Dienstag, 28. Februar 2012

Strategien zum Überleben

Falko Daim, Detlef Gronenborn, Rainer Schreg (Hrsg.)
Strategien zum Überleben. Umweltkrisen und ihre Bewältigung
RGZM-Tagungen Bd. 11.
(Mainz 2011)
ISBN 978-3-88467-165-8.

Bereits 2008 hatten wir am RGZM eine Tagung durchgeführt, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, Umweltkrisen und ihre Bewältigung im Spiegel archäologischer Funde zu betrachten. Die Beispiele dazu sind in Mitteleuropa freilich weit weniger spektakulär, als die immer wieder beschworenen Fälle kulturellen Kollapses bei den Maya oder im amerikanischen Südwesten. Gleichwohl ist das Thema durchaus auch für Europa relevant - einerseits zur Beurteilung der Risiken in unserer Gegenwart und Zukunft, andererseits aber auch historisch.

Die jetzt publizierten Tagungsbeiträge reflektieren über den Begriff der Krise und dessen erkenntnistheoretischen Wert sowie über die Anwendung von Resilienz- und Vulnerabilitätskonzepten.
Mit der Tagung hatten wir einen Versuch unternommen, neben einem allgemeinen methoden- und quellenorientierten Block zwei konkrete Beispiele aus der prähistorischen und der historischen Archäologie nebeneinander zu stellen: Das Jungneolithikum und das Spätmittelalter - beides Situationen in denen der Einfluss des Klimas auf die Siedlungsgeschichte diskutiert werden muss. Wir haben nur eine sehr knappe Synthese versucht, denn noch fehlt es an einschlägigen Detailstudien.

Insgesamt hoffen wir, dass der Band einen Einblick in die Vielfalt einer Umweltarchäologie gibt und einen Beitrag zur nötigen Diskussion von Methoden und Konzepten leistet.


Inhaltsverzeichnis

Freitag, 24. Februar 2012

"Großteil der Antiken aus Raubgrabungen"

Im MDR Wirtschaftsmagazin Umschau vom 21.2.2012: ein sehenswerter Bericht über die Wege der Antikenhehlerei von A. Wolter, V. Kabisch und M. Toying
MDR-Mediathek: Umschau v. 21.2.2012 ab Minute 22 -

Sonntag, 19. Februar 2012

Ein erstes mittelalterarchäologisches Dissertationsblog

Unter MinusEinsEbene hat Maxi Maria Platz ein Blog zu ihrer Dissertation über Untersuchungen zum Umfeld der Elisabethkirche in Marburg an der Lahn, betreut von Prof. Ingolf Ericsson und Prof. Ulrich Großmann an der Universität Bamberg.

Maxi Platz formuliert es als Ziel "methodische und inhaltliche Einzelaspekte, wie in einem Blog üblich, in sehr knapper Form" zu besprechen. Das Blog richtet sich "vor allem an Examenskandidaten und Doktoranden der Mittelalterarchäologie, Vor- und Frühgeschichte und verwandter Disziplinen, aber auch an im Fach etablierte Kolleginnen und Kollegen sowie Interessierte." Sie betont zurecht, dass es bislang in der deutschen Archäologie des Mittelalters (aber auch darüber hianus) leider nicht viele (soweit ich sehe eigentlich gar keine) Beispiele gut funktionierender Doktorandenblogs gibt und somit auch keine etablierten Richtschnüre zur Handhabung dieses noch jungen Mediums vorliegen. Neben den Dissertationsbezogenen Posts finden sich entsprechend der Probematik auch Einträge zum wissenschaftlichen Bloggen.

In der Tat sind archäologische / kulturanthropologische Dissertationsblogs bislang vor allem im englischsprachigen Raum anzutreffen. Meist gehen sie weit über das eigentliche Dissertationsthema hinaus. Beispiele dafür sind:

Es ist dringend nötig, so was auch in der deutschen Forschung auszuprobieren! Insofern kann man MinusEinsEbene viel Erfolg wünschen.

Freitag, 17. Februar 2012

Wormleighton - Wüstung unter Wiese

Ein weiteres Beispiel für mittelalterliche Siedlungslandschaften, diesmal aus England, wo entsprechende Kulturlandschaftsrelikte seit langem bekannt sind - und zur Entwicklung der landscape archaeology nicht unerheblich beigetragen haben.


