Montag, 30. Mai 2011

Gleichschaltung der Denkmalpflege

Eine Fachdiskussion in der Tübinger Kunsthalle befasste sich mit dem "Schweigen der Denkmalpflege bei S 21".
Das Schwäbische Tagblatt berichtet: Dabei kritisierte der frühere Oberkonservator Norbert Bongartz die Folgen der Verwaltungsreform in Baden-Württemberg, bei der die Zuständigkeit der Denkmalpflege den Regierungspräsidien und Landratsämtern übertragen worden sei, womit die fachliche Unabhängigkeit des Denkmalamtes verloren gegangen sei: „Die Fachbelange sind als Bettvorleger gelandet, wenn es hart auf hart kommt.“

Siehe früherer Blog-Eintrag Stuttgart 21: "Ohrfeige ins Gesicht der Denkmalpflege"

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Im Tagblatt-Artikel werden zwei Gründe für das Schweigen zu einem vermengt: "keine eigene Pressestelle haben" und "loyal zu vorgesetzten Behörden handeln" müssen, das sind zwei Paar Stiefel.

Auch im Umweltschutz, um mal diesen Vergleich zu bemühen, gibt es Beamte, die sich nicht öffentlich äußern wollen. Aber es existiert eine Struktur, die vom Beamtentum unabhängig ist, beispielsweise in Form von Vereinen und NGOs.

Bei Denkmalschutz und Archäologie scheint mir das Problem vor allem in der eingeübten Hilflosigkeit zu liegen: "Wir können ja eh nichts tun. Interessiert ja auch keinen." Ich wünsche Dnekmalpflegern und Archäologen deutlich mehr Wehrhaftigkeit.

Stefan Kirchberger hat gesagt…

Die NGOs etc. gibt es auch in der Denkmalpflege und der Archäologie (z.B. http://www.foerderkreis-archaeologie.de, http://www.schwaebischer-heimatbund.de - letztere halten sich bei S21 aber vornehm zurück).
Der Denkmalpflege fehlt leider die Lobby im Ländle, die sie unter MP Späth noch hatte - so mein Eindruck als 'Neigschmeckter'. Die Eingliederung in die Regierungspräsidien hat der Durchsetzungskraft aber sicher geschadet.

Rainer Schreg hat gesagt…

Die Beobachtung, dass der Archäologie und der Denkmalpflege eine schlagkräftige Lobby fehlt, ist sicher zutreffend. M.E. fehlt es aber v.a. auch an einer Kommunikation der Wissenschaft in eine breitere Öffentlichkeit. Dort ist das Interesse trotz großer Besucherzahlen in Ausstellungen immer noch eher gering. Da reicht es nicht, über Funde zu berichten, man muss diese auch in Bezug zur Gegenwart setzen. Ansonsten vermitteln sie nur das Bild des Schatzsuchers und der Archäologie als verzichtbaren Freizeitspaß (den obendrein wenige Studierte aus reinem Egoismus für sich beanspruchen) erscheinen lassen. Gefragt sind wissenschaftliche (!) Interpretationen, an die sich aus unserer Forschungsgeschichte heraus aber nur wenige Kollegen wagen. - Ich glaube, das ist kein Problem allein des Ländle, sondern eines, das viel tiefer reicht.