kirche des 4. Jh. gesprengt und die Stätte dann beraubt:

16.September
Fortgesetzte Plünderungen in Süd -Sakkara im Gebiet nördlich der Pyramide von Pepi II und südlich der Mastaba von Shepsesqaf und der Pyramide von Djedkara Isesi


Neue Meldungen zu den Zerstörungen im Museum von Mallawi

Vor ca. 5 Wochen war das Museum der mittelägyptischen Stadt Mallawi vollständig ausgeplündert worden (Archaeologik vom 02.08.2013, 15.08.2013, 19.8.2013 und vom 26.08.2013) Zwischenzeitlich sind einige Objekte wieder aufgetaucht, aber über die genaue Zahl herrscht Uneinigkeit. Den Angaben der UNSECO zufolge sind 600 von den insgesamt 1080 Stücken wieder beschafft worden. Beim ägyptischen Antikenminister Mohamed Ibrahim fällt die Bilanz positiver aus; er sprach von 900 Objekten.

Ein Video, das die spanische Zeitung „El mundo“ am 14.September 2013 veröffentlichte zeigt nochmals eindringlich den Zustand des Museums nach dem Übergriff:
Interne Links:

Sonntag, 22. September 2013

Problem erkannt - der Bericht der Bundesregierung zum Kulturgüterschutz

Als 2007 mit über 30 Jahre Verzögerung die UNESCO-Welterbe-Konvention ratifiziert und in deutsches Recht umgesetzt wurde, war eine Evaluierung der Rechtspraxis nach 5 Jahren vorgesehen. Deren Bericht liegt inzwischen vor und bescheinigt der deutschen Gesetzespraxis zahlreiche Mängel. 

Die DGUF hat den Bericht ausführlich kommentiert:
Die Medien haben den Bericht nur spärlich zur Kenntnis genommen. Die Berliner Zeitung spricht von einer "verheerenden Bilanz". Der Bericht der Bundesregierung macht eine Reihe zielführender Vorschläge. So fordert er unter anderem eine allgemeine Verpflichtung zu Ausfuhr- und Einfuhrgenehmigungen, sowie eine Ergänzung des für archäologische Funden völlig unsinnigen, international unüblichen und gegen die Ziele der UNESCO-Konvention verstoßenden Prinzips einer Listenerfassung geschützer Kulturgüter durch ein Kategorienprinzip. Dieses könnte den Schutz archäologischer Funde entscheidend verbessern, da für konkrete Handelsobjekte die Legalität nachgewiesen werden müsste und ein Einschleusen von Raubgrabungsgütern in den Markt deutlich erschwert würde. Allerdings urteilt die Berliner Zeitung auch: "Die geplanten Änderungen werden absehbar wohl nicht so dramatisch sein. Es gibt eine starke Kunsthändlerlobby und es war vor allem die FDP, die 2007 deren Interessen durchsetzte."
Link

Freitag, 20. September 2013

Neue Petition gegen Raubgräbersendungen in den USA

'Besorgte Archäologen und ihre Unterstützer' rufen zu einer Online-Petition gegen Raubgräbersendungen in den USA auf.

Im Frühjahr 2013 sorgten mehrere Fernsehsendungen für Aufregung, in denen archäologische Fundstellen massiv gestört wurden und Werbung für das Hobby Sondeln gemacht wurde. Obgleich National Geographic eingeschwenkt ist und schließlich auch eine Tagung zum Thema abgehalten hat, besteht das Problem mit neuen Serien und neuen Staffeln weiterhin.