Größere Kartenansicht Ortslage und Äcker einer Wüstung bei Wormleighton
Änderungsvermerk: Karte ausgetauscht, 23.8.2013

Montag, 13. Februar 2012

Eine Datenbank zur Landschaftsgeschichte

Die European Pollen Database speichert die Daten von Pollenanalysen aus ganz Europa. Die Daten können über die Fossil Pollen Database abgefragt, als Diagramme geplottet und kartiert werden - dabei lassen sich auch Sequenzen kreieren, die die Veränderung der Vegetation über die Zeit darstellen.
Voraussetzungen: gute Kenntnis der lateinischen Terminologie sowie ein starker Rechner

Freitag, 10. Februar 2012

Ein Merkblatt betreffend Vorgeschichtsfunde



Das Merkblatt wurde in Geislingen an der Steige erarbeitet und wahrscheinlich im ehemaligen Oberamt Geislingen (heute im wesentlichen Teil des Landkreis Göppingen) verteilt. Es trägt leider kein Datum. Es lässt sich jedoch durch die Nennung von Kreisleiter Decker auf den Zeitraum von 1932 bis 1937 eingrenzen.

Georg Burkhardt (1876-1967) war Gründer des Geschichts- und Altertumsvereins in Geislingen sowie des dortigen Heimatmuseums. Bevor Burkhardt als Gymnasiallehrer nach Geislingen kam, war er in Ehingen tätig und hat sich in Archäologenkreisen einen Namen mit den im Auftrag der Reichslimeskommission durchgeführten Grabungen im Kastell Rißtissen und schließlich in Emerkingen gemacht.


Theodor Wurm (1892-1966) war Oberforstmeister in Geislingen und Herausgeber einer Stadtgeschichte von Wiesensteig.

Im Unterschied zu Burkhardt und Wurm ist Friedrich Decker (1840-1951) nicht durch eigene Arbeiten zur Regionalgeschichte hervorgetreten. Als Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs war er seit 1923 Mitglied der NSDAP und wurde 1932 ehrenamtlicher Kreisleiter. Beruflich war er Postamtmann in Geislingen. 1937 wurde er mit der Zuschlagung des Kreises Geislingen zu Ulm wegen parteiinterner Zerwürfnisse als Kreisleiter abgesetzt, blieb jedoch in der NSDAP aktiv und beantragte 1943 die Aufnahme in die SS.
Seine Rolle als Pfleger in Geislingen ist mir bislang unklar.

Interessant erscheint mir, dass sich hier die Partei direkt in das Geschäft der Denkmalpflege eingeschaltet hat. Mir sind nur zwei Episoden der regionalen Forschungsgeschichte bekannt, in der nationalsozialistische Germanentümelei durchbrach: Einerseits die Deutungen der Reliefspolien an der Kirche in Kuchen und andererseits der "Fund" von Hakenkreuzdarstellungen, die man den römischen Inschrift- und Statuenfunden von Gingen untergeschoben hatte. Burkhardt unternahm in den 1930er Jahren mit Hilfe des Reichsarbeitsdienstes Grabungen auf Burg Helfenstein, die jedoch bereits vor der Machtergreifung begonnen hatten. Mit Georg Burkhardt und Albert Kley waren in Geislingen zwei - nach damaligen Maßstäben - Fachleute tätig, die der politischen Instrumentalisierung der Vorgeschichte kritisch gegenüber standen. Nach Aussagen von Albert Kley gingen die Grabungen an der Schuntershöhle auf die Initiative von Georg Burkhardt und Ephorus Kapff aus Bad Urach zurück. Mit der Erforschung des Mesolithikums wähnte man sich auf ideologisch neutralem Boden.

Die Empfehlungen des Merkblatts zur Dokumentation sind auch aus damaliger Sicht ungenügend. Zwar wird eine Lageskizze und eine Beschreibung des Bodens eingefordert, aber die Bedeutung von Bodenverfärbungen wird nicht genannt - obwohl sie Burkhardt bekannt gewesen sein müssen -, ebenso wenig wie ein Hinweis auf die Bedeutung des Kontextes gegeben wird. Die Beobachtung von Grabinventaren war damit nicht gewährleistet. Wie Fundbergungen alamannischer Gräber in jenen Jahren zeigen, achtete Burkhardt aber sehr wohl auf solche Kontexte.



