Sonntag, 4. Juli 2010

Aufarbeitung der Sammlung Albert Kley

Albert Kley (1907-2001) war Lehrer und Rektor am Gymnasium (heute Helfenstein-Gymnasium) in Geislingen an der Steige. In den 1920er Jahren hatte er in Tübingen Vorgeschichte studiert, ehe er auf das Lehramtsstudium umgesattelt hat. Seitdem hatte er auf der Ulmer Alb, im Langenauer Becken und im Raum Geislingen zahlreiche Begehungen und Notbergungen durchgeführt. Dabei kam eine umfangreiche Sammlung zusammen, für die er ein altes Dorfschulhaus ankaufte. Kleys Biographie als Archäologie spiegelt eindrucksvoll die Entwicklung der Landesarchäologie seit den 1920er Jahre wieder.

Nachdem ich seit 1991 verschiedentlich mit Albert Kley an der Sammlung gearbeitet hatte, wurde ich nach seinem Tod 2001 von der Familie gebeten, mich der Sammlung anzunehmen.


Sammlungsbestände
Die Sammlung umfasst überwiegend Siedlungsfunde von der Ulmer Alb, dem Langenauer Becken und dem Raum Geislingen, darüber hinaus aber auch vom Südrand des Nördlinger Rieses und aus dem Raum Straubing. Insgesamt handelt es sich um etwa 600 Fundstellen. Nennenswerte Komplexe:

(Foto R.Schreg)
Die zahlreichen Funde aus Geislingen incl. der paläontologischen Fundstelle einer Tierfalle aus der Aufhausener Höhle befinden sich im Heimatmuseum Geislingen.


Ziele
  • Inventarisierung und Verpackung der Sammlung für die Übergabe an das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg
  • Unterbringung einzelner Sammlungsteile bei geeigneten regionalen Anlaufstellen (z.B. Funde aus dem Raum Straubing)
  • wissenschaftliche Bearbeitung einzelner bedeutender Komplexe
  • Meldung der Fundstellen an die zuständigen Denkmalpflegeämter
  • Aufbereitung des schriftlichen Nachlasses. Er enthält Dokumentationen zu einzelnen Fundstellen.


Stand der Arbeiten
Rund zwei Drittel der Sammlungsbestände sind in einer Datenbank erfasst. Eine vorläufige Kartierung wurde allerdings erst begonnen. Die Inventarisationsarbeiten erfolgen neben meinen beruflichen Verpflichtungen und schreiten deswegen nur langsam voran.


Wissenschaftliche Projekte
Obwohl die Sammlung allein keine sinnvolle Datengrundlage für eine regionale Siedlungsgeschichte darstellt, bietet sie die Grundlage für verschiedene speziellere Fragestellungen, die in wissenschaftliche Projekte integriert werden konnten.

1. neolithische Besiedlung und Rohmaterialversorgung
Eine Bearbeitung ausgewählter neolithischer Fundkomplexe konnte als wesentlicher Bestandteil in das NSF-Projekt "Pastures, Chert Sources, and Upland-Lowland Mobility in Neolithic Southwest Germany" aufgenommen werden. Mehrere Fundkomplexe von der Blaubeurer und Ulmer Alb sowie dem Nordrand des Langenauer Beckens wurden erfasst und dokumentiert (u.a. Heuchlingen, Westerstetten, Mehrstetten, Lehr, Bollingen).
Sondagegrabungen 2006 bei Sonderbuch
(Foto R. Schreg)


2. früh- bis hochmittelalterliche Siedlungsfunde
Im Bereich der Ortschaften Schalkstetten, Stubersheim und Bräunisheim konnten die Beobachtungen und Funde von Albert Kley durch eigene Begehungen, geomagnetische Prospektionen, Luftbildarchäologie, mehrere Notbergungen im Auftrag der Denkmalpflege sowie im Jahre 2005 durch eine Lehrgrabung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters zu einer siedlungs- und umweltgeschichtlichen Fallstudie erweitert werden.
Inzwischen sind die früh- und hochmittelalterlichen Siedlungsfunde der Sammlung Kley aus Türkheim, Schalkstetten, Stubersheim, Bräunisheim und Heuchlingen erfasst. Ergänzend wurden einige kleinere Komplexe aufgenommen, die das regionale Keramikspektrum erweitern oder im Hinblick auf die Siedlungsgeschichte von Bedeutung erscheinen (Westerstetten, Schloßberg Ehrenstein).


Publikationen zur Sammlung


Publikationen unter Verwendung von Material der Sammlung Kley
  • R. Schreg/ A. Kley. Scherben schreiben Geschichte. Zur Vor- und Frühgeschichte von Geislingen und Umgebung (Geislingen 1992)
  • R. Schreg, Wasser im Karst: Mittelalterlicher Wasserbau und die Interaktion von Mensch und Umwelt. Mitt. Dt. Ges. Arch. Mittelalter u. Neuzeit 21, 2009, 11–24.
  • R. Schreg, Die mittelalterliche Siedlungslandschaft um Geislingen - eine umwelthistorische Perspektive. In: H. Gruber (Hrsg.), "in oppido Giselingen…" 1108 - 2008. Acht Vorträge zum 900jährigen Jubiläum von Geislingen. Veröff. Stadtarchiv Geislingen 26 (Geislingen 2009) 9–96. (online)
  • R. Schreg, Das ländliche Umfeld des mittelalterlichen Ulm – eine umwelthistorisch-archäologische Perspektive. In: U. Gross/A. Kottmann/J. Scheschkewitz (Hrsg.), Frühe Städte – Frühe Pfalzen. Neue Forschungen zu zentralen Orten des Früh- und Hochmittelalters in Süddeutschland und der Nordschweiz. Ergebnisse eines Kolloquiums am 28. und 29. April 2009 im Rathaus zu Ulm. Arch. Inf. Bad.-Württ. 58 (Stuttgart 2009) 74–92.

Interner Link



Dank
Unterstützung erfuhren die Arbeiten vom Rotary Club Geislingen, dem Geschichts- und Kunstverein Geislingen sowie vom damaligen Landesdenkmalamt bzw. nun Ref. 26, Regierungspräsidium Tübingen.

(academia.edu)

Wiederaufbaupläne Hohenstaufen

Mit Interesse habe ich von den neuen Tourismus-Plänen auf dem Hohenstaufen, der "Stammburg" der Staufer gelesen (Südwestpresse). In der Vergangenheit haben alle Initiativen auf dem Berg (fast immer gegen das Votum der Denkmalpflege) vor allem zum Verlust historischer Substanz geführt - ganz besonders ausgerechnet im Stauferjahr 1977, als man mitten in der Burganlage eine neue Schutzhütte errichtet hat. Vielleicht ist man diesmal sensibler.

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