Interne Links

Mittwoch, 18. September 2013

Museums- und Archivbestände in Ungarn frei zum Verschieben

Eine neuerliche Gesetzesänderung bringt für Denkmalpflege und Kulturgüter in Ungarn neue Gefahren. Erst vor kurzem wurden archäologische Rettungsgrabungen in erheblichem Maße eingeschränkt und die regionalen Komitatsmuseen ihrer Operationsfähigkeit beraubt, indem sie in städtische Obhut übertragen wurden und so kaum noch über die nötigen Zuständigkeiten und Finanzmittel verfügen.
Jetzt plant die Regierung, den Museen und Archiven die Verfügung über ihre Sammlungen zu nehmen. Künftig soll das Ministerium für Humanressourcen bestimmen, wo Objekte ausgestellt und aufbewahrt werden sollen. Die Nationale Ungarische Vermögensverwaltung, eine Aktiengesellschaft, die für die Verwaltung des Staatseigentums zuständig ist, soll künftig auch Verträge auch über die Verwahrung von bislang geschützten Kunstgegenständen abschließen können, womit auch eine Vergabe an Privatpersonen möglich wäre. Die Leitung der staatlichen Museen soll künftig nicht mehr an Fachleute, sondern an Finanzexperten übertragen werden.

Nachtrag (19.9.2013)
Nach Auskunft ungarischer Kollegen sind auch für nachgeordnete Museumsmitarbeiter fachliche Qualifikationen in Zukunft unerwünscht. Über den Gesetzentwurf, zu dem keine Fachleute gehört wurden (wie schon bei den Änderungen des Denkmalschutzgesetzes [s. Archaeologik 6.6.2012]), wird Ende des Monats im ungarischen Parlament abgestimmt.

Donnerstag, 12. September 2013

"Insoweit erfährt man eben nichts, was durch Neuheit oder Besonderheit überraschen könnte" - Ein Grabfund 1828 und seine historische Würdigung

1828 wurden in einem Steinbruch bei Geislingen an der Steige alamannische Funde gemacht.
Damals steckte die Archäologie noch in den Anfängen. Die Analyse, die der unbekannte Verfasser L. vorlegt, ist interessant, weil sie ein Licht auf das Verständnis archäologischer Funde als historische Quelle in der frühen Forschungsgeschichte wirft.

Beginn des Fundberichts von 1828
(Ortsakten LfD, Esslingen)
"Die in dieser Kiste aufbewahrten Alterthümer wurden im Spätjahr 1828 zu Altenstatt, Geißlinger Oberamts zwey Schuh tief in Gräbern, welche soweit hinabreichten, als die auf dem Felsen liegende Erde, gefunden. Die menschliche Gebeine nebst der aschenfarbenen Erde begleitete jedesmal einen irdenen Topf, eine eiserne Topfbedeckung - hier 2 von unterschiedner Dimension, eine eiserne Lanzenspize u. Bruchstücke von eisernen Schwerdtern - hier den obern Theil oder die Angel einer solchen Waffe. Die Formen sind durchaus römisch, so wie man den Topf als Aschenbehälter aus mehreren Inschriften bei Gruter [i.e. Janus Gruterus, Inscriptiones antiquae totius orbis romani in corpus absolutiss. redactae (Heidelberg 1603. - 2. Aufl. in 4 Bänden: Amsterdam 1707) - Anm. R.S.] u. Reinesius kennen lernt. (...) Insoweit erfährt man eben nichts, was durch Neuheit oder Besonderheit überraschen könnte.

Montag, 9. September 2013

Stadt und Dorf um 1200 - Überlegungen zum Zusammenspiel verschiedener Akteure und Faktoren

Zahlreiche Forschungsarbeiten zum mittelalterlichen Dorf zeigen eine allmähliche, sehr langfristige und sehr komplexe Genese des Dorfes, die um 1200 noch nicht abgeschlossen, wohl aber in einer entscheidenden Phase war. Der älteren Stadtgeschichtsforschung war dies nicht bewusst, sie hat das Dorf als alte Siedlungsform vorausgesetzt und die Stadt als „jüngere Schwester des Dorfes“ verstanden. Aber auch, als deutlich wurde, dass die Dorfgemeinde im Wesentlichen erst im Hochmittelalter entstanden ist, wurde das Verhältnis von Stadt und Dorf eher statisch gesehen. Unter umgekehrten Vorzeichen wurde nun die Stadtverfassung als Vorbild für die Ausbildung der Landgemeinde betrachtet.