Literaturhinweis
  • C. Arbogast, Herrschaftsinstanzen der württembergischen NSDAP. Funktion, Sozialprofil und Lebenswege einer regionalen NS-Elite 1920-1960. Nationalsozialismus und Nachkriegszeit in Südwestdeutschland 7 (München 1998) bes. 160ff.
  • R. Schreg, Zur archäologischen Situation auf Burg Helfenstein. In: H. Gruber/W. Lang/R. Schreg u. a. (Hrsg.), Von Gizelingen zum Ulmer Tor. Spurensuche im mittelalterlichen Geislingen. Begleitheft zur 9. Geislinger Weihnachtsausstellung (Geislingen a.d. Steige 1993) 37.
  • R. Schreg, Albert Kley – der Archäologe. In: G. Currle/H. Gruber (Hrsg.), Viele Wege und ein Ziel. Albert Kley zum 100. Geburtstag (Geislingen 2007) 84–124 (online)
Interne Links


Mittwoch, 8. Februar 2012

Ungarischer Archäologenverband legt Gesetzesvorschlag vor


Notgrabung an der mittelalterlichen
Fundstelle Perkáta, com. Fejér
(Foto: Gábor Rákóci, mit Genehmigung).
Der Ungarische Archäologenverband hat eine Alternative zum gültigen Denkmalschutzgesetz vorgelegt, das im November 2011 vom Ungarischen Parlament verabschiedet worden ist. Dieses richtet sich einseitig nach wirtschaftlichen Interessen und verhindert durch die Begrenzung von Zeit und Kosten von Notgrabungen auf ein unrealistisches Maß die notwendigen Rettungsgrabungen. Ungarische Kollegen haben mir eine englische Version der offziellen Pressemeldung des Ungarischen Archäologenverbands (Magyar Régész Szövetség) zur Verfügung gestellt. Diese englische Version hier auf Archaeologik.


Der Vorschlag bemängelt, dass das verabschiedete gültige Recht nicht nur die bisherige erfolgreiche Paxis der Rettungsgrabungen unterbindet, sondern auch gegen die Konvention von La Valetta verstößt - und auch konträr zu den erklärten Zielen des neuen Gesetzes steht. Das neue Gesetze läuft den Interessen von Investoren entgegen und schafft Rechtsunsicherheit.

Der Kompromissvorschlag des Ungarischen Archäologenverbands versucht die unterschiedlichen Interessen in Einklang zu bringen, indem er ein System der Präventivarchäologie vorsieht, das nicht mehr wie früher die vollständige Ausgrabung der betroffenen Flächen, sondern ein mehrstufiges Verfahren vorsieht, in dem zunächst mit Prospektionsmethoden und Testgrabungen eine Bewertung der Fundstelle vorgenommen wird.

Interne Links

Hungarian Association of Archaeologists Recommends a Revision of Current Law


large scale rescue excavations at a medieval
site, called Perkáta, Fejér county, Hungary
(Foto: Gábor Rákóci, by permission).
The Hungarian Association of Archaeologists has elaborated an alternative to the current law on cultural heritage management which passed the Hungarian Parliament in November 2011. This current law is partial to economic interests and prevents archaeological rescue excavations by cutting time and money to an unrealistic level. Hungarian colleagues provide an English translation of an official Press Release by Association of Hungarian Archaeologists (Magyar Régész Szövetség).


Cultural Heritage requires an improved Legislation in Hungary
Interests of investors and cultural heritage protection are not that incompatible, but only  realistic and up-to-date legislation can protect our cultural heritage – this is the most important message of a proposal ”A unified concept of development-led archaeological service” prepared by the Association of Hungarian Archaeologists.

Donnerstag, 2. Februar 2012

Tabula Peutingeriana digital

Ausschnitt der Tabula Peutingeriana
(nach der Edition von K. Miller)
Die Tabula Peutingeriana ist die einzige erhaltene Straßenkarte der Antike - überliefert allerdings in einer Abschrift des späten 12./ frühen 13. Jahrhunderts. Das Original wird in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien aufbewahrt.







omnesviae.org setzt die Tabula Peutingeriana in eine moderne digitale Karte (auf Grundlage von Google Maps) um. Mittels der Routenplanung kann man beispielsweise den Weg von Mainz nach Urspring auf der Schwäbischen Alb kalkulieren -
Ab 'Mogontiaco' ad 'Adlvnam'

Summa CCLVII Milia Passuum / Leuga Gallica.
Fere XVIII dies.


Die Einträge in Omnesviae.org - die auf verschiedenen Sprachen angeboten werden: englisch, deutsch, griechisch, französisch und niederländisch, aber nicht auf Latein - sind indes nicht immer ganz zuverlässig. Mir ist aufgefallen, dass Sumelocenna, das in der Tabula verzeichnet ist, in der digitalen Version fehlt. Zudem scheinen die Ortsnamenseinträge nicht immer konsistent zu sein. Ist bisweilen wie in der Karte der Ablativ angegeben, wird in anderen Fällen ein Ortsname im Nominativ angegeben (im Falle von Ad Lunam in einer nicht ganz korrekten Schreibweise).
Auch sind die Identifikationen nicht immer korrekt. Ad Lunam wird mit Lonsee, nicht mit Urspring kartiert. 


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