zeitliche Korrelation von ländlicher Siedlungsentwicklung und Stadtgründungen
(Graphik: R. Schreg)
Eine chronologische wie eine räumliche Korrelation von Wüstungserscheinungen und Stadtentstehung legt grundsätzlich nahe, dass der Strukturwandel, der in den ländlichen Siedlungen während des 12./13. Jahrhunderts zu beobachten ist, in einer Wechselwirkung mit der damaligen Städteentwicklung stand. Weder die chronologische noch die räumliche Korrelation können jedoch die erforderliche Klarheit schaffen. Die stadtnahen Wüstungen, die am ehesten mit einer Sogwirkung der Stadt und einer städtischen Siedlungskonzentration erklärzt werden können, scheinen überwiegend erst in das 13. Jahrhundert zu fallen. Bereits in die Zeit um 1200 fällt hingegen die Hauptphase des Auflassens von Siedlungsflächen in der Peripherie der überdauernden Ortschaften. Wenn schon hier ein Zusammenhang mit dem Wandel in der Stadt besteht, so ist er jedenfalls nicht aus einer Sogwirkung der Stadt zu erklären. Vielmehr ist mit komplexeren Wechselwirkungen zwischen Stadt und Land zu rechnen.

Dienstag, 3. September 2013

Raubgräber auf der Neckarburg


Die Neckarburg bei Villingendorf (Lkr. Rottweil) wurde von Raubgräbern heimgesucht.


Die Anlage ist interessant, da sie sehr früh in den Schriftquellen aufscheint.  Nach dem Wenigen, was man über die Befestigungsanlagen des 8. Jahrhunderts in Südwestdeutschland weiß, ist nicht damit zu rechnen, dass dort massive Steinarchitektur bestand. Die archäologischen Reste sind unscheinbarer: Pfostenlöcher, lockere Gruben und Erdanschüttungen. Das Risiko, dass die Sondengänger mit ihren Löchern hier frühe Landesgeschichte und einzigartige Quellen zum Frühmittelalter vernichtet haben, ist groß! - Auch wenn sie selbst nichts gefunden haben sollten!

In der Region Baar und Hegau wurden in letzter Zeit vermehrt Raubgrabungen gemeldet.
Die Polizeidirektion Konstanz verlinkt deshalb auf den einschlägigen Flyer des Landesamtes für Denkmalpflege (vergl. Archaeologik, 24.7.2011).

Nachtrag (19.9.2013):

Sonntag, 1. September 2013

Syrien vor der Eskalation (August 2013)


Am 29.8. traf sich auf Einladung der UNESCO in Paris eine Expertenrunde (mit Vertretern von ICCROM, ICOM; ICOMOS; Interpol, EU, WCO), um über die Lage in Syrien zu beraten.

 Ein auf der Tagung aufgezeichneter Appell der UNESCO steht als Video auf youtube:
Irina Bokova, Generaldirektorin der UNESCO betont, dass es nicht um die Wahl zwischen humanitärer Hilfe und Bemühungen um das Kulturerbe geht, sondern dass der Kulturgüterschutz elementarer Bestandteil der humanitären Katastrophe ist. Die Vergangenheit ist eine wesentliche Grundlage für einen Wiederaufbau und eine Gesellschaft nach dem Konflikt.

Syrian Civil War
Bürgerkrieg in Syrien - ungefähre Situation August 2013
Städte unter Kontrolle regierungstreuer Kräfte
unter Kontrolle von Assad-Gegnern
unter Kontrolle
kurdischer Gruppen
umkämpft/ unklare Situation
(Karte nach Wikipedia [CC BY-SA 3.0])
Angesichts der Giftgaseinsätze und der Gefahren eines internationalen Eingreifens ist Syrien wieder stärker in das Blickfeld der Medien gerückt, doch sind es - wie in Ägypten - nach wie vor allem die sozialen Netzwerke, die über die Zerstörung von Kulturgütern berichten.

fortgesetztes Bombardement
Von verschiedenen Stätten wird wieder Artilleriebeschuss gemeldet, so aus Palmyra, 3.8.2013:
    Der Krak de Chevaliers wurde am 18.8.2013 erneut angegriffen: